Ausschreibungsbedingungen für neue Kraftwerke verbessern

Ein Beitrag von Dr. Maren Jasper-Winter und Dr. Jan Henrik Conrady, Public Affairs, LEAG.

 

Deutschland braucht neue witterungsunabhängige regelbare Kraftwerke, damit die Stromversorgung auch in Zukunft so zuverlässig bleibt wie heute. Soweit, so klar. Unstrittig ist auch, dass diese neuen Kraftwerke durch den Staat über eine Ausschreibung gefördert werden müssen, da sich ein Neubau aufgrund des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der deutschen und europäischen Klimaschutzziele nicht mehr lohnt. Insgesamt plant das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter anderem 12 Gigawatt neue Gaskraftwerke auszuschreiben, von denen 7 Gigawatt spätestens im achten Betriebsjahr vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden müssen.

Zur Person

Dr. Maren Jasper-Winter leitet seit Oktober 2023 den Bereich Public Affairs der LEAG. Die promovierte Juristin verfügt über langjährige Erfahrungen in Politik und Energiewirtschaft, zuletzt bei Vattenfall und als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.

 

Wie genau diese Förderung jedoch aussehen soll und welche Anforderungen an die neuen Kraftwerke gestellt werden, soll in einem „Kraftwerkssicherheitsgesetz“ geregelt werden. Bevor dieses Gesetz jedoch im Bundestag und Bundesrat beraten wird, hat das BMWK seine Vorstellungen in den vergangenen Wochen mit der Branche konsultiert. Gestern lief die Konsultationsfrist ab und leider liegt aus Sicht der LEAG vieles noch im Argen.

Südbonus benachteiligt ostdeutsche Investitionsvorhaben

Der aus Sicht eines ostdeutschen Energieversorgers größte Kritikpunkt betrifft die Absicht, über die Einführung eines Südbonus dafür zu sorgen, dass 2/3 aller Kraftwerksprojekte im „netztechnischen Süden“ Deutschlands, d.h. in allen alten Bundesländern ohne Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein, errichtet werden.

Zur Person

Dr. Jan Henrik Conrady ist seit 2005 bei LEAG und Vorgängerunternehmen tätig. Der promovierte Jurist befasst sich u.a. mit der Analyse politisch-regulatorischer Entwicklungen, ihrer Bewertung und Kommunikation.

Die Ausschreibung ist dabei entsprechend der Konsultationspapiere so gestaltet, dass sogar die Gefahr droht, dass Ostdeutschland und der Norden nicht einmal die restlichen 1/3 der Kraftwerkskapazitäten erhalten, sondern komplett leer ausgehen.

Eine solche rechtlich fragwürdige Diskriminierung des Nord/Ostens lehnt LEAG entschieden ab. Begründet wird diese Aufteilung mit den derzeit hohen Kosten für das Ausregeln der Stromeinspeisung in ganz Deutschland (sog. Redispatchkosten). Ursache für diese temporären Kosten ist jedoch allein der noch schleppende Netzausbau. Darum sollte hier angesetzt werden, anstatt den Nord/Osten zu benachteiligen und die Kraftwerksverteilung in Deutschland dauerhaft zu verzerren. Stattdessen sollten alle Kraftwerksstandorte die gleichen Chancen haben. Darum sollte eine regionale Steuerung gestrichen und die Transformation der ostdeutschen Reviere nicht weiter gefährdet werden.

Vollständige Umstellung auf Wasserstoff von einem Tag auf den anderen nicht möglich

Unrealistisch ist der zwingend fixe Umstellungszeitpunkt von Gas auf Wasserstoff (H2) ab dem achten Betriebsjahr. Hier muss vollständig, ohne schrittweise Beimischung, auf Wasserstoff umgestellt sein. Da es bislang überhaupt noch keine Großkraftwerke gibt, die vollständig mit Wasserstoff betrieben werden, können die Hersteller die technische Machbarkeit einer solchen vollständigen Umstellung zu einem Fixzeitpunkt nicht garantieren. Sinnvoller wäre es stattdessen einen Übergangszeitraum zu definieren, in dem die Anlagen schrittweise von Gas auf Wasserstoff umgestellt werden.

LEAG bereitet derzeit Investitionen in H2-ready Gaskraftwerke an seinen Standorten in Brandenburg, Sachsen und Bayern vor, Grafik: LEAG

Technische Anforderungen teils unrealistisch und teuer

Schließlich gehen diverse technische Anforderungen zur Netz- bzw. Systemstabilität über die heute verfügbaren Standards hinaus. Für einen Teil der technologischen Anforderungen, z.B. dass für jeden Standort ein sogenannter „Phasenschieber“ erforderlich ist, fehlen derzeit zum einen die verfügbaren Technologien. Zum anderen würde eine Umsetzung erhebliche zusätzliche Investitionen bedeuten. Dies konterkariert das Ziel einer kosteneffizienten, effektiven und schnellen Dekarbonisierung des deutschen Energiesystems. Diese zusätzliche Belastung der Investition führt zwangsläufig zu höheren Kosten für den Steuerzahler.

Wie geht es weiter?

Nach Abschluss der Konsultation ist nun der Gesetzgeber gefordert, die bisherigen Investitionshemmnisse bei den Beratungen zum Kraftwerkssicherheitsgesetz zu beseitigen. Denn schließlich sollen ja Investitionen angereizt und nicht verhindert oder unnötig teuer gemacht werden. Andernfalls drohen die im nächsten Jahr erwarteten ersten Kraftwerksausschreibungen ins Leere zu laufen. Leidtragende wären nicht nur die Kraftwerksbetreiber, sondern alle Stromkunden in Deutschland.

 

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Gastautoren beim Seitenblick

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Im Einzelnen sind dies:

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