Vor dem Tagebau ist nach dem Tagebau. Für die Fachbereiche Naturschutz und Rekultivierung der LEAG gilt das in besonderer Weise. Sie sind sowohl für die Sicherung schützenswerter Flora und Fauna im Tagebauvorfeld verantwortlich, das in den kommenden Jahren für die Kohleförderung in Anspruch genommen wird, als auch für die Umsiedlung dieser Arten an einen geeigneten neuen Standort. Am letzten Sonnabend im März erhielten sie bei dieser Aufgabe die Unterstützung vom Landau-Gymnasium in Weißwasser.
Das Doldige Winterlieb ist, zumindest im zeitigen Frühjahr, wenn es noch nicht blüht, recht unscheinbar. Man kann es leicht mit dem Heidekraut verwechseln, mit dem es in einem Kiefernwäldchen bei Mühlrose in guter Nachbarschaft wächst, von dem es sich aber durch die breiteren, gezackten Blätter unterscheidet. Zudem gilt es als sehr selten, weshalb es in der Regel nur Wenige kennen.
Selten und unscheinbar: Das Doldige Winterlieb erkennt man an den gezahnten Blättern, Foto: LEAG
Zu diesen Wenigen gehört Iris Rumplasch, Sachbearbeiterin Bergbau und Naturschutz beim Landratsamt Görlitz. Die Naturschutzbehörde pflegt eine langjährige gute Zusammenarbeit mit dem Landau-Gymnasium, führt Exkursionen im Rahmen des Biologie- und Geografie-Unterrichts durch, bietet Themen und Unterstützung für Projektarbeiten an.
Eva Dutschke legt das Doldige Winterlieb zum Transport in den Korb, Foto: LEAG
Iris Rumplasch hat die LEAG-Rekultivierer und das Gymnasium auf das Doldige Wintergrün aufmerksam gemacht. Und an diesem Sonnabend führt sie die 40 Schülerinnen und Schüler zu den mit rot-weißen Bändern abgesperrten Flächen im Tagebauvorfeld, wo es wächst.
Die Jugendlichen der 11. und 12. Klassen haben sich von ihrer Biologielehrerin dafür begeistern lassen, ein paar Stunden Biologie mitten im Wald zu erleben und dabei praktischen Naturschutz zu leisten.
Biologieunterricht im Tagebau Vorfeld
„Das ist eine schöne Idee und auf jeden Fall besser, als sich irgendwo auf die Straße zu kleben“, sagt die 17-jährige Eva Dutschke. Wie die anderen Schülerinnen und Schüler hat sie einen Spaten mitgebracht. Damit sticht sie – nach Anleitung durch Iris Rumplasch und LEAG-Revierförster Olaf Hanspach – sorgsam den Boden um eine Pflanzengruppe ab, bis sich die ganze Sode samt Wurzeln herausheben lässt.
In einer benachbarten Schülergruppe ist derweil ein bisschen mehr Grabungsarbeit zu leisten, weil zwischen dem Doldigen Winterlieb eine junge Traubeneiche wächst, die tiefer wurzelt.
„Die hat das Rehwild im Winter offenbar übersehen“, meint Revierförster Olaf Hanspach mit einem Schmunzeln. „Ihr könnt sie ruhig mit ausgraben. Vielleicht schafft sie es sich am neuen Standort wieder zu etablieren.“
Geübter Blick: Iris Rumplasch zeigt den jungen Helfer, woran sie das Doldige Winterlieb erkennen, Foto: LEAG
Umzug ins Naturschutzgebiet
Der neue Standort ist das wenige Kilometer entfernte Naturschutzgebiet Trebendorfer Tiergarten, im 19. Jahrhundert ursprünglich einmal Jagdgebiet der Standesherrschaft Muskau, die zeitweise auch der „grüne Fürst“ Herrmann Ludwig Heinrich Pückler innehatte. Hier warten schon Mitarbeiter der Forst- und Naturschutzbehörden des Landkreises Görlitz, um die in Mühlrose abgestochenen Winterlieb-Pflanzenstücken wieder fachgerecht in den Boden zu bringen.
Alles kann mit, um dem Doldigen Winterlieb am neuen Standort ein vertrautes Umfeld zu schaffen. Pia Seifert hat auch Moos als Wasserspeicher mit ausgegraben, Foto: LEAG
Gegen Mittag endet der der Arbeitseinsatz mit Kaffee, Tee und Kuchen. Die 18-jährige Abiturientin Pia Seifert stützt sich auf ihren Spaten und betrachtet zufrieden das umgegrabene Waldstück.
„So mitten in der Natur und an der frischen Luft zu arbeiten, war schon interessant, und in unserem Grüppchen hatten wir eine Menge Spaß dabei“, sagt sie „Es ist zwar keine richtige Biologiestunde, aber wir haben trotzdem Erlerntes am praktischen Beispiel anwenden können. Als wir die Eiche mit ausgegraben haben, haben wir zum Beispiel die Wurzeln betrachtet und anhand der Merkmale als heterogenes Hauptwurzelsystem bestimmt.“