28.04.2021

Als der Dauerbetrieb der BigBattery zum Jahreswechsel 2020/21 beginnen konnte, hatte das innovative Speichersystem am Kraftwerksstandort Schwarze Pumpe bereits eine mehrmonatige Inbetriebsetzungsphase hinter sich. Anfang April lagen die ersten 100 Tage kommerzieller Betrieb hinter dem Projektteam, der Betreibermannschaft und den Kollegen der Einsatzplanung. Ob Europas größter Batteriespeicher mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hatte und wie erfolgreich er sich am Strommarkt behauptet, haben wir nachgefragt.

Es gab da schon das ein oder andere Kommunikationsproblem zum Start des Dauerbetriebs der BigBattery Lausitz, erzählt Gunnar Langner, Verantwortlicher für den Anlagenbetrieb im Kraftwerk Schwarze Pumpe. Mit einem Team von 30 Elektro- und Leittechnikern ist er auch für das Bedienen und Beobachten des Batteriespeichers zuständig. „Wir sprechen da von zwei unterschiedlichen Welten, die aufeinandertreffen: Kraftwerksleittechnik und Batterieleittechnik. Diese beiden Welten hinsichtlich ihrer Kommunikation miteinander in Einklang zu bringen, war auch für unsere erfahrenen Kraftwerkskollegen nicht ganz einfach“, berichtet Langner. So mussten seine Kollegen fehlerhafte Signal-Übertragungen beheben oder einen gestörten Wechselrichter aufspüren und außer Betrieb nehmen.

Von der Planung in die Realität: Was zunächst nur auf der Grafik erkennbar war, zeigt sich jetzt konkret am Standort, Grafik/Foto: LEAG

Störungsmeldungen sind zur Ausnahme geworden

Projektleiter Dr. Gunnar Löhning hat das Projekt bis jetzt eng begleitet, auch in der Pressearbeit, hier beim Gespräch mit Journalisten vor Ort, Foto: LEAG

Projektleiter Dr. Gunnar Löhning pflichtet ihm bei. „Zu Beginn des kommerziellen Betriebs mussten noch offene Punkte abgearbeitet werden. Das Stör-Melde-Geschehen hat zum Anfang einige Nachbesserungen erfordert, aber wir haben uns in kleinen Schritten vorgearbeitet und sehen deutliche Fortschritte.“ Größere Überraschungen oder gar einen Komplettausfall der modernen Leittechnik habe es nicht gegeben. Sein Projektteam begleitete bereits den Probebetrieb intensiv und führte seine Teilnahme an sämtlichen Abstimmungen und Status-Gesprächen zum Batteriebetrieb auch mit Beginn des Dauerbetriebs fort.  

Gunnar Langner hebt die Einsatzbereitschaft der Projektleitung, der Betreibermannschaft vor Ort und der Kraftwerkseinsatzplanung zur konstruktiven Zusammenarbeit hervor. Störungsmeldungen seien mittlerweile daher auch eher die Ausnahme. „Im eigenen Team und in Abstimmung mit unseren Servicepartnern arbeiten wir an Lösungen und Optimierungen der Anlage, die dann vor Ort von uns oder den Servicepartnern umgesetzt werden“, so Langner.

Fahrweise der BigBattery orientiert sich am Marktgeschehen

Regelenergie

Regelenergie ist der Sicherheitspuffer des deutschen Stromnetzes. Stromerzeugung und -verbrauch müssen stets im Gleichgewicht gehalten werden, sonst kommt es zu Störungen der Versorgung, im schlimmsten Fall zum flächendeckenden Stromausfall, dem Blackout. Um dies zu verhindern, werden von den Übertragungsnetzbetreibern verschiedene Arten sogenannter Regelenergie vorgehalten: Sie unterscheiden sich unter anderem in der Bereitstellungszeit.

So muss Primärregelleistung innerhalb von 30 Sekunden zur Verfügung stehen. Sekundärregelleistung folgt innerhalb von fünf Minuten und die Minutenreserve innerhalb von 15 Minuten. Ihr Einsatz sichert auch bei unvorhergesehenen Schwankungen der Stromerzeugung oder des Verbrauchs einen stabilen Stromnetzbetrieb. Der Großteil dieser Regelenergie kommt heute aus konventionellen Kraftwerken, da sie unabhängig von Wind und Sonne absolut verlässlich zur Verfügung stehen muss. Hier braucht es im Zuge der Energiewende alternative Lösungen. Eine Schlüsseltechnologie sind Stromspeicher.

Wann die Kollegen von Gunnar Langner oder die Mitarbeiter von Servicepartnern auf die Anlage dürfen, entscheiden allerdings nicht allein sie selbst, sondern zum Großteil das Marktgeschehen für Systemdienstleistungen. So ist die BigBattery Lausitz hauptsächlich ausgelegt für das Marktsegment der Primärregelleistung. Zunehmend stellt sie unter bestimmten Voraussetzungen aber auch Sekundärregelleistung bereit.

 

Einsatzplanung ist Bindeglied 

In der Kraftwerkseinsatzplanung stimmen sich Andreas Spielmann und seine Kollegen über die Verfügbarkeiten der Batterie mit dem Team von Gunnar Langner ab, um den Verkauf des Leistungsangebots festzulegen. Ihre Daten für den Handel an der Strombörse übermitteln sie nach erfolgter Abstimmung an EP Commodities, einer Tochter der EPH Gruppe mit Sitz in Prag, die im Auftrag der LEAG das Börsen-Handelsgeschäft übernimmt

 

Keine Grenzkosten beim Einsatz

Andreas Spielmann beschreibt sich und seine Kollegen als „Info-Bereitsteller“. Die Kollegen in Prag könnten anhand der zur Verfügung gestellten Informationen ihrerseits die Fahrweise der Batterie in Abhängigkeit des Marktgeschehens optimieren. „Hohe Preise und damit gute Erlöse verzeichnen wir unter anderem dann, wenn viele Anlagen, die Regelleistung anbieten können, zu weit eingesenkt sind, um am Markt teilnehmen zu können“, erläutert Spielmann. Das sei vor allem sonntags der Fall, wenn Großkraftwerke aufgrund eines geringeren Strombedarfs vom Netz gehen oder ihre Leistung stark drosseln. Allerdings führten die bislang kalten Temperaturen in diesem Winter und Frühling oft ebenso zu höheren Preisen. „Der Vorteil an der BigBattery sind ihre Grenzkosten, die bei null liegen. Das heißt, ihr Einsatz ist für alle Märkte und Marktlagen attraktiv, so dass wir uns nur Gedanken machen müssen, in welchem Marktsegment wir sie am besten einsetzen können“, beschreibt Andreas Spielmann seine Aufgabe. Mit den Erlösen, die der Speicher in den ersten 100 Tagen eingefahren hat, sind er und sein Team zufrieden. „Unsere Erwartungen wurden zum Teil übertroffen. Wir sind mittlerweile sehr gut in der Vermarktung aufgestellt“, so Spielmann.  

Die Batterieracks sind das Herzstück der BigBattery hier der Aufbau eines Containers als Montage. Im Betrieb stehen die Container unter Spannung. Nur wenn sie freigeschaltet werden, können die Racks eingesehen werden. Montage: LEAG

Samstag ist Wartungstag

Die Kraftwerkseinsatzplanung funktioniert als Teamwork, Andreas Spielmann (r.) in der Teambesprechung, Foto: LEAG

Aber wann dürfen denn nun die Mitarbeiter des Kraftwerkes Schwarze Pumpe oder der Servicepartner auf das Gelände des Batteriespeichers, um Kontrollen oder Nachbesserungen an dem Speicher vorzunehmen? Dazu muss man wissen, dass im Sinne der Arbeitssicherheit und des Personenschutzes ein Begehen der Anlage bei Betrieb aufgrund der Gefahr von Störlichtbögen nicht erlaubt ist. Die Anlage muss also spannungsfrei sein und kann in der Zeit der Wartung nicht am Marktgeschehen teilnehmen. „Unsere Beobachtungen der letzten 100 Tage haben gezeigt, dass Samstagvormittag geringere Vermarktungsverluste zu erwarten sind und sich somit ein günstiges Zeitfenster für Wartungsarbeiten ergibt. Daher geht die Anlage im Normalfall Samstag von 8.00 bis 12.00 Uhr vom Netz“, erläutert Spielmann. Der Zeitraum von vier Stunden ergäbe sich dabei aus den Vermarktungszeiträumen, die an der Börse als Produktgröße gehandelt werden.

Der Markt gibt es her: Wartungszeit ist aktuell immer Samstags an der BigBattery, Foto: LEAG

Optimaler Ladezustand: Halbvoll

Gunnar Langner ist Verantwortlicher für den Anlagenbetrieb im Kraftwerk Schwarze Pumpe, Foto: LEAG

Für Gunnar Langer spielt der Zeitpunkt der Wartung nicht die entscheidende Rolle. „Wir sind flexibel mit unserer Mannschaft. Jeder unserer Kollegen ist geschult und kann entsprechend die Arbeiten ausführen.“ Das gelte sowohl für die Kontrollgänge als auch für das Bedienen und Beobachten der Anlage vom Kraftwerksleitstand aus. „Natürlich mussten sich die Kollegen zunächst einmal mit einem neuen Prozess vertraut machen, aber mittlerweile herrscht eine gewisse Vertrautheit, was die Abläufe zusätzlich positiv beeinflusst“, fügt Langner an.

Im Idealfall wird die BigBattery Lausitz an 365 Tagen im Jahr in Betrieb sein. Ihr optimaler Ladezustand für die Erbringung von Primärregelleistung ist dabei halbvoll. Denn nur so kann sie bei kritischen Situationen im Stromnetz mit einer Vollaktivierung der Primärregelleistung für den vom Netzbetreiber geforderten Zeitraum von 15 Minuten reagieren. In Abhängigkeit von Über- oder Unterfrequenz wird der Speicher dann geladen oder entladen. „Der Batteriespeicher ist dafür ausgelegt, je nach Situation im Stromnetz und Bedarf des Netzbetreibers Strom zu speichern oder abzugeben. Aufgabe der Batterie ist, Schwankungen der Netzfrequenz ausgleichen zu können, so dass das Speichervolumen im Normalfall nur kleine Abweichungen nach oben oder unten ausweist“, beschreibt Projektleiter Löhning die Funktionsweise des Speichers. Ein Speicher zur Überbrückung einer mehrtägigen Dunkelflaute und damit die „Eine Lösung“ für die Herausforderungen der Energiewende ist er also nicht. Aber ein Baustein von vielen in der deutschen Energiewende.

 

Weitere Artikel zur BigBattery Lausitz im Blog:

BigBattery Baustelle im Endspurt vom 10.01.2020 
Fortschritt bei der BigBattery vom 26.09.2019
Neue Wege mit der BigBattery Lausitz vom 09.07.2019
BigBattery – Innovatives Batteriespeicher-Projekt vom 05.02.2019 

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Autor

Kathi Gerstner

Direkt nach meinem Studium der Kulturwissenschaften hatte ich die Möglichkeit, in vielen Bereichen der Kommunikation unseres Energieunternehmens tätig zu sein. Seit mehr als zehn Jahren gehöre ich zum Team der Pressesprecher. Dort bin ich Ansprechpartnerin für die Medien zu allen Themen der LEAG-Geschäftswelt.  

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