Am Freitag, dem 12. April, beginnt am ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord die Flutung. Gut drei Jahre nachdem hier die letzte Kohle gefördert wurde, soll nun Wasser in das aufwendig geformte 19 Quadratkilometer große Seebecken fließen. Bis Mitte der 2020er Jahre wird sich das Areal zum größten See Brandenburgs und zu Deutschlands bislang größtem Bergbaufolgesee entwickeln. Auf der Besucherplattform direkt über dem Wasserzuleiter wird feierlich der Startknopf für die Flutung im Beisein von etwa 200 Gästen gedrückt.
So könnte es einmal aussehen, Foto: Andreas Franke für LEAG
Als ich an diesem Freitagnachmittag am Einlaufbauwerk des Cottbuser Ostsees auftauche, laufen die Vorbereitungen schon auf Hochtouren. Hier soll in einigen Stunden die Flutung beginnen. Bühnenbauer, Medientechniker und viele mehr haben zusammen mit den Verantwortlichen der LEAG schon seit Tagen ihre Vorbereitungen getroffen. Der Stand des Ostseevereins und ein großes Zelt sind errichtet, ein Teil des Außenbereichs hat sich in eine Strandkulisse mit Liegestühlen und Feuerschalen verwandelt. Die mobile Videoleinwand und das schwarze Technikzelt verraten den technischen Aufwand, der hier betrieben wird. Die kleine Bühne vor der Kulisse des Tagebaus steht noch leer. Nur der große rote Buzzer ist schon auf seinem Platz. Heute Abend wird er das Startsignal für die Flutung geben.
Live dabei in der Spreegalerie
Strandflair zum Flutungstermin, Foto: Andreas Franke für LEAG
Gegen 18 Uhr treffen die ersten Gäste ein. Viele haben sich in warme Jacken und dicke Schals gehüllt, denn es ist bitterkalt. Das Thermometer zeigt nur 3°C an. Auch die zahlreichen Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen nehmen ihre Plätze ein. In der Spreegalerie in Cottbus findet unterdessen am „Ostseefenster“ die öffentliche Live-Übertragung zum Event statt. Sie wird umrahmt von Musik und anderem Unterhaltungsprogramm. Eine schöne Idee, gerade bei den ungemütlichen Außentemperaturen! Viele nahmen diese Gelegenheit auch wahr, ebenso wie die Übertragung per Livestream auf den Kanälen regionaler Online- und Nachrichtenplattformen.
Die Übergabe der Wasserrechtlichen Erlaubnis für die Flutung ist erfolgt. Angelika Seidemann überreicht die Unterlagen an Gert Klocek und Uwe Grosser, Foto: Andreas Franke für LEAG
Eine feierliche Übergabe
Gegen 20 Uhr wird es dann ernst. Gert Klocek, Leiter Bergbauplanung der LEAG, begrüßt die Anwesenden und richtet seinen Dank an die vielen, die in den letzten Jahren ihren Beitrag geleistet haben, um aus dem ehemaligen Tagebau einen See werden zu lassen. Einen ersten Höhepunkt bietet dann die feierliche Übergabe der Wasserrechtlichen Erlaubnis für die Flutung des Cottbuser Ostsees durch Angelika Seidemann, der Leiterin der Abteilung Geologie beim LBGR (Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg). Damit ist es besiegelt. Es darf geflutet werden!
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke ist überzeugt, dass der Ostsee der Lausitz guttun wird, Foto: Andres Franke für LEAG
Lausitz wird Modellregion
Als nächster übernimmt Dr. Helmar Rendez, der Vorstandsvorsitzende der LEAG, das Wort. Der Cottbuser Ostsee sei ein Thema, das vielfältige Emotionen weckt, sagt er in seiner Rede. Die Lausitz solle nach dem Willen der Politik zur Modellregion des Strukturwandels werden und die LEAG sei der ideale Partner für diese Aufgabe – auch mit sicheren und nachhaltigen Bergbaufolgelandschaften. So wie hier beim Cottbuser Ostsee. Nach Rendez kommt auch die Landesregierung zu Wort. Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, hebt besonders die Bedeutung von Investitionen als wichtige Bausteine für wirtschaftliche Stärke, gute Arbeitsplätze und attraktive Lebensorte für die Region hervor. Uwe Grosser, Bergbauvorstand der LEAG, sowie Holger Kelch, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus, und Harald Altekrüger, Landrat des Landkreises Spree‐Neiße, sprechen ebenfalls zu den Gästen.
… und Wasser marsch! (v.l.) Uwe Grosser, Angelika Seidemann, Dietmar Woidke, Helmar Rendez, Holger Kelch und Harald Altekrüger, Foto: Andreas Franke für LEAG
Wasser Marsch
Auf der Videoleinwand wird zur Einstimmung ein Film zum Cottbuser Ostsee gezeigt. Impressionen der verschiedenen Etappen auf dem Weg zur Flutungsbereitschaft flackern über den Bildschirm, bevor sich eine Stimme über die gespannt wartende Menschenmenge erhebt. Der Countdown beginnt. 10… 9… 8… Seidemann, Rendez, Woidke, Grosser, Kelch und Altekrüger haben sich bereits um den Buzzer geschart und warten gespannt. Ihre Hände liegen schon auf dem großen roten Knopf. 7… 6… 5… Auch die Verantwortlichen und alle Akteure hinter den Kulissen halten den Atem an. Wird alles funktionieren? 4… 3… 2… Ein Raunen geht durch die Menge. 1… Wasser marsch!
Eine Lasershow untermalt das Geschehen, Foto: Andreas Franke für LEAG
Der Buzzer ist gedrückt. Ein Knall ertönt und ein kleines Feuerwerk schießt am Eingang zum Festgelände in die Höhe. Blaue Lichter leuchten auf. Sie formen einen Gang und symbolisieren den Weg, den das Spreewasser in diesem Augenblick unterirdisch vom Hammergraben kommend nimmt. Drohnen stehen am Himmel und filmen das Spektakel aus der Luft. Im Hintergrund läuft eindringliche feierliche Musik. Dann sprudelt das erste Wasser aus dem Rohr des Einlaufbauwerks, strömt von Lichtern erleuchtet über die Steine und ergießt sich über den Rand. Ich bekomme eine Gänsehaut, als eine tiefe Stimme ertönt. Als wäre es der ehemalige Tagebau Cottbus-Nord selbst, der da spricht, beschreibt die Stimme den Wandel zum See. Eine Lasershow, die in die Luft und auf den Randschlauch projiziert wird, rundet das Gesamtbild ab.
Das Wasser fließt, Foto: Andreas Franke für LEAG
Als schließlich von der Mitte des Sees aus ein Feuerwerk in den schwarzen Nachthimmel schießt, bin nicht nur ich gerührt. Vielen der Zuschauer um mich her geht es ähnlich. Gerade die, die sich eng mit Cottbus-Nord und dem Nordrevier verbunden fühlen und hier teils Jahrzehnte lang gearbeitet haben, sind tief bewegt. Wo heute eine Ära endet, beginnt nun eine ganz neue. Als sich an diesem Abend gegen 23 Uhr die Aufregung langsam legt und die Teilnehmer nach und nach den Ort des Geschehens verlassen, geht mir dieser Gedanke nicht aus dem Kopf. An diesen Abend werde ich noch denken, wenn ich in einigen Jahren am Ufer des Cottbuser Ostsees stehe und auf das Wasser blicke.