Livia Reckzeh ist seit 2008 im Team der MCR, Foto: Andreas Franke für LEAG
Das im September 2019 vom Bundesverkehrsministerium veröffentliche Innovationsprogramm Logistik 2030 offenbart eines der Zukunfts-Credos der Branche: Runter von der Straße, rauf auf die Schiene. Denn nur durch die Verlagerung von Gütern auf den Bahnverkehr können Emissionen im Verkehrssektor gesenkt werden. Für diesen Paradigmenwechsel werden Loks und Waggons künftig zu einer vollautomatisierten Flotte modernisiert und ausgebaut. Die Lizenz zur Wartung für die Schiene haben nur Wenige. MCR Engineering Lausitz gewährt einen Einblick in ihren „Lokschuppen“ der Extraklasse.
Beeindruckend – so unbescheiden beschreibt Livia Reckzeh die Arbeitsbedingungen an ihrer Wirkungsstätte bei MCR Engineering Lausitz. „Die Werkstatthallen hier sind lichtdurchflutet, sauber und angenehm temperiert“, sagt sie. Die 28-jährige Maschinenbauingenieurin heuerte im Sommer 2019 im technischen Vertrieb von MCR an, als dieser sich gerade als Instandhaltungsbetrieb für den öffentlichen Schienenverkehr zertifizierte.
Millioneninvestition für die Zukunft
Seit den 1960er-Jahren hatte die Hauptwerkstatt der Lausitzer Bergbausparte ausschließlich Zugwagen und Waggons repariert, die für den Kohletransport zwischen Tagebau und Kraftwerk eingesetzt wurden. Weil die Wartung der Flotte dezentral und unter teils schwierigen Bedingungen erfolgte, investierte der Betrieb zwölf Millionen Euro für den Bau eines zentralen Instandhaltungszentrums im Industriepark Schwarze Pumpe. Im November 2015 zogen die Schieneninstandhalter in die moderne, vollausgestatte Werkstatthalle ein. Perfekte Voraussetzungen für neue Projekte und weitere Kunden.
Zug um Zug zum Erfolg
Erfahrung und Kompetenz haben Livia Reckzeh und ihre Kollegen im Operativbetrieb aufbauen können und beweisen dies jeden Tag aufs Neue, Foto: Andreas Franke für LEAG
Parallel zur weiterlaufenden Modernisierung der betriebseigenen Flotte bietet die Hauptwerkstatt ihre Leistung im Sektor Schienenfahrzeuginstandhaltung seit August 2019 unter dem Label MCR Engineering Lausitz am Markt an. Das R steht dabei für Railway, M und C für Maintenance und Construction – Maschinen- und Stahlbau sowie Baugruppenoptimierung, das zweite Standbein des Instandhaltungsbetriebes.
„Mit unserem Zentrum für Schienenfahrzeuginstandhaltung stärken wir den Logistiksektor – eine wichtige Säule bei der Strukturentwicklung der Lausitz “, sagt Reckzeh. Und das ist offensichtlich gefragt. Als „verlängerte Werkbank“ des unter anderem in Schwarzheide ansässigen Waggonwerks Brühl setzte die MCR Engineering Lausitz bereits zwanzig Waggons instand.
Drei Mitarbeiter wurden extra dafür geschult. Weitere Aufträge sind in der Pipeline. „Die Schiene boomt und wir sind zum richtigen Zeitpunkt auf den Zug aufgesprungen“, bestätigt Reckzeh, die im täglichen Kontakt mit Kunden aus ganz Deutschland, aber auch osteuropäischen Bahnbetrieben steht.
Qualität mit Siegel
Philipp Obst ist einer der rund 50 Mechaniker und Ingenieure bei MCR Engineering, Foto: Andreas Franke für LEAG
Dennoch ist das Geschäft kein Selbstläufer: Die Flotte der Bahnbetreiber und Instandhalter unterliegt den hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen des öffentlichen Personenverkehrs. Anspruchsvolle Zertifizierungsprozesse sind deshalb für jeden Werkstattbetrieb Pflicht – genauso wie die Weiterbildung der rund 50 Mechaniker und Ingenieure bei MCR Engineering.
Einer von ihnen ist Philipp Obst, der 32-Jährige ist seit 2018 Werkstattmeister in der Schienenfahrzeuginstandhaltung von MCR Engineering Lausitz. Er kennt die technischen Herausforderungen des Geschäfts und den Termindruck, der bei Logistikkunden herrscht.
„Unsere Werkstatt hat einen entscheidenden Vorteil. Ein 230 Meter langes, in der Halle verbautes Wartungsgleis, auf dem zwei komplette Züge mit je 16 Waggons gleichzeitig gewartet werden können, denn Rangieren kostet Zeit und auf der Schiene gilt: Zeit ist Geld“, erklärt er pragmatisch.
Technik, die begeistert
Auch das Werkstattinventar lässt für den technikbegeisterten Obst keine Wünsche offen. An den Portalkränen unter dem Hallendach können 50 Tonnen bewegt werden, moderne Diagnose- und Messverfahren erleichtern die Befundung. Mit hochspezialisierter Technik werden die größten Verschleißteile der Schiene – die Radsätze – instandgesetzt.
An den Portalkränen unter dem Hallendach können 50 Tonnen bewegt werden, Foto: Andreas Franke für LEAG
„Schienenfahrzeuginstandhaltung ist eine kleine Wissenschaft, denn jeder Waggon- und Zugmaschinentyp hat andere technische Spezifika“, bestätigt Obst. Genügend Erfahrung und Kompetenz haben er und seine Kollegen im Operativbetrieb aufbauen können. Zwischen 2014 und 2018 modernisierte der Bergbaubetrieb die komplette Flotte Kohlewaggons (Sattelbodenselbstentlader). „Wir haben jeden einzelnen der 150 Waggons in seine Einzelteile zerlegt und diese nach der Aufarbeitung wiederverbaut, neue Kippeinrichtungen installiert, die Bremsanlagen generalüberholt. Die niedrigen Störquoten bestätigen den Erfolg des Großprojektes schwarz auf weiß. Davon werden unsere Kunden künftig profitieren“, erklärt er.