21.06.2024

Sie führt in der öffentlichen Wahrnehmung eher ein Nischen-Dasein – die Wissenschaft der Geologie. Dabei verdankt eine ganze Region ihren industriellen Wohlstand dem geologischen Umstand, dass sich vor etwa 23 Millionen Jahren mit Beginn des Miozän die durch die Braunkohle geprägte Regionalgeologie ergab. Deren Vorkommen wurden mit dem Vordringen des skandinavischen Eis an die Erdoberfläche gedrückt und waren damit für unsere Vorfahren sicht- und nutzbar geworden.

UNESCO Global Geoparks

Weltweit gibt es 195 UNESCO Global Geoparks in 48 Ländern. Von den 19 Deutschen Geoparks haben acht den Status des UNESCO Global Geopark. Ihnen allen gemein sind geologisch bedeutsame Sehenswürdigkeiten einer Region mit einem verbindenden Konzept und unter dem Dach einer Institution. Seit dem Jahr 2018 ist der deutsch-polnische Geopark Bad Muskau im Länderdreieck Brandenburg, Sachsen, Polen durch die UNESCO zertifiziert.

Seit den ersten Entdeckungen wertvoller Rohstoffe wie Braunkohle, Glassande und Ton im Lausitzer Revier hat das Interesse an der Erkundung der geologischen Besonderheiten in der Lausitz nicht mehr nachgelassen. Zwar ist der Muskauer Faltenbogen geologisch und geowissenschaftlich eine stark erforschte Gegend, doch hat die Wissenschaft immer noch nicht alle Fragen zur Entstehungsgeschichte beantworten können. Grund genug für den Brandenburgischen Geologischen Dienst mit Sitz in Cottbus „Die“ deutsche Fachtagung der Geologie nach zwei durch ihn organisierte Tagungen in den Jahren 2004 und 2011, diesmal in Kooperation mit dem deutsch-polnischen UNESCO Global Geopark Muskauer Faltenbogen in Bad Muskau zu veranstalten.

Diskussion zur Entstehung des Muskauer Faltenbogens hält an

Dr. Birgit Futterer, Leiterin beim Brandenburgischen Geologischen Dienst und mitverantwortlich für die Organisation der Fachtagung mit weit mehr als 100 Teilnehmern, berichtet, dass es immer noch keine Einigkeit unter den Wissenschaftlern gäbe, wie und wann der Muskauer Faltenbogen entstanden sei. „Während unserer Tagung vom 21. bis 24. Mai in Bad Muskau kam in den Vorträgen als auch in den Gesprächsrunden immer wieder die Diskussion unter den Experten auf, wodurch die Braunkohle im Faltenbogen an die Erdoberfläche gedrückt worden ist. War es das Vordringen oder die Last des skandinavischen Eispanzers oder gab es noch andere Ursachen“, so Birgit Futterer.

Dr. Birgit Futterer (re.) Leiterin Brandenburgischer Geologischer Dienst und Dr. Thomas Koch (li.) Leiter Geotechnik LEAG, Foto: LEAG

Unendlich viele Bohrmeter und ein riesiges Datenvorkommen

Ein Forschungsgegenstand, dem sich auch LEAG-Geologen seit vielen Jahren widmen wie der Leiter Geotechnik bei LEAG, Dr. Thomas Koch, zu berichten weiß. „Der Bergbau untersucht seit Jahrzehnten den Untergrund der Lausitz, um die für ihn optimale Gewinnungstechnik sicher und effizient einsetzen zu können. Mittlerweile verfügen wir über unendlich viele Bohrmeter und ein riesiges Datenvorkommen, das wir den Behörden und der Wissenschaft für ihre weiterführenden Untersuchungen zur Verfügung stellen“, so Thomas Koch. Daher war es für LEAG selbstverständlich, diese Tagung inhaltlich wie finanziell zu unterstützen. Mit Vorträgen von LEAG-Geologen, mit zwei halbtägigen Exkursionen, unter anderem in den Tagebau Nochten, sowie mit Datenmaterial für die begleitende Ausstellung, in der unter anderem die Arbeit der LEAG-Geologen in den Braunkohlentagebauen dargestellt worden ist.

Die Geologie liefert das grundlegende Wissen über unseren Untergrund und zeigt die Potentiale auf. Wie diese dann genutzt werden, entscheiden andere.

Dr. Birgit Futterer, Leiterin Brandenburgischer Geologischer Dienst

Exkursion in den Tagebau Nochten, Foto: LEAG

Muskauer Faltenbogen

Der Muskauer Faltenbogen entstand in der Eiszeit vor 350.000 Jahren. Aus einer mehreren Hundert Meter mächtigen Eisdecke stach in der Gegend von Bad Muskau ein Gletscher hervor, der auf den Untergrund bis in eine Tiefe von 150 Metern wirkte und Erdmassen vor sich auftürmte. Dadurch gelangten tiefliegende Gesteine und Minerale an die Oberfläche, zum Beispiel Braunkohle, Glassande, hochwertige Tone für Buntgeschirr und Ziegel.  Deshalb entwickelte sich hier von 1840 an eine Rohstoffe gewinnende und verarbeitende Industrie. Dazu gehören unter anderem etwa 80 Braunkohlengruben im Unter- und Übertagebergbau, mehr als 30 Glashütten und eine deutschlandweit bedeutende keramische Industrie. Heute ist der Faltenbogen eine Altbergbaulandschaft voller Gewässer und ein waldreicher Naturraum mit bedeutender ökologischer Vielfalt.

Warum eine ergiebige Datengrundlage für die Behörden von Nutzen ist, macht Birgit Futterer deutlich, wenn sie berichtet, dass sich potentielle Investoren, die sich im Bereich der Rohstoffindustrie ansiedeln wollen, zuerst an ihre Behörde wenden würden und auf die Stellungnahmen ihrer Behörde bei weiteren unternehmerischen Entscheidungen angewiesen seien.

„Ohne die Geologie und ihre Begleitwissenschaften wären viele Kenntnisse nicht vorhanden. Die Geologie liefert das grundlegende Wissen über unseren Untergrund und zeigt die Potentiale auf. Wie diese dann genutzt werden, entscheiden andere“, so Birgit Futterer. Dabei verdeutlicht sie ebenfalls, dass ihre Behörde genauso wie das Bergamt Brandenburg, mit dem der Geologische Dienst 2004 zum Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe fusioniert ist, seit jeher stark von der Braunkohlen-Erkundung und der daraus resultierenden guten Datenlage profitiert. Der eigene Nacherkundungsaufwand falle damit deutlich geringer aus. „Unsere Aufgabe besteht hauptsächlich in der Sicherung aber auch Weiterverarbeitung der Daten, damals wie heute“, erklärt sie.

Eigengewinnung von Rohstoffen rückt in den europäischen Fokus

So wie die DDR-Regierung den Untergrund nach jedem möglichen Rohstoff gescannt habe, liegt aufgrund der weltpolitischen Unsicherheiten neuerdings auch bei der Europäischen Union der Fokus auf der Eigengewinnung von Rohstoffen. „Man muss wissen, was man hat, für eine größtmögliche Rechtssicherheit“, beschreibt sie die Vorgaben an ihre Behörde, die sich aus dem Critical Raw Materials Act - European Commission (europa.eu) ergeben.

Übersichtskarte Muskauer Faltenbogen, Grafik: Brandenburgischer Geologischer Dienst

Tagungsband

Anlässlich der 83. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Geologen hat das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg in der Reihe Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge einen Tagungsband mit allen Vorträgen, Posterpräsentationen und Exkursionsführer herausgegeben.

Schwerpunkt der Beiträge bildet die norddeutsche Geologie und deren Lockersedimente, darunter Vorträge zur Regionalgeologie Südbrandenburgs einschließlich ihrer eiszeitlichen Prozesse.

Download: Brandenburgische geowissenschaftliche Beiträge oder erhältlich über: Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, Telefon: 0355-48640-177, E-Mail: geoarchiv(at)lbgr.brandenburg(dot)de

Gehen Hand in Hand: Geologie und die Energiewelt von morgen

Auch für LEAG bieten die Potentiale des Bergbaus und der hiesigen Geologie Ansätze für mögliche künftige Geschäftsfelder. Für Thomas Koch zeichnet sich bereits heute ab, dass es an Rohstoffen fehlen wird. „Seltene Erden oder Rohstoffe wie Kupfer sind für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende unverzichtbar und ohne Bergbau gibt es auch keine Rohstoffe“, verdeutlicht Koch. Aber er sieht noch weitere Zusammenhänge zwischen der Geologie und der Energiewelt von morgen. „Geothermie wird an Bedeutung zunehmen. Dafür braucht es das Wissen über die Schichtung und Lagerung der verschiedenen Gesteinsschichten unserer Erdkruste. Das haben wir für die Lausitz umfangreich angesammelt“, betont er.

Und er denkt noch weiter. Genauso könnte nach seiner Auffassung die Speicherung in unterirdischen Porenräumen oder in ehemaligen Erdgas- und Erdöl-Lagerstätten für die Nutzung von Wasserstoff  interessant werden. Damit weist er auf die Bestrebungen der LEAG hin, Wasserstoff in den 2030er Jahren im industriellen Maßstab produzieren und nutzen zu wollen.

Rund 13 Geologen sind im Fachbereich Geologie in der Abteilung Geotechnik bei Thomas Koch für die Erkundung der drei aktiven Tagebaue Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde und der zwei inaktiven Tagebaue Cottbus- Nord und Jänschwalde verantwortlich. So wie es scheint, wird das Interesse an ihrer Arbeit auf absehbare Zeit nicht schwinden.

Die ehemalige Kohlegrube "Afrika" zeigt sich heute als Gewässer in der Altbergbaulandschaft des Muskauer Faltenbogens, Foto: LEAG

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Autor

Kathi Gerstner

Direkt nach meinem Studium der Kulturwissenschaften hatte ich die Möglichkeit, in vielen Bereichen der Kommunikation unseres Energieunternehmens tätig zu sein. Seit mehr als zehn Jahren gehöre ich zum Team der Pressesprecher. Dort bin ich Ansprechpartnerin für die Medien zu allen Themen der LEAG-Geschäftswelt.