200 Wissenschaftler, Kulturschaffende, Kirchenvertreter und Unternehmer haben sich Ende Januar mit dem Aufruf „Brandenburg zeigt Haltung“ an die Öffentlichkeit gewandt, um für mehr Solidarität und Zusammenhalt in der Corona-Pandemie einzustehen. Sie wollen nicht „demokratiefeindlichen, verschwörungstheoretischen, antisemitischen und rechtsextremistischen Kräften“ das Feld überlassen, die unter dem Deckmantel von freier Meinungsäußerung und Kritik Falschinformationen streuen und Andersdenkende denunzieren und bedrohen. Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehört auch LEAG-Personalvorstand Jörg Waniek. „Seitenblick“ sprach mit ihm über den Aufruf und seine Wirkung.

Jörg Waniek, Foto: LEAG
Herr Waniek, warum ist es Ihnen wichtig von Anfang an Teil des Aufrufs „Brandenburg zeigt Haltung“ zu sein und Gesicht zu zeigen?
Ich glaube, dass wir seit Beginn der Corona-Pandemie in einer sehr anspruchsvollen und fordernden Zeit leben, in der auch ein Unternehmen wie die LEAG große Verantwortung trägt. Zum einen als systemrelevanter Stromerzeuger für die Versorgung der Bevölkerung. Zum anderen sehe ich uns aber auch in einer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Ich war deshalb spontan bereit, diesen Aufruf zu unterzeichnen, weil ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft langsam Gefahr laufen, einen respektvollen Umgang miteinander und das nötige Maß an Toleranz zu anderen Meinungen zu verlieren. Es steht jedem frei, sich zum Thema Covid 19 sein eigenes Bild zu machen. Ich für meinen Teil vertraue da den Menschen, die sich als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Thema sehr eng vertraut machen und daraus Ratschläge ableiten. Diese müssen nicht immer richtig sein, aber ich trauen diesen Experten zu, die Lage besser zu beurteilen, als ich es selbst kann. Das kann jeder für sich entscheiden – Meinungsfreiheit ist die Grundlage einer Demokratie. Wenn aber jemand in einer derart schwierigen Phase die Unsicherheit der Menschen dazu ausnutzt, daraus politisches Kapital zu schlagen, dann bereitet mir das Sorgen. Deshalb war ich sehr schnell bereit, bei diesem Aufruf mitzumachen. Und, weil ich immer noch glaube, dass ein Gutteil in der Bevölkerung für Werte wie Zusammenhalt, Solidarität und Toleranz steht.
Die LEAG steht neben ihren eigenen Kernwerten „kompetent, verantwortungsbewusst und partnerschaftlich“ genauso für Offenheit, Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Dies ist unser Selbstverständnis als Arbeitgeber, mit dem ich mich persönlich vollständig identifiziere. Diese Werte des gesellschaftlichen Miteinanders sind für mich eine ganz einfach, aber wirkungsvolle Basis für das Miteinander im Beruf und in der Gesellschaft: Behandle andere Menschen einfach immer ganz genauso, wie Du selbst behandelt werden möchtest, und erweise ihnen genau den Respekt, den Du Dir selbst auch wünschst. Menschen, Lebensräume, Kultur und Wirtschaft sollen sich entwickeln. Dafür benötigen wir Freiräume und Ideen. Deshalb ist für die LEAG und für mich ganz klar: Ausgrenzung, Ressentiments und Vorurteile werden uns nicht voranbringen. Darum unterstützen wir die Initiative „Brandenburg zeigt Haltung“.
Jörg Waniek
Statement als einer der Erstunterzeichner für die Aktion Brandenburg zeigt Haltung!
Sie haben sich bereits im Dezember einen ähnlichen Aufruf in einem Offenen Brief des Cottbuser Aufbruchs angeschlossen. Die Corona-Spaziergänge in Cottbus haben in der Folgezeit sogar noch mehr Zulauf bekommen und die Auseinandersetzung hat an Schärfe gewonnen. Meinen Sie, ein Gesamtbrandenburger Aufruf zum Haltung-zeigen kann mehr Wirkung erzeugen als einer, der nur aus der Region kommt?
Ich denke, dass wir alle gefordert sind, für die von mir genannten Werte einzutreten. Ich bin nicht so vermessen, zu glauben, dass meine Meinung zu dem Thema in Brandenburg oder in Cottbus irgendein Gewicht hat. Ich kann nur darum bitten, sich meine Position anzuhören, das eigene Handeln vielleicht zu überdenken. Und wenn ich diese Bitte im eigenen Unternehmen äußere, dann ist das meine Aufgabe. Ich bin hier für die Themen Gesundheit und Sicherheit zuständig. Deshalb gebe ich die Erkenntnisse, die ich dabei gewinne, auch gerne weiter. Am Ende kommt es aber darauf an, dass ganz viele Menschen zusammen in ganz Brandenburg Position beziehen, da geht es nicht um den Einzelnen.
Wie kann man denn als Einzelner im Alltag ganz praktisch Haltung zeigen?
Durch Konsequenz, auch wenn es manchmal schwerfällt. Wir sind alle nur Menschen, und wahrscheinlich haben wir uns alle auch schon selbst dabei ertappt, dass wir uns an der einen oder anderen Stelle nicht an die Regeln gehalten haben. Aber wenn man zum Beispiel versucht, ganz konsequent die Hygiene-Regeln einzuhalten, sich testen lässt oder sich für eine Impfung entscheidet, dann ist man auch Vorbild für andere. Diesen Beitrag kann jeder leisten.

Am Samstag, den 19.2. war der eigentliche AKtionstag der Inittiative, doch aufgrund der Wetterlage wurde die Cottbuser Aktion auf dem 24. verlegt. Um 17 Uhr findet ein Lichtergedenken auf dem Berliner Platz statt. Grafik: Brandenburg zeigt Haltung
Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Appell, den Sie ja sowohl nach außen als auch nach innen richten, im eigenen Unternehmen angenommen wird?
Ich muss da unserer Belegschaft ein großes Kompliment machen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen sehr diszipliniert mit dieser für uns alle belastenden Situation um. Jeder auf die Art und Weise, die er selbst für sich als vertretbar erachtet. Das ist auch ganz wichtig: Wir werden als Unternehmen niemanden zu etwas zwingen - es sei denn zum Einhalten der gesetzlich gegebenen Regelungen, dazu sind wir verpflichtet. Aber persönliche Entscheidungen, wie zum Beispiel die, sich impfen zu lassen oder auch nicht, muss jeder für sich selbst treffen. Wir bieten als Unternehmen Vieles an, um möglichst gut und unbeschadet durch diese Pandemie zu kommen. Wir haben ein ordentliches Angebot für die Abgabe eines notwendigen Tests für diejenigen, die nicht geimpft sind. Wir bieten in unserem Arbeitsmedizinischen Zentrum aber auch Impfungen und Beratungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Da lassen wir die Menschen nicht allein.