Noch „im Trockenen“ beginnen die Vorbereitungen für ein Erneuerbares Energieprojekt der Superlative im künftigen Cottbuser Ostsee. Eine bis zu 18 Hektar große schwimmende 21-MW-Solaranlage soll ab dem Jahr 2023 Strom für mehr als 5000 Haushalte liefern und damit den Wandel der Lausitz zu einer vielseitigen Energieregion unterstützen. Für einen sicheren Aufbau der Anlage im einstigen Tagebau muss zunächst die Erde fest verdichtet werden. Ein 290 Tonnen-Kran steht dafür mit Lanze und Rüttler bereit.
Projektplanung und Realisierung liegt in Händen von ENPE
Geplant und realisiert wird dieses Projekt von der LEAG-Projektentwicklerin für erneuerbare Energien EP New Energies (EPNE) in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der LEAG. Doch bevor es mit dem Rütteln losgehen konnte, musste Torsten Bahl gemeinsam mit Kollegen von EPNE und weiteren Partnern an einer technischen Lösung tüfteln, um sicherzustellen, dass die im Trockenen errichtete Anlage mit Ansteigen des Wasserspiegels nicht wegschwimmt.
“Künstliche Standgewässer, wie z.B. die Braunkohletagebauseen, sind aus gewässerökologischer und sozio-ökonomischer Sicht konfliktarm und bieten viel Potenzial für den Ausbau von Floating-PV. Diese Technologie wird zu einer weiteren Säule der Energiewende. Das Floating-PV-Potenzial, das sich ganz wesentlich hier in der Lausitz befindet, kann mit der Technik der LEAG und der GMB erschlossen werden”
Dr. Ralf Schwarz
Leiter der Projektenwicklung bei EPNE
Dalben sollen Wegschwimmen verhindern
Torsten Bahl ist der Verantwortliche für die RDV und den Spezialtiefbau bei LEAG. Hier schaut er zur 35 Meter langen Lanze mit dem Rüttler an der Spitze auf, Foto: LEAG
„Bislang wurden schwimmende Solaranlagen nur in bereits vorhandenen Gewässern mit festem Untergrund errichtet. Im Ostsee haben wir jedoch die Besonderheit, dass an der Stelle der geplanten Floating-PV-Anlage noch kein Wasser vorhanden ist und der Untergrund gekippter Boden ist“, beschreibt Torsten Bahl die Herausforderung bei der Planung. „Wir haben uns deshalb eine Dalben-Lösung überlegt. Das kennt man von Seebrücken an der Ostsee oder von Hafenanlagen als Ankerhilfe von Schiffen“, so Bahl. Um die Dalben herum, würde dann die Anlage so gebaut werden, dass sie an den Dalben aufschwimmen kann. Torsten Bahl vergleicht es mit einem Lego-System. Insgesamt 34 solcher Dalben mit einem Durchmesser von 30 bis 40 Zentimetern müssen auf einer Fläche von 460 mal 260 Metern in den zuvor gefestigten Ostseeboden gerammt werden.
Rüttelvorgang braucht Wasser und Erde
Beim Rütteln unterstützt die Zugabe von Wasser das Verdichten der Erde, Foto: LEAG
Bis zu 30 Meter tief dringt dafür die Lanze mit ihrem Rüttler in den Untergrund ein. Wasser erleichtert dabei das Setzen und Verfestigen der kugelrunden Lausitzer Sandkörner beim Rüttelprozess. Dem Gerät immer zur Seite ist ein Radlader, der unentwegt ausgewähltes Verfüllmaterial heranbringt und diese direkt in das gerüttelte Erdloch schiebt und kippt. Denn zum Prozess des Rüttelns kommt außerdem das Stopfen mit diesem Sand-Kies-Gemisch hinzu. „Innerhalb von 30 Sekunden verdichten wir mit dem Gerät etwa einen halben Meter Erde. Mit dem zusätzlich eingebrachten Boden erfolgt dann noch der Vergütungsvorgang, damit der künftige Baugrund oberflächlich auch wirklich gut verdichtet ist“, erklärt Bahl.
Die dafür nötigen Erdmassen liefert der ehemalige Tagebau gleich selbst, denn parallel zur RDV-Maßnahme laufen Arbeiten zur Uferabflachung im Nordbereich des Sees. Die LEAG-Tochterfirma GMB ist mit der Uferabflachung beauftragt und fährt mit ihren Mitarbeitern die gewonnenen Erdmassen direkt zur RDV-Baustelle.
Schichtbetrieb 24/7
Insgesamt 40.000 Meter Erde werden bis zum Abschluss der Maßnahme Ende März 2022 verdichtet sein. Ein Jahr später könnte mit Vorliegen der Baugenehmigung die Errichtung der schwimmenden Solaranlage beginnen, Foto: LEAG
GMB-Mitarbeiter sind es auch, die von Montag bis Sonntag rund um die Uhr das RDV-Gerät bedienen. „Nicht nur der Zeitdruck unter dem wir bei dieser Maßnahme stehen, zwingt uns zum Rund-um-die-Uhr-Betrieb auch die winterlichen Temperaturen lassen kaum eine Pause zu“, erläutert Bahl, denn wenn bei Minusgraden Wasser im Spiel sei, könne es in und an den Geräten schnell zum Festfrieren kommen und dann ginge erstmal gar nichts mehr. Also heißt es, kontinuierlich durcharbeiten. Lediglich die Erdtransporte pausieren nachts und am Wochenende, vorausgesetzt es wurde genügend Füllmaterial herbeigeschafft.
Bevor das RDV-Gerät den Bereich der Dalben-Ankerpunkte rüttelt, muss zunächst ein Sicherungsstützkörper hergestellt werden, der das Bewegen der schwimmenden Solaranlage in eine benachbarte Tieflage verhindern soll. Außerdem rüttelt das Gerät zum Schluss noch einen Zufahrtsweg auf dem die Anlieferung der Solaranlagenteile erfolgt. Insgesamt 40.000 laufende Meter Erde werden am Ende der Maßnahme Ende März 2022 verdichtet sein.
Baustart für Installation der Anlage im Frühjahr 2023 geplant
„Wir hoffen im Frühjahr 2023 mit dem Bau der Anlage beginnen zu können, sofern die Baugenehmigung der Stadt Cottbus bis dahin vorliegt. Dann werden mehr als 100 LKWs nötig sein, um die Boote und Paneele für die 21-MW Floating PV-Anlage herbei zu schaffen“, hat Bahl bereits grob überschlagen. Ein Aufschwimmen der Anlage ist ab dem Jahr 2024 wahrscheinlich, wenn die Flutung des Cottbuser Ostsees weiterhin gut vorankommt. Bis Mitte der 2020er Jahre soll der See gefüllt sein, ob dann allerdings an der Solaranlage Ruhe einkehrt darf bezweifelt werden, denn für viele Bootsfahrer dürfte die größte schwimmende Solaranlage Deutschlands ein lohnendes Ziel sein, das es gilt anzusteuern.