Quecksilber wird hauptsächlich bei der Energieproduktion aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas freigesetzt. Moderne deutsche Kraftwerke nutzen heute verschiedene Technologien zur Minderung von Quecksilber. Was steckt dahinter?
Unsere Erdkruste ist ein Labor im großen Stil – alle Elemente, die wir als abstrakte Buchstabenkürzel aus dem Chemie-Lehrbuch kennen, sind unterirdisch in unterschiedlich großen Mengen vorhanden. Dies gilt auch für das Spurenelement und Schwermetall Quecksilber. Bei Vulkanausbrüchen wird es in großen Mengen in die Atmosphäre und die Ozeane freigesetzt. Rund zwei Drittel der globalen Quecksilberemissionen – etwa 5.000 Tonnen pro Jahr sind natürlichen Ursprungs. Der Rest ist das Ergebnis rohstoffintensiver Industrie und eines hohen Energieverbrauchs in Verkehr, Haushalt und durch Konsum.
Auch eine Frage der Qualität
Durch die Inkohlung urzeitlicher Pflanzen ist Quecksilber in Spuren auch in Braun- und Steinkohle enthalten. Der Anteil liegt je nach Lagerstätte bei 0,01 – 0,5 Milligramm pro Kilogramm des Rohstoffes. Der Quecksilbergehalt jeder geförderten Tonne Kohle variiert mit dem geographischen Standort und dem Alter des Vorkommens. Die Braunkohle im Lausitzer Revier hat einen vergleichsweise niedrigen Quecksilbergehalt von ca. 0,07 Milligramm pro Kilogramm.
Der Quecksilber-Ausstoß der Lausitzer Braunkohlekraftwerke je produzierter Megawattstunde ist also im Verhältnis zu Anlagen in anderen Revieren deutlich geringer. Die Mitteldeutsche Braunkohle zum Beispiel hat geologisch bedingt einen höheren Anteil an Quecksilber, aber auch einen elementaren Joker: einen höheren Anteil an Halogenen. Sie bewirken als Ergebnis chemischer Reaktionen, dass das bei der Verbrennung im Kraftwerk freiwerdende Quecksilber effektiver abscheidbar wird.
Höhere Effizienz, weniger Emissionen
Neben Quecksilbergehalt und spezifischer Rohstoffzusammensetzung spielt auch die technische Ausstattung der Kraftwerke eine entscheidende Rolle für ihre Umweltverträglichkeit. Ein beträchtlicher Teil des in der Kohle enthaltenen und bei der Verbrennung freigesetzten Quecksilbers kann bereits während der regulären Reinigung der Rauchgase abgeschieden werden. Bei der zum technischen Standard deutscher Braunkohlekraftwerke gehörenden Entstaubung und Entschwefelung der Rauchgase wird ein Teil des enthaltenen Quecksilbers bereits abgeschieden und in Form eines chemisch stabilen Produkts langfristig zur Bergsicherung verwendet.
Quecksilberabscheidung im Kraftwerksprozess, Grafik:LEAG
Und nicht zuletzt: Je weniger Kohle eingesetzt werden muss, um eine bestimmte Menge Strom zu erzeugen, desto weniger umweltschädliche Inhaltsstoffe werden freigesetzt. Oder konkret: Je effizienter das Kraftwerk und desto höher sein Wirkungsgrad, um so weniger Quecksilberemissionen werden in Summe produziert. Moderne deutsche Kohlekraftwerke mit einem Wirkungsgrad von 40 % und mehr sind unter diesem Aspekt deutlich umweltverträglicher als der europäische und globale Maßstab.
Keine Universallösung
Abscheidung mit Katalysator und Fällungsmittel,Grafik LEAG
Ein Weg endet auch für Ingenieure dort, wo kein Ziel mehr vor Augen ist. Dies gilt nicht für Quecksilberemissionen aus Kraftwerken: Das in größeren Mengen toxisch wirkende Spurenelement ist eines der Fokusthemen der Umwelt- und Verfahrensexperten in Kraftwerken. Mehrere Verfahren und Technologien werden bereits getestet und teilweise erfolgreich umgesetzt.
So konnten die Quecksilberemissionen des Kraftwerkes Lippendorf in den Jahren 2010 bis 2013 durch den Einsatz sulfidischer Fällungsmittel um fast zwei Drittel reduziert werden (siehe Grafiken). Der derzeit geltende Emissionsgrenzwert von 30 Mikrogramm je Kubikmeter Abgas und auch der ab 2019 gesenkte Grenzwert von 10 Mikrogramm können so sicher eingehalten werden.
Abscheidung mit Aktivkohle (Adsorption) und Fällungsmittel (Absorption), Quelle LEAG
Weitere Verfahren, wie der Einsatz von Katalysatoren oder Aktivkohlezugabe (vgl. Grafiken 2 und 3) wurden dazu bereits getestet. Die Entscheidung, an welchem Standort welches Verfahren effizient eingesetzt werden kann, ist von einer Vielzahl von Faktoren, wie der spezifischen Kohlequalität und der unterschiedlichen Anlagenkonstruktion abhängig.
Deshalb werden für jedes Kraftwerk angepasste Methoden oder Verfahrenskombinationen entwickelt. Diese Initiative unterstützen renommierte Universitäten wie die Technische Universität Hamburg-Harburg und Fachexperten aus der Wirtschaft. Lesen Sie dazu auch die drei Fachbeiträge 12/2015 aus der VGB Power Tech.
Perspektivisch gilt es, einen globalen Transfer dieses Expertenwissens zu erreichen, damit die bis auf Weiteres unverzichtbare konventionelle Energieerzeugung weltweit Umweltstandards erreichen kann, wie sie Deutschland schon heute demonstriert.
Weitere Informationen:
Informationen und Meinungen vom Bundesverband Braunkohle 01_2016VGB PowerTech, Grenzwerte für Quecksilber-Emissionen aus KohlekraftwerkenVGB PowerTech, Quecksilber-Abscheidung am Beispiel des Kraftwerks LippendorfVGB PowerTech, Einfluss der Abscheidung von Quecksilber aus dem Rauchgas auf die Eigenschaften von StabilisatorenSehen Sie hier im Video die Stellungnahme zur Studie von Experte Prof. Alfons Kather
Dieser Beitrag erschien zunächst im Vattenfall Blog.