Die Stiftung „Baum des Jahres“ hat mit ihrer Wahl für das Jahr 2020 einen fast allgegenwärtigen Klassiker in den Mittelpunkt gerückt, von dem viele gar nicht wissen, dass auch er ein Einwanderer ist, der ursprünglich in unseren Breiten nicht vorkam. Die Robinie soll Anfang des 17. Jahrhunderts vom Hofgärtner des französischen Königs aus Amerika nach Europa gebracht worden sein. Nach ihm, Jean Robin, ist sie benannt.
Als invasive Art ist sie einerseits durchaus umstritten, weil sie heimische Baumarten verdrängt. Anderseits ist sie bei Landschaftsgestaltern, Parkbesuchern oder Flaneuren in städtischen Alleen beliebt wegen ihrer Blütenpracht im Mai und dem betörenden Duft, den diese Blüten verbreiten und der, wenn die Bienen fleißig waren, auch nach dem Frühling im Honig überdauert. Darüber hinaus wird die Robinie geschätzt, weil sie robust und anpassungsfähig ist und überdies ein wertvoller Energiespeicher.
Ständiger Wegbegleiter der Rekultivierung
In der forstwirtschaftlichen Rekultivierung ist die Robinie Bestandteil der Pflanzungen, Foto: LEAG
Letztere sind Gründe, warum die Robinie schon seit vielen Jahren ein Wegbegleiter der Rekultivierung auf ehemaligen Tagebauflächen in der Lausitz ist. Als Pionierbaum ist sie gut dafür geeignet, neben anderen Laubbaumarten wie Ahorn oder Eiche auf den Kippenböden am Tagebaurand Wurzeln zu schlagen, wenn auch nicht in jedem Fall auf Dauer.
Auf dem rekultivierten Kippengelände des Tagebaus Welzow-Süd – dort wo er vor mehr als 20 Jahren vorbeigezogen ist – wachsen Robinien in dichten Reihen. Hier sind sie reine Biomasse, ein nachwachsender Energieträger, der wegen seines hohen Brennwertes in Heizkraftwerken gern abgenommen wird. Auf einer Umtriebsplantage wie der am Tagebau Welzow-Süd können alle vier bis fünf Jahre junge Bäume geerntet werden. Seit Mitte April dieses Jahres läuft die Ernte wieder auf vollen Touren.
„Auf knapp 70 Hektar LEAG-Flächen wächst der Energiewald von Welzow-Süd seit 1995 als Kurzumtriebsplantage und als Alley-Cropping-Fläche heran. Er ist ein Kooperationswerk zwischen LMBV mbH, der Rösch Gruppe, der BTU Cottbus-Senftenberg und der Lausitz Energie Bergbau AG“, erklärt Doris Wüstenhagen, bei der LEAG verantwortlich für die Rekultivierungsplanung. „Im Rahmen unserer gemeinsamen Anstrengungen, die von der Landinanspruchnahme des aktiven Tagebau betroffenen Agrarunternehmen in ihrer Existenzsicherung zu unterstützen, ist das nur ein Beispiel dafür, wie ein Landwirt sein produktives Spektrum erweitern kann und dass er letztlich auch Energiewirt sein kann.“
Hart statt „butterweich“
Beliebter Brennstoff: Robinienhackschnitzel, Foto: LEAG
Aus Sicht der Wissenschaft hat sich in den vergangenen Jahren in Welzow-Süd bestätigt, dass die Robinie eine Baumart ist, die gleichermaßen geeignet dafür ist, sich auf Kippenböden ehemaliger Tagebaue zu behaupten und Biomasse für eine weitere energetische Verwertung zu bilden. „Die Robinie bringt von den hierfür möglichen Baumarten die besten Voraussetzungen mit, auch auf marginalen Standorten mit weniger fruchtbaren Böden ein gutes Wachstum zu entwickeln“, stellt Prof. Dirk Freese vom Fachgebiet Multifunktionale Landnutzung an der BTU Cottbus-Senftenberg fest. „Sie ist da gegenüber anderen Arten deutlich im Vorteil, weil sie einerseits in der Lage ist, Luftstickstoff für die Ernährung zu binden, und andererseits gut mit trockenen Standorten zurechtkommt. Gegenüber der Weide, die anfangs auch Teil des Energiewaldprojektes war, hat sich die Robinie klar durchgesetzt.“
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Weide und Robinie ist auch die Beschaffenheit der Holzstruktur. Während die Weide „weich wie Butter“ ist, sei die Robinie ein Hartholz, erklärt Prof. Freese. Eigens entwickelte Erntetechnik für die maschinelle Ernte der Kurzumtriebsgehölze stößt damit besonders bei der Robinie ab einem bestimmten Stammdurchmesser an ihre Grenzen.
Vermehrung über Wurzelbrut
Die Mühe indessen lohnt sich, denn die Robinie dankt jede Ernte mit erneutem schnellen Aufwuchs. Das Geheimnis: Sie treibt aus dem Wurzelstock wieder aus. Dabei kann es auch zu einem ungewünschten Austrieb über die so genannte Wurzelbrut kommen, aus der sich neue Bäume entwickeln. Freilich kann das in einem Energiewald später auch eine Herausforderung sein, denn wo viele Robinien neu austreiben, da tanzen sie schon gern mal aus der Reihe und verwildern ihren Standort.
So energiereich wie Braunkohle
Die Pflanzung des Baumes des Jahres in der Rekultivierungsfläche hat Tradition, hier die Aktion 2017. Foto: LEAG
Die anspruchsarme Robinie ermöglicht eine vielfältige und attraktive Holznutzung, auf Grund ihrer Eigenschaften war es schon immer das Grubenholz im Bergbau. Heute weiß man auch den Energieertrag zu schätzen. Einmal geerntet, gilt die Robinie als gutes Brennholz. „Vom Energieertrag vergleichbar mit der Braunkohle“, schätzt Prof. Freese. Allerdings könne aufgrund der Substrateigenschaften des Bodens im Energiewald nicht das volle Potenzial der Robinie ausgeschöpft werden. „An anderen Standorten in der Rekultivierung von Welzow-Süd, wo bessere Bedingungen herrschen, entwickeln sich die Robinien aber ziemlich gut. Da kann man sie länger wachsen lassen, denn diese Bäume liefern auch ein gutes Nutzholz“, weiß Prof. Freese.
Baumpflanzung auf Herbst verschoben