Die neuen Wege und Perspektiven der Lausitzer Energiewirtschaft, unter diesem Titel fand die 3. Energiefachtagung im Stadthaus Cottbus statt. Das Centrum für Energietechnologie Brandenburg (CEBra) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus hatten geladen und trafen auf gute Resonanz: Mehr als 140 Teilnehmer fanden sich ein, um das Programm zu hören und den einen oder anderen Netzwerkfaden zu knüpfen. Doch was bewegte?
Dass der wirtschaftliche Wandel in der Lausitz in eine neue Etappe geht, die deutlich erkennbar die Gefahr von Strukturbrüchen mit sich bringt, ist längst kein Geheimnis mehr. Mit der sich zuspitzenden Diskussion über einen politischen Ausstieg aus der Braunkohle wird perspektivisch ein prägender Industriezweig für die Region wegfallen – die Frage ist nur, wann genau und wie bis dahin eine nachhaltige Alternative aufgebaut werden kann. Diese Ungewissheit sorgt für Unsicherheit in der Region.
Ein umfangreiches Programm erwartete mich und rund 140 weitere Teilnehmer, Foto: LEAG
Agenda eng gesetzt
Mit 15 Expertinnen und Experten war die Agenda der Fachtagung eng gesetzt. Das Programm, das vor mir und den rund 140 anderen Teilnehmern lag, umfasste drei Themenblöcke. Zunächst fiel der Blick auf die Aktivitäten und Entwicklungen der Energielandschaft in der Lausitz. Bereits nach der Wende hat die Region einen umfassenden Strukturwandel erlebt. 1990 gab es noch 73.000 Arbeitsplätze in der Braunkohle. Rund 200 Millionen Tonnen Braunkohle wurden in der Lausitz gefördert. In den vergangenen Jahren waren es jeweils 61-62 Millionen Tonnen, die Zahl der direkt und indirekt Beschäftigten liegt bei 20.000, je nach Datenbasis. Jetzt müssen diese Arbeitsplätze langfristig durch gleichwertige neue Beschäftigungsverhältnisse ersetzt werden. Die Lausitz als Energie- und Industriestandort gilt es zu stärken. Rund 1,4 Milliarden Euro Wertschöpfung pro Jahr stünden zur Disposition. Und egal, welche Prognose hier für die nächsten Jahrzehnte aufgerufen wurde, schnell war klar, die Kompensation und der Wandel werden eine Aufgabe.
Uwe Steffen vom Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg stellte die Lage dar, Foto: LEAG
Förderung angestrebt
Etwa 200 Unternehmen und zusätzlich rund 30 wissenschaftliche Einrichtungen bilden aktuell den Kern der Lausitzer Braunkohlenindustrie. Diverse Netzwerke, Initiativen und Verbände setzen sich regional, überregional und international für die Förderung ein. Das Land Brandenburg ist Gründungsmitglied der Kohleplattform der Europäischen Union, in der 42 Regionen aus 11 Mitgliedstaaten vertreten sind – alle im Strukturwandel. Brandenburg hat allein 13 Projektanträge in Brüssel gestellt.
Unterstützung vielfältig
Unterstützt werden die internationalen Bestrebungen beispielsweise durch die Initiative Mining & Generation Technology – Made in Germany. MinGenTec fördert Vernetzung, Innovation, Qualifizierung und Vermarktung. So sollen neue Geschäftsfelder und Märkte geschaffen werden. Eine Potentialanalyse der beteiligten Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH habe ergeben, dass die Unternehmen in der Lausitz sich in einem hohen Maß auf den Wandel vorbereiten würden. Um das Potential sichtbarer zu machen, setze die Initiative auf einen Kompetenzatlas, der gerade erstellt wird.
Forschung und Entwicklung ausbaufähig
Einen Blick über den Lausitzer Tellerrand ermöglichte Margit Thomeczek vom Netzwerk Kraftwerkstechnik NRW, Foto: LEAG
Regional macht sich unter anderen die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH (WRL) stark. Mit dem regionalen Investitionskonzept „Strukturentwicklung in der Lausitz – Mobilisierung, Einbindung und nachhaltige Verankerung regionaler und überregionaler Kompetenzen“ werden ergänzend zur umfassenden Leitbildentwicklung konkrete teilregionale Ansätze und Projekte entwickelt. Diese sollen in unmittelbarer Folge des Strukturwandels Perspektiven für die Wirtschaftsregion eröffnen und Impulse zur weiteren Projektinitiierung und -umsetzung geben. So hat die WRL unter anderem festgestellt, dass bundesweit 1,2 Prozent der Beschäftigten in dem Bereich Forschung und Entwicklung arbeiten. Im am besten aufgestellten Lausitz-Kreis Elbe-Elster wären es nur 0,3 Prozent (Studie). Hier wäre ein Hebel anzusetzen.
Neue Technologien schaffen Chancen
Christopher Perschk von EMIS Electrics GmbH zeigte auf, wie sich der Wandel aktiv gestalten lässt, Foto: LEAG
Dies übernehmen bereits Netzwerke wie Energy Saxony. Es zielt darauf ab, die Entwicklung und Vermarktung künftiger Spitzentechnologien in den Bereichen Energietechnologie, Elektromobilität und auch Digitalisierung voranzutreiben. Eines der Gründungsmitglieder ist die Fraunhofer IKTS (link). Die stoffliche und energetische Nutzung von heimischen Kohlenstoffträgern ebenso wie der Einsatz von Kohlendioxid und Speichertechnologien werden durch das Netzwerk adressiert. Schon manch eine Idee wäre von der Universität erfolgreich in der Wirtschaft umgesetzt worden, das Beispiel der polnischen ASP Energia SA belegte dies im Rahmen der Tagung. Auf der Basis von Plasmagrundlagenforschung hat sich das Unternehmen um Professor Antoni Dmowski vor 23 Jahren gegründet und besetzt nun eine Nische für Produkte rund um Convertertechnologie. Den Schwerpunkt bilden die osteuropäischen Märkte, die noch nicht so stark von den westlichen Technologieriesen wie Siemens bestimmt wären.
Leuchttürme für die Lausitz
Auch die heimischen Unternehmen stellen sich um. Natürlich auch die LEAG. Als größter Arbeitgeber verfolgt das Unternehmen unterschiedliche Ansätze. Thomas Hörtinger, Leiter Kraftwerksmanagement, stellte vor, wie sich die Kraftwerkssparte mit moderner Kraftwerkstechnik in Zusammenarbeit mit der BTU Cottbus-Senftenberg am Projekt WindNODE, dem Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands, beteiligt. Er gab einen Einblick in die Betrachtung von Großspeichern an Kraftwerksstandorten – einem Leuchtturmprojekt für die Lausitz.
Der noch in der Planung befindliche Großbatteriespeicher soll ein Leuchtturm-Projekt für die Lausitz sein, Grafik: LEAG
Stark in der Gemeinschaft
Nach einem reich gefüllten Fachtag war mir klar, dass viele Voraussetzungen gegeben sind. Die Notwendigkeit des Handels ist erkannt, Forschungen laufen an. Es gilt die Komfortzone zu verlassen und Unternehmer-Mut sowie Flexibilität zu zeigen, um Neues auszuprobieren. Doch genauso wichtig ist es, sich gegenseitig zu stützen und die Stärke von regionalen Netzwerken zu nutzen. Und das parteienübergreifend, über Lager und „Kirchturmdenken“ hinweg. Nur gemeinschaftlich ist der Wandel zu schaffen, die Region ist selbst verantwortlich.
Mehr Innovation
Nach der Veranstaltung ist bekanntlich vor der nächsten: Am 16. und 17. Mai geht es weiter in Sachen Wegfindung. Im LEAG Konferenzcenter in Lübbenau findet die erste Open Innovation Conference der Innovationsregion Lausitz (IRL) statt. Hier wird mit unterschiedlichen Unternehmen nach Kooperationspotenzialen für Produkte und Dienstleistungen gesucht. Mitarbeiter werden in Teams mit Unterstützung beispielsweise von der BTU und der Fraunhofer-Gesellschaft neue Ideen erarbeiten. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Förderprogramms „WIR! – Wandel durch Innovationen in der Region“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung statt.