15.03.2024

Jenny Schmidt in der Fahrerkabine eines Eimerkettenbaggers, Foto: Andreas Franke für LEAG

Frauen in der Fahrerkabine eines Tagebaubaggers, im Führerstand eines Förderbrückenverbandes, sogar im komplett weiblichen Team auf einem Absetzer, der die selektierten Erdmassen aus dem Vorschnitt auf künftigen Rekultivierungsflächen verkippt – dieses Bild ist keine absolute Seltenheit mehr. Aber auch noch keine Selbstverständlichkeit. Heute sind im LEAG-Bergbaubetrieb knapp ein Fünftel der Beschäftigten Frauen.

Zu ihnen gehört Jenny Schmidt. Als Leitstandsfahrerin hat sie seit 2017 in ihrer Schicht das Kommando auf den Förderbrücken Nochten und Reichwalde. Der Weg dorthin führte über Aus- und Weiterbildung und das Sammeln von praktischer Erfahrung an den Maschinen.

„Ich habe im August 2006 meine Ausbildung zur Industriemechanikerin begonnen. In unserer Klasse waren wir fünf Frauen und sieben Männer“, erinnert sie sich. „Ich glaube, das war überhaupt der erste Jahrgang, in dem die Frauenquote deutlich höher war als vorher. Und es war wahrscheinlich für manchen ein Kulturschock, als wir dann alle auf einmal in die Tagebaue kamen. Das war für die damalige Zeit schon ungewohnt.“

Der erste praktische Ausbildungsort war der Schaufelradbagger 1571 im Vorschnitt des Tagebaus Nochten.  Danach ging es, schon als Jungfacharbeiterin, weiter auf einen Eimerkettenbagger im Vorschnitt des Tagebaus Reichwalde. Seine Aufgabe: Den Nordrandschlauch für die Fortführung des Tagebaus aufzuweiten.

Vom Bagger auf die F 60

Schließlich kam dann als Maschinistin auch die Ausbildung auf dem Leitstand der Förderbrücken F 60. Sie gelten mit einer durchschnittlichen Länge von 600 Metern als größte bewegliche Maschinenkomplexe der Welt. Im Lausitzer Tagebau tragen die angeschlossenen Eimerkettenbagger den Abraum über der Kohle in einer Mächtigkeit von 60 Metern (daher der Name) ab und schicken ihn über Förderbänder auf der Brücke über die Grube zu den Abwürfen auf der Kippenseite.

Fünf Förderbrücken vom Typ F 60 wurden insgesamt gebaut. Im Tagebau Nochten befindet sich eine davon, Foto: Andreas Franke für LEAG

Während ihrer Schicht hat Jenny im Leitstand der F 60 die Leitung über die größte fahrbare Industrieanlage der Welt, Foto: LEAG

Das ist für die 33-Jährige nicht nur ein beeindruckender, sondern auch ein verantwortungsvoller und herausfordernder Arbeitsort. „Schon, weil jede Brücke und jeder Bagger anders ist. Die Brücke in Reichwalde zum Beispiel fährt sich etwas leichter, weil sie keinen Zubringer hat. Die Brücke in Nochten ist anspruchsvoller.“ Die Art, wie Männer ihre weiblichen Kolleginnen im Bergbau betrachten, habe sich in den letzten Jahren deutlich geändert, meint Jenny Schmidt. „Da hat sich vieles normalisiert“, sagt sie. „Dass Frauen in gewissen Führungspositionen arbeiten und auch etwas zu sagen haben, wird inzwischen akzeptiert, auch wenn Frauen, gerade in Bezug auf Technik und Technologie, immer ein bisschen mehr beweisen müssen, um sich diesen Stand zu erarbeiten.“

Women@LEAG

Anlässlich des Internationalen Frauentags präsentieren wir die Porträtreihe "Women@LEAG", die den starken Frauen bei der LEAG gewidmet ist. In unserem Unternehmen haben unsere Kolleginnen seit jeher in den unterschiedlichsten Bereichen wichtige und verantwortungsvolle Positionen inne.

Wir glauben, dass es nicht nur inspiriert, weibliche Erfolge, Herausforderungen und Perspektiven sichtbar zu machen, sondern auch wesentlich dazu beiträgt, mit Stereotypen zu brechen. Mit dieser Serie möchten wir die Leistungen von Frauen in unserem Unternehmen regelmäßig würdigen, nicht nur an einem einzelnen Tag im Jahr.

Zu den positiven Entwicklungen, die es begünstigen, mehr Frauen für den Beruf einer Mechatronikerin oder Industriemechanikerin und einen Arbeitsplatz im Bergbau zu interessieren, gehöre auch die Tatsache, dass für sie der Anteil der körperlich schweren Arbeit im Tagebau abgenommen hat: „Wenn beispielsweise eine Rolle an der Bandanlage kaputt geht und ausgewechselt werden muss, dann übernimmt das heute jemand von der Schlosserei. Früher wurde das oft in Eigeninitiative von der Brückenbesatzung gemacht, und so eine Rolle, die wiegt schon einiges. Aber natürlich regelt auch der Arbeitsschutz schon von vornherein, wie viel Kilo Gewicht Frauen und Männer überhaupt selbst heben dürfen.“

Schichtarbeit erfordert Planung

Bleibt noch das Thema Schichtarbeit. Unvermeidlich in einem Rund-um-die-Uhr-Förderbetrieb, aber nicht gerade optimal für Familie und Kinder. „Ja, das ist schwierig“, räumt Jenny Schmidt ein. „Man muss viel mehr langfristig vorausplanen – die Wochenenden, den Urlaub, der ja dann auch mit dem Ferienzeiten zusammenpassen muss. Aber da werden Kollegen mit Kindern bei uns unterstützt und bei der Schichtplanung bevorzugt. Und wenn ich mal in einer Woche Frühschicht habe und in der nächsten Spätschicht und es liegt quasi ein langes Wochenende dazwischen, dann kann ich das nutzen, um mit meinem Kind wegzufahren und etwas zu unternehmen.“

Foto: Andreas Franke für LEAG

Dass mit dem gesetzlich festgelegten Kohleausstieg die Braunkohlenförderung in den Lausitzer Tagebauen und damit auch Arbeitsplätze wie ihrer wegfallen, das ist Jenny Schmidt bewusst. Die LEAG hat längst die Weichen für einen großflächigen Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung gestellt und nimmt dabei vor allem auch die ehemaligen Tagebauflächen in den Blick.

„Ich wünsche mir und dem Unternehmen“, sagt die junge Lausitzerin, „dass möglichst viele unserer Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit erhalten, auch in den neuen Energie-Geschäftsfeldern der LEAG einen Job zu finden. Wir sind bereit für Veränderungen.“

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Autor

Thoralf Schirmer

Nachdem ich 20 Jahre als Lokaljournalist in der Lausitz gearbeitet habe, kam ich 2011 als Pressesprecher ins Unternehmen. Seitdem begleite ich alle Themen aus der Region zusammen mit meinem Team.

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