21.03.2021

Der Braunkohleabbau in der Lausitz ist ein planvoller Prozess von Geben und Nehmen. Landschaft, darunter ein großer Anteil Wald, muss dafür nach reiflicher Abwägung in Anspruch genommen werden. Landschaft wird nach dem Tagebau auch wieder erschaffen, nach den Vorgaben des Braunkohlenplans. Bei der Aufforstung ehemaliger Kippenflächen, die gerade in einer großen Frühjahrsoffensive auf insgesamt 141 Hektar in allen fünf LEAG-Tagebauen angelaufen ist, achten die Fachleute der Rekultivierung darauf, dass eine lausitztypische, gesunde und widerstandsfähige Mischung heranwächst, die möglichst lange Bestand haben wird.

Es ist kalt und regnerisch an diesem Märztag eine Woche vor Frühlingsbeginn auf der noch jungen Rekultivierungsfläche des ehemaligen Tagebaus Cottbus-Nord. „Gerade das richtige Wetter, um junge Bäume zu pflanzen“, kommentiert der zuständige Revierförster Swen Andrick. „Wenn es warm und windig ist, trocknen die Wurzeln schnell aus, das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.“

Die Setzlinge warten auf die Pflanzung, Foto: LEAG

Neuer Wald am Cottbuser Ostsee

Revierförster Swen Andrick und Forstwirt Michael Rösler von der Rekultivierung besprechen anhand der Kartierung der Bodenbeschaffenheit die Bepflanzung am künftigen Cottbuser Ostsee, Foto: LEAG

In Bündeln und mit in Erde eingeschlagenen Wurzeln warten die Pflänzchen aus der Baumschule „Fürst Pückler“ in Liebenwerda auf ihren künftigen Platz in der Wald-Kinderstube, wo sie zu stattlichen Bäumen heranwachsen sollen. Die befindet sich genau dort, wo einst die Einfahrt der Kohlebahn in den Tagebau Cottbus-Nord war. 2015 hatte er planmäßig die Kohleförderung beendete und wandelt sich nun Jahr für Jahr mehr zum künftigen Cottbuser Ostsee. 20 Millionen Kubikmeter Erde mussten zur Herstellung des Seebodens und zur Verfüllung der ehemaligen Kohlebahn-Einfahrttrasse bewegt werden. Und auf dem so neu entstandenen Uferbereich werden in diesem Frühjahr nun in einem ersten Schritt 190.000 Bäume und Sträucher gepflanzt, erklärt Revierförster Andrick. Auf insgesamt etwa 30 Hektar Fläche entsteht ein Wald der Zukunft. Weitere Flächen sollen im kommenden Herbst und im Frühjahr 2022 bepflanzt werden, bis insgesamt rund 70 Hektar aufgeforstet sind.

Dafür gehen die Rekultivierer und Forstleute der LEAG ganz nach Plan vor. Bodenkundler haben zunächst kartiert und farblich dokumentiert, wie sich, je nach Herkunft der Böden, deren unterschiedliche Qualität verteilt. Entsprechend der Bodenbeschaffenheit wird die Aufwertung der Standorte durch Kalkung (Ziel ist ein pH-Wert von 5,5), Düngung und Melioration angepasst. Dazu wird ein Pflanzplan entwickelt und mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg abgestimmt.

Furche für Furche zieht der Traktor die Pflanzmaschine durch die Fläche, Foto: LEAG

Den Klimawandel berücksichtigt

Revierförster Andrick begutachtet die jungen Pflanzen, Foto: LEAG

Für den künftigen Ostsee-Randbereich sieht die Karte der Bodenqualitäten bunt gemischt aus. Ebenso vielfältig sind die Pflanzenarten ausgewählt worden. „Auch den Klimawandel haben wir dabei berücksichtigt, denn wenn wir heute einen Wald pflanzen, tun wir das nicht für uns, sondern für die Generationen, die nach uns kommen. Darum setzen wir von vornherein auf einen breiten Mischbestand, bei dem mögliche Ausfälle der einen Art durch die andere ausgeglichen werden können“, sagt Swen Andrick. „Wir haben es hier oft mit Kippenböden zu tun, die arm an Nährstoffen sind und schlecht Wasser halten. Am besten umgehen können damit Baumarten wie Kiefer, Birke und Aspe. Die Aspe, also die Zitterpappel, hat zudem den Vorteil, dass sie schnell aufwächst und den anderen Bäumen als Windschutz dient. Ihre Blätter reichern zudem den Boden zusätzlich mit Humus an.“

Auf den etwas nährstoffreicheren Standorten, lassen sich auch gut Trauben-, Stiel- und Roteiche ansiedeln, auch die Hainbuche oder die Linde können hier einen Platz finden. Und die Waldränder schließlich werden mit Straucharten wie Haselnuss und Hundsrose oder kleinwüchsigeren Bäumen wie der Eberesche bepflanzt. Die Pflanzung selbst setzt ein erfahrener Rekultivierungspartner der LEAG um. Für den ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord und den Tagebau Jänschwalde ist das die ARGE Rekultivierung mit der Bauern AG Neißetal und den Agrargenossenschaften Heinersbrück und Forst.

Die Pflanzung erfolgt durch die ARGE Rekultivierung mit der Bauern AG Neißetal und den Agrargenossenschaften Heinersbrück und Forst und ist viel Handarbeit, Foto: LEAG

Erst mal zum „Friseur“

Und so läuft es praktisch ab: Damit sich der optimale Wuchs entfalten kann, wird jede Pflanze vorab noch „frisiert“, das heißt, die Wurzeltracht wird auf ihre wesentliche Form zurechtgestutzt. So kann die Traubeneiche beispielsweise eine Pfahlwurzel entwickeln, die weit in die Tiefe reicht, was ihr gleichzeitig Halt und einen ausreichenden Wasserhaushalt sichert. Die Kiefer dagegen wird eher eine typische Herzwurzel ausbilden.

 

 

1/3 Einmal schneiden bitte: die Wurzeln werden je nach Baum oder Strauch unterschiedlich vorbereitet, Foto: LEAG
2/3 Ein idealer Schnitt fördert das Wachstum, da lohnt es sich zur Axt zu greifen, Foto: LEAG
3/3 Revierförster Andrick erklärt mir, worauf bei der Haselnuss zu achten ist, Foto: LEAG

Monika Metzdorf arbeitet heute auf der Pflanzmaschine. An einem Tag pflanzt sie gemeinsam mit ihrem Kollegen bis zu 3000 Pflanzen, Foto: LEAG

Nach dieser Vorbehandlung geht es für die Setzlinge auf die Pflanzmaschine. Die zieht, an einen Traktor gespannt, im Abstand von 1,60 Meter lange Furchen in die Erde, in die die Pflanzen eingesetzt werden. Letzteres ist Handarbeit, die von zwei Mitarbeitern der Agrargenossenschaft Heinersbrück flink und versiert erledigt wird. Einen halben Hektar mit bis zu 3000 Bäumchen bewältigt die Pflanzmaschine am Tag. Damit die Frühjahrsaufforstung im ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord wie vorgesehen bis Ende April abgeschlossen ist, werden zeitweise drei Maschinen gleichzeitig im Einsatz sein müssen.

Danach heißt es abwarten und Daumen drücken. Dafür, dass die jungen Pflanzen sich als gesund und robust genug erweisen, ihren neuen Standort zu erobern, und dafür, dass die Witterung sie ein wenig dabei unterstützt. „Das erste Jahr ist entscheidend“, weiß Revierförster Andrick. „Man darf nicht erwarten, dass 100 Prozent durchkommen, aber mindestens 80 Prozent sollten es sein. Die besten Voraussetzungen dafür haben unsere Pflanzenkinder.“

Mehr Information

  • Insgesamt werden im Rahmen der Frühjahrsaufforstung auf Rekultivierungsflächen 141Hektar bepflanzt, davon etwa 30 Hektar in ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord, 12 Hektar in Jänschwalde, 20 Hektar in Nochten, 49 Hektar in Reichwalde und 30 Hektar in Welzow-Süd.
  • Die Pflanzen stammen aus der Baumschule „Fürst Pückler“ in Liebenwerda im Süden Brandenburgs. Sie sind also von Beginn ihres Lebens an ein kontinental beeinflusstes Klima mit trockenen Sommern und kalten Wintern sowie an den sandigen Lausitzer Boden gewöhnt – die idealen Erstbesiedler für nachbergbauliche Kippenböden
  • mit insgesamt ca. 7.500 Hektar gehört die LEAG zu den großen Waldbesitzern in Brandenburg und Sachsen. Die Waldpflege und Holzverwertung gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Fachbereiches Rekultivierung.

Mehr zum Thema Rekultivierung erfahren Sie in unseren weiteren Blogbeiträgen.

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Autor

Thoralf Schirmer

Nachdem ich 20 Jahre als Lokaljournalist in der Lausitz gearbeitet habe, kam ich 2011 als Pressesprecher ins Unternehmen. Seitdem begleite ich alle Themen aus der Region zusammen mit meinem Team.

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