Von 28.839 Hektar Land, das die Braunkohletagebaue der Lausitz in Anspruch genommen haben, sind 13.727 Hektar inzwischen rekultiviert und wieder nutzbar gemacht worden, darunter 3.632 Hektar für die landwirtschaftliche Nutzung. Sie werden von Landwirten der Region bewirtschaftet, zunächst im Auftrag des Bergbaubetreibers, später auf der Basis von Pachtverträgen. Weil darunter seit diesem Jahr auch einige Versuchsflächen für Sonderkulturen sind, wurde die Erntezeit im Lausitzer Revier diesmal mit besonderer Spannung erwartet. Die erste Bilanz stimmt durchaus zufrieden.

Anfang September zogen die ersten Erntemaschinen der Bauern AG Neißetal ihre Runden auf der Innenkippe des Tagebaus Jänschwalde, um den Hanf einzubringen, den sie im Frühjahr gemeinsam mit einem LEAG-Projektteam ausgebracht hatten. Mit drei Sorten – Finola, Fedora 17 und USO 31 – war man hier an den Start gegangen, und das ganz bewusst auf jungen, noch nicht entwickelten Kippenböden mit einer Gesamtfläche von vier Hektar. Zusammen mit den sehr trockenen klimatischen Bedingungen in diesem Jahr – eine künstliche Bewässerung gab es nicht – gestalteten sich die Monate bis zum Herbst für die Hanfkulturen in Jänschwalde zum einem Härtetest. Sie haben ihn bestanden, wie sich heute zeigt, und sich – entsprechend der Bedingungen, die sie auf der Innenkippe vorfanden – gut entwickelt.

Der Hanf ist erntereif, Foto: LEAG

Hanfernte von September bis Oktober

Grundlage für das Öl oder die neue Saat: Hanfkörner, Foto: LEAG

Dass es dabei deutliche Unterschiede zu gewachsenen Böden mit einem über lange Zeit entwickelten Umfeld gibt, das hatte das Projektteam von Mitarbeitern der LEAG und der LEAG-Tochter TSS erwartet. Der Vergleich mit einer zweiten, 3,8 Hektar großen Anbaufläche der Niederschlesischen Agrargenossenschaft Reichwalde e.G. war Teil des Feldversuches im Lausitzer Revier. Hier, in einem durch Waldsäume begrenzten Gelände, das Schatten spenden und Feuchtigkeit besser binden kann, sind die die Finola-Pflanzen hüfthoch gewachsen. Sie standen voll im Saft und brauchten mehrere Wochen länger als die Jänschwalder Kolleginnen um abzutrocknen. Erst im Oktober wird die Ernte abgeschlossen werden können.

„Es lässt sich jetzt schon absehen, dass wir mit dem Ergebnis dieser ersten Ernte zufrieden sein können. Die Erträge sind so, dass wir noch in diesem Jahr ein zu 100 Prozent regionales Hanföl auf den Markt bringen können“, so das Fazit von Dr. Stefan Zimmermann vom Hanf-Projektteam. „Es ging uns in dem Projekt aber auch nicht in erster Linie um hohe Erträge, sondern darum, Erfahrungswerte mit verschiedenen Hanfsorten und unterschiedlichen Standortbedingungen zu sammeln, und es ging darum, eine zu 100 Prozent regionale Produktions- und Verwertungskette aufzubauen. Insofern war das Projekt für uns erfolgreich.“

Nicht nur für Anbau und Ernte, auch für die Reinigung und Trocknung der Hanfsamen sowie für die Gewinnung des Hanföls, das als eines der ersten Produkte von Rekultivierungsflächen der Lausitz unter dem Namen „Lusatia Sativa“ (das lässt sich mit „Lausitzer Hanf“, aber auch „Lausitzer Kultivierung“ übersetzen) erhältlich sein soll, haben sich lokale Mitstreiter gefunden, unter anderem Nagola Re aus Jänschwalde und die Spreewälder Kanow-Mühle in Sagritz.

Lavendel und Pfeffer haben sich bewährt

Lavendel ist neu in der Lausitz, Foto: LEAG

Ein weiterer Kandidat zur Produktion von exklusivem Öl, der auf rekultivierten ehemaligen Tagebauflächen heranwächst, ist Lavendel. Das duftende Öl wird in der Kosmetik- und Wellness-Branche gern genutzt, weil es eine beruhigende und sogar wundheilende Wirkung hat. Unweit des Reichwalder Hanffeldes sind im Frühjahr auf einer Versuchsfläche am Rand des Tagebaus Nochten 9000 Lavendelpflanzen von drei verschiedenen Sorten eingesetzt worden. Der Sommer auf dem Kippenboden war hart, nur zwei Drittel der Pflanzen sind angewachsen, haben sich etabliert und auch schon geblüht. „Für eine Verwertung war das noch zu wenig“, stellt Dr. Anne Rademacher vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde fest, das sowohl die Hanfanbaufläche als auch die Sonderkulturen-Fläche mit dem Lavendel wissenschaftlich betreut. „Aber das kann sich in den Folgejahren noch entwickeln. Wir haben in diesem Jahr zunächst einmal einen Favoriten identifiziert, der mit den Standortbedingungen offenbar besser zurechtkommt als die anderen. Das ist die Lavendelsorte Munsted, da gab es die wenigsten Ausfälle.“

Auch hier galt es in erster Linie, Erfahrungen zu sammeln. Mit nennenswerten Erträgen im ersten Jahr sei weder beim Lavendel noch beim Krippel- oder Szechuan-Pfeffer zu rechnen, der ebenfalls auf dem Versuchsfeld für Sonderkulturen in Nochten wächst und sich nach Einschätzung der FIB-Wissenschaftlerin gut entwickelt: „99,5 Prozent der 130 Sträucher sind angewachsen. Aufgrund der widrigen Witterung gibt es noch keinen Ertrag. Möglicherweise haben die Spätfröste im Mai den Pfeffer vor der Blüte getroffen. Aber da sich die Pflanzen nun etabliert haben, darf man durchaus zuversichtlich ins nächste Jahr schauen.“

Der Weinberg trotzt dem Spätfrost

Bettina Muthmann (r.) zusammen mit LEAG-Mitarbeiterin Silke Butzlaff bei der Lese, Foto: privat

Die Spätfröste dieses Jahres – auch Bettina Muthmann haben sie zuerst Sorgen gemacht. Sie ist Geschäftsführerin der Wolkenberg GmbH, die den Weinberg Wolkenberg im Rekultivierungsgebiet des Tagebaus Welzow-Süd bewirtschaftet. „Der Frost wirkt sich auf den Austrieb der Reben aus, der in Mai schon sehr weit war. Aber ich will nicht jammern, andere Winzer hat es viel ärger getroffen. Das Schlimmste ist uns erspart geblieben, weil der Weinberg von Anfang an so angelegt wurde, dass er die Kälte ins Tal hin ableitet.“

Ohne die frostige Störung, meint sie, hätte die Lese in diesem Jahr besser ausfallen, ja vielleicht sogar die beste seit Bestehen des Weinberges werden können, der 2010 vom Bergbaubetreiber mit wissenschaftlicher Begleitung durch die BTU Cottbus angelegt worden war. Aber auch die 32.000 Flaschen Wolkenberg-Wein, mit denen Bettina Muthmann für diesen Jahrgang rechnet, stellen ein gutes Ergebnis dar und zeigen, dass der Weinberg sich gut entwickelt hat. Längst ist der Wein vom Wolkenberg kein lokaler Geheimtipp mehr, sondern in Weinhandlungen und auf Restaurantkarten von Dresden über Berlin bis hinauf zur Ostsee zu finden. Dort kann man ihn beispielsweise im Restaurant auf der historischen Seebrücke von Ahlbeck genießen.

Reichlich Ernte versprechen die Apfelbäume auf den Streuobstwiesen im Tagebau Welzow-Süd in diesem Jahr, Foto: LEAG

Äpfel und Esskastanien

Esskastanien wachsen unter anderem am Gut Geisendorf im Lausitzer Revier, Foto: LEAG

Neben den Sonderkulturen und dem auch als Ausflugsziel beliebten Weinberg führen einige Stamm-Gäste in der Lausitzer Rekulandschaft ein eher wenig beachtetes Dasein, obwohl auch sie im Herbst regelmäßig reiche Ernte abwerfen. Da sind zum einen die Esskastanien, die – eine Reminiszenz als an den ursprünglichen Bestand am Gut Geisendorf bei Neupetershain – vor allem in der Rekultivierung des Tagebaus Welzow-Süd etabliert sind. Interessant sind, was die Wenigsten wissen, nicht nur die Früchte selbst, die etwas kompliziert in der Verarbeitung sind, bis man sie wirklich essen kann, sondern auch die Blätter. „Wir machen daraus Tee, den wir auch über den Bergbautourismusverein Excursio in Welzow anbieten wollen“, erklärt Siegfried Laumen, Leiter des Kulturforums der Lausitzer Braunkohle Gut Geisendorf. „Er schmeckt nicht nur gut, es wird ihm auch eine heilsame Wirkung bei Bronchitis und bei Entzündungen im Rachenraum nachgesagt.“

Zum anderen ist da, etwa am Rande des Tagebaus Welzow-Süd und in der Rekultivierung von Jänschwalde und dem ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord, eine Vielzahl von Apfelbäumen zu finden, darunter viele alte Apfelsorten auf eigens dafür angelegten Streuobstwiesen. Da findet man Sorten wie den Gubener Warraschke, die Winter-Goldparmäne, Geheimrat Oldenburg oder Baumanns Renette. Der Wert dieser Streuobstwiesen besteht aber nicht nur darin, dass sie zur Generhaltung alter Apfelsorten beitragen, sie stehen auch für Biodiversität von Bäumen, Kräutern und Insekten, erklärt Hendrik Zank vom Naturschutzfachbereich der LEAG: „Mit ihrem Blütenreichtum sind sie Heimat für eine Vielzahl von nektarsammelnden Insekten, deren Vorkommen wiederum andere Arten anlockt. Der Tisch ist in jeder Hinsicht reich gedeckt. Dabei entsteht dieses Angebot nicht nur durch die Obstbäume sondern auch durch die extensive Pflege der Wiesen, auf denen sie wachsen.“

Themen

Teilen

Autor

Thoralf Schirmer

Nachdem ich 20 Jahre als Lokaljournalist in der Lausitz gearbeitet habe, kam ich 2011 als Pressesprecher ins Unternehmen. Seitdem begleite ich alle Themen aus der Region zusammen mit meinem Team.