20.11.2018

Jennifer Friem ist eine von 256 Lokführern, die jeden Tag auf dem Streckennetz im Lausitzer Revier unterwegs sind. Ab 2019 bietet die LEAG wieder eine Ausbildung zum/zur Eisenbahner/-in im Betriebsdienst an. Sie freut sich schon auf die neuen Kollegen und erzählt, wie sie zum Job kam und was alles dazu gehört.

Zur Start der Schicht treffen sich alle Kollegen bevor zu den Zügen geht, Foto: Andreas Franke für LEAG

Schichtbeginn in Schwarze Pumpe. Hier ist seit kurzem der Startpunkt des Arbeitstages von Jennifer Friem. Ende Oktober ist sie mit ihren Kollegen des Fahrbetriebs Süd in die Kaue im Industriepark  umgezogen. Noch weiß sie nicht, was heute ansteht: „Unser Oberlokführer teilt uns jeden Tag aufs Neue mit, welche Lok wir den Tag übernehmen.“ Bis zu 25 Kohlezüge sind gleichzeitig im gesamten Lausitzer Revier unterwegs. Das Streckennetz des Zentralen Eisenbahnbetriebs der LEAG, kurz ZEB, umfasst hier 319 Kilometer Gleise. Sie verbinden Tagebaue und Kraftwerke, sichern die Versorgung mit Rohbraunkohle und den Abtransport von Asche und Gips. Die Zugdichte richtet sich nach dem Bedarf der Kraftwerke und der Lieferfähigkeit der Tagebaue. Etwa 10 Leute sind mit Jennifer Friem heute in Schwarze Pumpe auf einer Schicht, vier Schichten gibt es insgesamt in der Kohle. Und drei Einsatzorte: Boxberg, Schwarze Pumpe und Jänschwalde. Jeder im Team erhält seinen Zug und eine kurze Meldung über die aktuelle Lage: Was hat sich verändert, gibt es neue Signale, Langsamfahrstellen oder Baustellen? Schnell noch ein paar Worte mit den Kollegen und dann geht es für Jennifer Friem zur Lok. „Am liebsten fahre ich die EL2m1182. Jeder hat so sein Baby von uns.“

Eine der E-Loks der LEAG im Lausitzer Revier, Foto: Andreas Franke für LEAG

Respekt vor der Verantwortung

Kontrolle muss sein: bevor sie den Zug in Bewegung setzt, prüft Jennifer Friem alles einmal durch, Foto: Andreas Franke für LEAG

Die Wagen sind schon an der Lok dran, sie sind aber leer. Heute soll der Zug Kesselkohle für das Kraftwerk Schwarze Pumpe im Tagebau Welzow-Süd laden. Doch erst muss die EL2m1182 startklar gemacht und hochgefahren werden: „Am Anfang habe ich gedacht: ‚Oh Gott, wie viele Knöppe es hier gibt.‘ Aber das ist wie Fahrradfahren, das lernt man einmal und dann klappt´s.“ Als letztes kontrolliert sie noch den Füllstand der Sandkästen an den Antriebsrädern. „Der ist wichtig, besonders jetzt im Herbst und im Winter. Wenn feuchtes Laub oder Schnee auf den Schienen liegen, sind diese rutschig und der Zug braucht länger, um anzuhalten“, erklärt Jennifer Friem. „Man hat schon Respekt vor dem Gewicht des Zuges. Beim Fahren muss man mit allem rechnen. Das ist für mich normal, aber die Verantwortung ist enorm.“ Maximal mit 50 Kilometer pro Stunde fährt Jennifer Friem durchs Revier. Bei einem Kohlevollzug mit einem Gewicht von rund 1600 Tonnen beträgt der Bremsweg im Durchschnitt 400 Meter. „Ich krieg schon manchmal das Grummeln, wenn sich bei schon halb geschlossenen Bahnübergängen noch schnell ein PKW oder LKW durchquetscht oder Leute an den Bahngleisen längs laufen, gerade in der Pilzzeit. Doch toi, toi, toi, bis jetzt ist mir noch nichts passiert.“

Kreuz und quer durch das Revier führt Jennifer Friems ihr Job. Egal ob vorne weg oder hintendran, sie bringt die Wagons sicher ans Ziel, Foto: LEAG

Immer offen für Neues

Jennifer Friems im Führerhaus der Lok, Foto: Andreas Franke für LEAG

Seit 2012 fährt Jennifer Friem E-Loks. „Ursprünglich habe ich Aufbereitungsmechanikerin gelernt, damals noch bei Vattenfall. Als ich 2012 fertig war, wurden Lokführer für den ZEB gesucht und mir eine Umschulung angeboten. Mir wurde damit die Tür geöffnet und darüber bin ich bis heute froh“, lacht Jennifer Friem. Nach einem halben Jahr intensiver Schulung übernahm sie den Führerstand. Geholfen habe ihr, dass sie immer offen und neugierig sei. „Ich habe mich relativ schnell reingefuchst.“ 61 E-Loks hat der ZEB, dazu kommen noch 14 Dieselloks. „Bei der regulären Ausbildung zum Betriebseisenbahner werden die Azubis auch auf den Dieselloks geschult. Zudem dürfen sie auch im Streckennetz außerhalb des ZEB fahren. Deshalb beträgt die Ausbildungszeit drei Jahre. Das Angebot gab es 2012 nicht, aber nächstes Jahr bildet die LEAG wieder Eisenbahner in Betriebsdienst aus.“ Jennifer Friem freut sich schon auf die neuen. 256 Lokführer arbeiten bei der LEAG, zwischen 19 und 64 Jahre sind sie alt. „Wir Frauen sind in der Unterzahl, aber das kann sich ja noch ändern“, sagt sie mit einem Grinsen.

Hier wird Kesselkohle geladen, Foto: Andreas Franke für LEAG

Steuerung auch mal per Fernbedienung

So schaut die Fernbedienung aus, Foto: Andreas Franke für LEAG

Alles ist startklar, Jennifer Friem meldet die EL2m1182 abfahrbereit, erhält die Freigabe und setzt den Zug in Bewegung. Es geht zunächst weiter zum Beladen, Kesselkohle für den Bunker in Schwarze Pumpe. Dann zum Wiegen. „Wir müssen die Züge leer und beladen wiegen“, erklärt sie. „In unserem Fall hat die Vorschicht den Zug schon leer gewogen.“  Und ab auf die Gleise in Richtung Kraftwerk. „Der Weg dauert circa 25 bis 30 Minuten. Es kommt darauf an, ob ich Durchfahrt habe oder andere Züge vor mir sind.“ Die Infos erhält sie über Funk vom Zentralfahrdienstleiter. Beim Kraftwerk geht es zum Bunker, zum Verkippen. Dazu verlässt Jennifer Friem den Führerstand. Um den Zug in Position zu bringen, steuert sie ihn per Fernbedienung. Die Wagen werden vorgefahren und einzeln geöffnet, die Kesselkohle fällt in den Bunker, die Wagen werden wieder geschlossen. „Das Kippen ist am anstrengendsten. Wen ich einen Wagen nicht aufbekomme, muss ich Hilfe anfordern. Das passiert auch männlichen Kollegen“, sagt sie lachend. „Wenn man den Dreh raus hat, geht es.“  

Hier wird die Kohle gekippt, Foto: Andreas Franke für LEAG 

Stets beste Aussichten

Der (Aus-)Blick ist voller Abwechslung, Foto: Andreas Franke für LEAG

Der Zug ist gekippt, Jennifer Friem stellt den Lastwechsel auf das neue Zuggewicht und damit das Bremsgewicht ein. Die Funkfernsteuerung schaltet sie aus, den Zug bedient sie wieder vom Lokführerstand aus. Wachsam und konzentriert kontrolliert sie noch einmal alles, lässt sich die Strecke freigeben, bevor es weitergeht. Das Fahren sei immer gleich. „Aber die Aussicht ist toll und voller Abwechslung. Man sieht immer neue Sachen und ist mitten in der Natur. Als ich die ersten Male alleine gefahren bin, fand ich es super krass, wie viele Tiere es hier gibt.“ Doch trotz der tollen Aussicht liegt ihr Hauptaugenmerk immer auf der Strecke. In der Schicht fährt sie noch zwei Mal Kohle in den Bunker. Dann ist Schluss. „Dadurch, dass man jeden Tag wo anders hinfährt, vergeht der Tag für mich sehr schnell. Auch wenn ich viel alleine bin und es sehr ruhig sein kann. Da muss man für gemacht sein“, sagt Jennifer Friem, während sie durchs Revier fährt. „Gute Laune hilft immer und man darf sich nicht zu viel zu Herzen nehmen.“ Sie ist froh, in der Lausitz zu arbeiten. „Ich bin ein Heimscheißer und deshalb ist es mir wichtig, hier zu sein und auch zu bleiben. Wenn ich mir heute den Kopf zerbreche, wie es in 10 oder 20 Jahren ist, platzt er“, sagt die 26-Jährige. „Ich komme gern zur Arbeit und es macht mir Spaß.“

 

Informationen zur Ausbildung bei der LEAG finden sie unter www.leag.de auf den Karriereseiten

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Autor

Daniela Hertzer

Meine berufliche Wiege stand in Brunsbüttel, genauer im dortigen Kernkraftwerk. Von da ging es stromaufwärts über Hamburg und Berlin in die Lausitz. Seit Beginn dieses Jahrtausends arbeite ich in der Unternehmenskommunikation: erst analog, jetzt digital. Mein Antrieb ist die Neugierde und der Spaß am Ausprobieren. Und ich bin ein großer Fan der Sesamstraße. In diesem Sinne: ... 1000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen, manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen....

 

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