Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Abschluss des Verkaufsprozesses der Braunkohlenaktivitäten. Voraussichtlich im Herbst soll der Verkauf an ein Konsortium aus EPH und dem Finanzinvestor PPF vollzogen werden. Was aktuell ansteht und wie die Stimmung in der Lausitz ist, erzählt Dr. Helmar Rendez, derzeit Finanzvorstand von Vattenfall Mining & Generation im Interview. Seit 2015 ist er in der Lausitz und verantworten hier die Finanzen.
Herr Rendez, was hat Sie an der Position gereizt?
Ich habe 1997 bei der VEAG angefangen, bin also im letzten Jahr sozusagen zu den Wurzeln zurückgekehrt. Als ich das Finanzressort im Vorstand hier übernahm, gab es den Beschluss zum Thema Klimaabgabe bzw. Sicherheitsbereitschaft der Braunkohlekraftwerke. Parallel lief der Verkaufsprozess der Braunkohleaktivitäten. Hinzu kommt die wirtschaftliche Lage. Dies sind alles große Herausforderungen. Bereits 1999/2000 gab es eine schwierige wirtschaftliche Situation für die VEAG wie auch für die Laubag und die anschließende Bildung von Vattenfall Europe war auch ein sehr spannender Prozess. Aber die heutige Situation ist schon besonders.
Was macht sie so besonders?
Wir haben neben den marktwirtschaftlichen auch vielfach politische Herausforderungen zu bewältigen – wie die erwähnte Sicherheitsbereitschaft.
Die Hauptverwaltung in Cottbus, Foto: LEAG
Ein Förderband im Tagebau, das 24h am Tag die abgetragene Braunkohle zum Kraftwerk transportiert, Foto: Vattenfall
Die Braunkohle ist aus meiner Sicht ein ganz, ganz wichtiger Faktor für die Energiewende. Gerade bei Tagen, an denen die Sonne kaum scheint und die Windräder still stehen, zeigt sich die Bedeutung. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird jetzt durch die Novelle des EEG etwas gedämpft wettbewerblicher ausgerichtet, doch er geht weiter. Und das ist gut so. Es wird jedoch noch Jahrzehnte brauchen, bis wir uns zu hundert Prozent auf sie verlassen können. Ohne Kernkraft brauchen wir in dieser Übergangszeit eine verlässliche Energiequelle. Da hat sich die Braunkohle meist als sehr wirtschaftliche und immer sehr verlässliche Quelle für die Stromerzeugung bewährt.
Es ist gut, mit EPH und PPF neue Gesellschafter als Partner an der Seite zu haben, die sich positiv zur Braunkohlenverstromung positionieren und als rein privatwirtschaftliches Unternehmen, anders als unser derzeitige Eigentümer, in der Energiebranche und gegenüber der Politik agieren können. EPH hat klar gesagt, dass sie ihr Engagement als ein langfristiges ansehen.
Wie ist die Stimmung aktuell in der Lausitz?
Ich glaube, es gab ein großes Aufatmen, bei Vattenfall und bei uns in der Region dass dieser doch sehr lange Verkaufsprozess jetzt dem Ende zugeht. Die Menschen in Brandenburg und in Sachsen freuen sich, dass sich ein Käufer gefunden hat, der sich klar zu unserem Geschäftsmodell positioniert.
Natürlich besteht der Wunsch, sich mit den neuen Gesellschaftern direkt auseinander zu setzen. Doch da muss man fair sein. In der jetzigen Übergangsphase ist dies formal nicht möglich. Letzte Woche hat Jan Springl, einer der Chefs von EPH, sich gegenüber der Lausitzer Rundschau und der Sächsischen Zeitung geäußert. EPH will demnach kein tschechisches Management etablieren. Sie begegnen uns und unserem Geschäft mit großer Wertschätzung. Und sie übernehmen Verantwortung. Laut den Medien will EPH sich zeitnah nach der Übernahme mit der Zukunft der Tagebauerweiterungen beschäftigen. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Signal in die Region.
Was passiert aktuell?
Wir müssen sicherstellen, dass ab dem ersten Tag in der neuen Gesellschaft alles funktioniert. Wichtige Meilensteine sind die Trennung der IT vom Vattenfall-Konzern sowie der Transfer von Mitarbeitern aus dem Gesamtkonzern zur Braunkohlensparte. Nach dem Vollzug des Eigentümerwechsels im Herbst müssen die neuen Gesellschafter über die künftige Firmierung entscheiden. Wir bekommen dann einen noch stärkeren regionalen Fokus und einen eigenen Namen, ein eigenes Logo. Hier in der Lausitz arbeitet ein supergutes Team, welches bei der Bewältigung von Herausforderungen schon ziemlich viele Bewährungsproben erlebt und gemeistert hat. Das gilt es fortzuführen.
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Über EPH
Die Energetický a průmyslový holding a.s. (EPH) ist ein tschechisches Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Prag. EPH ist in sieben europäischen Ländern im Wesentlichen in Märkten der Wärme- und Stromerzeugung mit einer installierten Leitung vom elf GWe und dem Erdgastransport, -verteilung und -versorgung mit einer Kapazität von mehr als 80 Mrd. Kubikmeter tätig. In Deutschland gehören die Mibrag und die Saale Energie zum Energiekonzern. EPH machte 2015 einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro und weist ein Gesamtvermögen von 11,3 Milliarden Euro aus. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 10.000 Mitarbeiter.
Über PPF
PPF ist eine 1991 in Tschechien gegründete international agierende Finanz- und Investment-Gruppe mit Hauptsitz in den Niederlanden. PPF ist in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig, unter anderem in den Bereichen Bank- und Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Biotechnologie, Versicherung, Einzelhandel, Immobilien und Landwirtschaft. Das Gesamtvermögen beläuft sich auf 21,3 Milliarden Euro.
Dieser Artikel erschien zunächst im Vattenfall Blog.