18.04.2016

Der Cottbuser Ostsee ist ein Projekt der Superlative – mit rund 19 Quadratkilometern Fläche Größter im Bundesland Brandenburg und bis auf Weiteres auch größter künstlich angelegter Deutschlands. Noch dazu ist er der erste See, der nach der politischen Wende aus einem planmäßig beendeten Tagebau entsteht.

An spannenden Daten und Fakten mangelt es den Fachleuten, die sich mit der Herstellung und Flutung des künftigen Ostsees befassen, jedenfalls nicht. Doch wer heute von einem der Aussichtspunkte in die Grube blickt, die von 1975 bis 2015 der Tagebau Cottbus-Nord war, der braucht noch viel Fantasie, um sich ein Badegewässer mit Buchten und Inseln vorzustellen. Eben dieser Fantasie hilft jetzt ein kurzer Animationsfilm auf die Sprünge, der die Vision des Cottbuser Ostsees am Bildschirm schon einmal Wirklichkeit werden lässt.

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27 Aktenordner

Was im Film acht Minuten dauert, braucht in Wirklichkeit natürlich viel länger; bis Mitte der 2020-er Jahre. So sehen es die Planungen für die Flutung des Cottbuser Ostsees vor, die allein 27 Aktenordner füllen. Fachlich korrekt handelt es sich um den „Antrag auf wasserrechtliche Planfeststellung Teil II – Gewässerausbauverfahren Cottbuser Ostsee“, den Vattenfall im Dezember 2014 bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem brandenburgischen Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe, eingereicht hat.

Darüber hatte Projektleiter Dr. Stephan Fisch in diesem Blog bereits berichtet. Mit dem Genehmigungsbescheid rechnet er im nächsten Jahr. Die Genehmigung regelt dann die Flutung des Sees, für die Wasser aus der Spree entnommen werden soll, die Einbindung in den regionalen Wasserhaushalt und die Kriterien, die das Wasser erfüllen muss, das wieder aus dem See ausgeleitet wird.

2 Milliarden Badewannen

Der ehemaligeTagebau Cottbus-Nord bildet das Seebecken, Grafik: LEA

Insgesamt werden zur Flutung des Cottbuser Ostsees 280 Millionen Kubikmeter Wasser benötigt. Das entspricht zwei Milliarden randvoller 140-Liter-Badewannen. Im Durchschnitt eines Jahres sollen aus der Spree bei mittleren Abflussverhältnissen 1,4 Kubikmeter bzw. 10 Badewannen pro Sekunde „abgezweigt“ werden. Das klingt viel, entspräche unter diesen Umständen aber nur etwa 12 Prozent ihrer Gesamtwasserführung.

Der Grundsatz bei der Wasserentnahme lautet: Flexibel auf das Dargebot reagieren und nur so viel ableiten, wie die Spree hergeben kann, ohne ihre Tier- und Pflanzenwelt oder die Wassernutzer flussabwärts im Spreewald zu beeinträchtigen.

„Wasser marsch“ am Flutungsbauwerk. So könnte es 2018/19 aussehen, Grafik: LEAG

Das Spreewasser erlaubt eine vergleichsweise schnelle Flutung. Geplant ist die Entnahme aus dem Hammergraben, einem Nebenarm der Spree, der an der Westseite des Seebeckens entlangfließt. Durch ein unterirdisches Rohr soll der Hammergraben mit dem Flutungsbauwerk verbunden werden, von wo aus das Wasser über eine 150 Meter lange Rampe in das Seebecken fließen würde.

Etwa 80 Prozent für den Cottbuser Ostsee sollen aus der Spree stammen. Die verbleibenden 20 Prozent steuert vor allem das Grundwasser bei. Gemeinsam mit dem Spreewasser füllt es das Seebecken, das ein Fassungsvermögen von rund 130 Millionen Kubikmetern hat. Aber auch in das für den Tagebaubetrieb trocken gelegte Erdreich kehrt das Wasser zurück, vor allem in die großflächige Innenkippe, die den Seeboden bildet. So lässt sich erklären, dass der Ostsee bei der Flutung etwa 280 Millionen Kubikmeter Wasser – besagte 2 Milliarden Badewannen – aufnehmen kann, bevor er voll ist. 

62,5 Meter über dem Meeresspiegel

Das Auslaufbauwerk am Schwarzen Graben, Grafik: LEAG

Der Ostsee wird in den Wasserhaushalt der Region eingegliedert. Nach der Flutung soll sein Wasserstand über ein Auslaufbauwerk im Nordwesten geregelt werden, das mit dem Schwarzen Graben verbunden ist und es wieder Richtung Spree fließen lässt.

Wie viele Liter letzten Endes aus dem See ausgeleitet werden, richtet sich nach der Form der Bewirtschaftung. Ausgehend von einem Normalwasserstand von 62,5 Metern über dem Meeresspiegel (NHN) würden hier durchschnittlich 350 Liter pro Sekunde fließen.

Der neue Willmersdorfer Seegraben, Grafik: LEAG

Damit Fische und andere Wasserlebewesen den Ostsee durchqueren können, sind sogenannte Aufstiegsanlagen geplant (allgemein als „Fischtreppen“ bezeichnet).

Eine befindet sich am Auslaufbauwerk, eine weitere ist am neuen Willmersdorfer Seegraben vorgesehen. Das ist ein derzeit stillgelegter Grabenaltlauf, der nach seiner „Wiederbelebung“ durchschnittlich 150 Liter Spreewasser pro Sekunde zum See führen soll.

Im Süden werden darüber hinaus zwei Landgräben eingebunden, wo niederschlagsabhängig im Durchschnitt bis zu 50 Liter pro Sekunde in den See fließen.

Eine 7,5 für die Seewasser-Qualität

7,5 ist bei der Herstellung von Bergbaufolgeseen eine magische Zahl. Gemeint ist der pH-Wert, der bei Bergbauseen vorrangig eher im sauren Bereich (< 6,5) liegt. Ursache sind die Stoffvorkommen im Erdreich (z. B. Pyrit), die bei der Trockenlegung, Abgrabung und Verkippung im Tagebau in Kontakt mit dem Luftsauerstoff gekommen sind. Dadurch verwittern (oxidieren) sie. Durch die Oxidation werden Wasserstoffprotonen frei, die die Ursache für den sauren Charakter des aufsteigenden Grundwassers vieler Bergbaufolgeseen sind. Solche Seen müssen nachträglich mit Kalk behandelt werden, der die Versauerung neutralisiert.

Beim Cottbuser Ostsee hingegen tragen zwei Faktoren dazu bei, dass das Wasser von vornherein einen neutralen Charakter erwarten lässt. Zum einen der hohe Anteil pH-neutralen Spreewassers bei der Flutung und zum anderen der natürliche Kalkgehalt der ehemaligen Tagebaukippe. Mit dem avisierten pH-Wert von 7,5 bis 8 wird sich der Cottbuser Ostsee nicht nur als Lebensraum sondern auch für Wassersport-Aktivitäten bestens eignen.

Vorbereitung des Seebeckens

Baustelle Cottbuser Ostsee, Grafik: LEAG

Bis zum großen „Wasser marsch“ muss neben der wasserrechtlichen Genehmigung und der Errichtung des Flutungsbauwerks noch eine weitere Etappe absolviert werden. Diese prägt vor allem die nächsten Monate und Jahre: Die Abflachung des Seebodens, der ehemaligen Innenkippe. Dafür sind bis zum Jahresende alle Anlagen und Großgeräte des Tagebaus verschwunden. Deutlich kleinere Bagger und eine Vielzahl von LKWs übernehmen die Regie, um über die gesamte Seefläche – mit Ausnahme der Ufer – eine Mindestwassertiefe von zwei Metern herzustellen.

Parallel werden die Arbeiten zur Abflachung der Uferböschungen fortgesetzt, die bereits 2009 begonnen haben. Am Ostufer und an den beiden Inseln, die von den Bergbaugroßgeräten geschüttet wurden, finden zudem Verdichtungsmaßnahmen statt. Die anderen Ufer hat der Bergbau in ihrer festen Bodenstruktur nicht beeinflusst.

Viel Platz für Mensch und Natur

Von der Vision zur Wirklichkeit: Freie Fahrt voraus am Cottbuser Ostsee, Grafik: LEAG

Bis 2018 sollen alle Arbeiten am Seebecken abgeschlossen und das Flutungsbauwerk errichtet sein. Der Cottbuser Ostsee ist dann flutungsbereit. Mit 19 Quadratkilometern Wasserfläche und 25 Kilometern Uferlänge wird er viel Platz bieten für Mensch und Natur. Fauna und Flora soll vor allem das Ostufer für eine ungestörte Entwicklung vorbehalten bleiben. Naherholung und Tourismus sind an den südwestlichen bis nördlichen Uferzonen vorgesehen. Dort planen sowohl die Stadt Cottbus als auch die Gemeinde Teichland Häfen, von denen ab Mitte der 2020-er Jahre Hobby-Kapitäne und Petrijünger in See stechen könnten. Volle Fahrt voraus!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog.

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Autor

Ariane Geisler

Ich bin ein Lausitzer Gewächs: hier geboren, gehegt und gepflegt. Dann fürs Studium der Fachrichtung Medien vorübergehend "umgetopft". Beruflich habe ich in der Unternehmenskommunikation Wurzeln geschlagen. Mein Habitat bei der LEAG: Die externe Kommunikation im Print- und Digitalbereich. Was mir dabei am besten gefällt: Die Vielfalt der Menschen, Themen und Geschichten. Reichlich Nährboden für Einblicke, Schulterblicke, Seitenblicke.