Im Frühjahr 2022 gab das Ostsee-Ufer unterhalb des Lärmschutzdammes Schlichow an fünf Stellen nach. Auch für die Bergleute überraschend entstanden Rutschungskessel, die das zuvor bergmännisch hergestellte Uferprofil zerstört hatten. Eine weitere Rutschung ereignete sich ein Jahr später. Bereits seit der ersten Rutschung arbeiten Bergbauunternehmen und Bergbehörde intensiv an Sicherungs- und Gestaltungsmaßnahmen. Mit einer sogenannten Zwischensicherung sollen zunächst weitere Abbrüche verhindert werden ehe die finale Uferlinie entstehen kann.
Der Lärmschutzdamm vor Schlichow schützte den Ort jahrelang vor den Geräuschen und dem Staub des Tagebaus Cottbus-Nord. Anfang der 1990er Jahre haben ihn die Bergleute mit Tagebau-Technik auf einer Länge von ca. 1300 Meter geschüttet und mit Bäumen und Sträuchern begrünt. Für die Schlichower bot er damit nicht nur Schutz vor den Immissionen des Tagebaus, sondern auch mehr als 10 Jahre die Möglichkeit, von leicht erhöhter Stelle den Blick über den aktiven Tagebau schweifen zu lassen. So wurde mit dem Ende des Tagebaus und den fortschreitenden Planungen für den Cottbuser Ostsee im Ort intensiv über seine Zukunft diskutiert wenngleich in dem im Jahr 2006 erlassenen Braunkohlenplan für den Tagebau der vollständige Rückbau des Damms vorgesehen war.
Gesamte Erdmassen aus dem Lärmschutzdamm werden zur Ufersicherung gebraucht
Verschiedene Varianten waren für den rund acht Meter hohen Damm im Gespräch. Denn er war für viele Einwohner über die Jahre zum festen Bestandteil des Ortsbildes geworden auf den sie nicht gänzlich verzichten wollten, auch wenn er die Sicht auf den See versperren würde. Einige Einwohner konnten sich deshalb zumindest einen Teil-Erhalt vorstellen. Die Rutschungen im Frühjahr 2022 und 2023 beendeten schließlich diese Überlegungen. Aufgrund der Größe der Rutschungskessel war den Fachleuten bereits sehr früh klar, dass die gesamten Erdmassen des Damms für die Wiederherstellung eines sicheren und stabilen Ufers benötigt werden.
Konzept zur Zwischensicherung soll weiteren Kliffbildungen entgegenwirken
Mit ersten Rodungsarbeiten als Vorbereitung für die Erdbauarbeiten zur Ufersanierung hatte LEAG Anfang des Jahres 2023 begonnen, die Rutschung im Mai 2023 erforderte jedoch eine erweiterte Ursachenforschung und ein umfangreiches bodenmechanisches Erkundungsprogramm als Voraussetzung für den Nachweis der Standsicherheit. Um Wind und Wellen in dieser Zeit nicht weiterhin Angriffsflächen zu bieten, erarbeiteten die LEAG-Geotechniker ein Konzept zur Zwischensicherung der betroffenen Uferbereiche. „Wir haben im letzten Jahr und auch zu Beginn diesen Jahres weitere Kliffbildungen und kleinere Nachbrüche in den Rutschungskesseln festgestellt, wodurch die Uferkanten in diesen Bereichen sehr steil standen und eine Zwischensicherung erforderlich wurde“, erläutert der Leiter Geotechnik bei LEAG, Dr. Thomas Koch.
Zu Beginn der Arbeiten am ersten Einschnitt, müssen zuerst die Erdmassen nach links und rechts bewegt werden, um Platz für das Förderband zu schaffen, Foto: LEAG
Lärmschutzdamm bekommt drei tiefe Einschnitte
In Abstimmung und auf Anordnung des Landesbergamts konnte die von LEAG beauftragte Firma TDE Mitteldeutsche Bergbau Service GmbH mit ihrer Niederlassung in der Niederlausitz ab Mitte Mai mit der Umsetzung des Konzepts zur Zwischensicherung beginnen. Das Konzept sieht drei Einschnitte in den Lärmschutzdamm vor. Dabei werden die Erdmassen vom höchsten Punkt des Lärmschutzdammes bis auf das Niveau der Zielhöhe für die Zwischensicherung mit Planierraupe und Hydraulikbagger abgetragen. Von knapp 80 Meter NHN schrumpft der Damm so auf zunächst etwa 70 Meter NHN in den Einschnitten.
Im Rutschungskessel wächst Erdkegel an Erdkegel
Im Anschluss wird ein mobiles Förderband mit einer Auslegerlänge von 14 Meter in den Uferbereich herantransportiert. Planierraupe und Hydraulikbagger führen dem Förderband stündlich bis zu 400 Kubikmeter Erde aus dem Lärmschutzdamm zu, die in die Rutschungskessel geschüttet wird. „Das Förderband schüttet so lange Erde in den Uferbereich bis sich ein Erdkegel über dem Seewasserspiegel gebildet hat. Danach schwenkt es zur nächsten Schüttposition und lässt auf diese Weise Erdkegel an Erdkegel entstehen. Das passiert so lange bis die Uferlinie des Rutschungskessels mit Erdkegeln aufgefüllt ist“, so Thomas Koch. Erst dann ist der steile Uferbereich vor weiteren Abtragungen durch Wind und Wellen geschützt.
Förderband wechselt auf Transportebene von Einschnitt zu Einschnitt
Um das Förderband nach dem Auffüllen des ersten Rutschungskessels zum nächsten Einschnitt transportieren zu können, schafft der Hydraulikbagger landseitig eine Arbeits- und Transportebene. „Der Arbeitsbereich des Förderbandes muss noch etwas tiefer als die Transportebene liegen damit der Abstand zum Seewasserstand nicht zu groß ist“, erklärt Thomas Koch. „Nur so können die Rutschungskessel effektiv mit Erde aufgefüllt werden.“ Aktuell verzeichnet der Seewasserstand eine Höhe von etwa 61,25 Meter NHN.
„Die von uns geplante Endkontur der Uferlinie bei Schlichow können wir weiterhin realisieren“
Dr. Thomas Koch, Leiter Geotechnik bei LEAG
Foto: LEAG
Mit diesen Arbeiten entlang der Abbruchstellen hält LEAG aber nicht nur Wind und Wellen vom Ufer ab, sondern schafft gleichzeitig die Voraussetzung für die nachfolgenden Sicherungs- und Gestaltungsmaßnahmen.
„Die von uns geplante Endkontur der Uferlinie hier bei Schlichow können wir weiterhin realisieren. Unser Ziel ist, alle von Rutschungen betroffenen Uferbereiche mit den Erdmassen aus dem vollständigen Rückbau des Lärmschutzsdammes wiederherzustellen“, bekräftigt Thomas Koch.
Ergebnisse aus bodenmechanischem Erkundungsprogramm sind Basis für finale Sicherungsplanung
Die Beantragung zur Genehmigung der finalen Gestaltungsmaßnahmen beim Landesbergamt steht derzeit noch aus. „Es müssen uns erst alle Ergebnisse unseres bodenmechanischen Erkundungsprogramms vorliegen, dann können wir die entsprechenden Parameter ableiten und Sicherungs- und Gestaltungsmaßnahmen auf dieser Basis planen“, so Thomas Koch. In jedem Fall wird die Verdichtung der frisch geschütteten Bereiche mit der im Revier vielfach erprobten Rütteldruckverdichtung den Abschluss der Arbeiten für ein stabiles und sicheres Ufer bilden. Mindestens zwei Jahre, so schätzt Thomas Koch, werden die Arbeiten am Schlicher Ufer andauern.
Uferschwalben haben Steilböschung als Nistplatz für sich entdeckt
Was die Geduld vor allem der Schlichower auf die Probe stellt, erfreut indessen die Natur. So haben Uferschwalben die vegetationslosen Steilböschungen bereits als Brutplätze für sich entdeckt. Wie der NABU auf seiner Internetseite informiert, findet der Vogel des 1983 in Mitteleuropa kaum noch diesen Lebensraum. Da die Uferschwalbe mit Ausnahme von Polen und Ungarn in allen Roten Listen Mitteleuropas verzeichnet ist, darf sie während ihrer Brutzeit nicht gestört werden. LEAG prüft daher in Abstimmung mit dem Landesumweltamt mit Drohnen, wo sich die Nester befinden und ob darin Nachwuchs aufgezogen wird. So ist sichergestellt, das kein Erdhügel den Uferschwalben und ihrem Nachwuchs plötzlich den Weg aus ihren Brutröhren versperrt.