26.09.2018

Im Jahr 2010 wurde der Südhang des Wolkenbergs im Rekultivierungsgebiet des Tagebaus Welzow-Süd mit rund 26.000 Reben bepflanzt. Seither habe ich von dem „Weinberg im Bergbau“, der zugleich Brandenburgs zweitgrößte Weinanbaufläche ist, immer wieder gehört, gelesen und ihn auch verschiedene Male besucht. Doch wie geht der Weg des Weines von hier aus eigentlich weiter? Wie viel Arbeit und Zeit braucht es, bis man den Grauweiß, den Kernling, den Feierabend oder die Cuvee Barbara im Geschäft kaufen und trinken kann?

Um das herauszufinden, bin ich im sächsischen Meißen mit Martin Schwarz verabredet. Der Winzer und studierte Weinbauingenieur verarbeitet die Wolkenberg-Trauben in seiner Kellerei in der Weinmanufaktur in Meißen und macht aus ihnen anspruchsvolle Weine in hoher Qualität.

Besser konnte ich es nicht treffen: Ich komme auf den Hof der Weinmanufaktur und sehe Martin Schwarz auf der Leiter am Entrapper stehen und mit einem Gerät, das einem Kanupaddel ähnelt, weiße Trauben in den Trichter schieben – Weißburgunder.

Erster Schritt: Entrappen

Martin Schwarz schiebt die Trauben in den Entrapper, Foto: LEAG

Entrapper – erklärt mir ein Mitarbeiter –  heißt das Gerät, mit dem die Beeren und die Stiele (Rappen) voneinander getrennt werden. Fruchtfleisch, Traubenkerne, Schalen und Saft – Maische genannt – landen in einem Bottich, der etwa 250 Kilogramm fasst.

Schwarz steigt von der Leiter, begrüßt mich freundlich, gibt parallel Anweisungen an die Mitarbeiter, bedeutet mir, ich könne alles fotografieren und alles fragen und sitzt im nächsten Moment schon auf dem Gabelstapler. Er holt sich den Bottich mit den eingemaischten Trauben, transportiert ihn zur Presse und entleert ihn in deren zwei Tonnen fassenden Tank. „Wollen Sie mal oben reinschauen und fotografieren?“, fragt er mich. Mit Blick auf Höhe, Leiter und fehlende Möglichkeit, mich beim Fotografieren noch irgendwo festzuhalten, verzichte ich dankend. „Dann mache ich das für Sie“, kommt es prompt. „Reinschauen muss ich ohnehin.“

Zweiter Schritt: Pressen

Zwei Tonnen ausgemaischte Trauben passen in die pneumatische Presse, Foto: LEAG

„Noch mal Glück gehabt“, denke ich, während alle um mich herum wuseln. „Achtung Schlauch!“ „Vorsicht mit Ihren Schuhen!“ Wenn nicht alle so freundlich zu mir wären und mir alles erklärten – ich würde das Gefühl nicht los, im Weg zu stehen.

Inzwischen hat Schwarz für mich das Foto gemacht, den Tank verschlossen und die pneumatische Presse programmiert. „Das Programm läuft“, ruft er. Für etwa zwei Stunden wird die Maische gepresst. Dieser Vorgang wiederholt sich in mehreren Zyklen. Der ausgepresste, noch trübe Most sammelt sich in einer Wanne unter der Presse. Ein weiterer Schritt zum Wein ist absolviert.

Nach dem Pressen wird der trübe Most für eine Nacht im Behälter gelagert. Dabei setzt sich der Trub – also das Trübe – ab und der Most wird klarer. Schwarz geht mit mir in den Tankraum. Hier stehen die Gärtanks, in die der klare Most gefüllt und mit Hefe versetzt wird. Bei 16 bis 18 Grad Celsius muss der Most jetzt etwa drei bis vier Wochen gären. Tankräume und Gewölbekeller befinden sich im Berghang. Die Natursteine sorgen für ein gutes Klima für den Wein.

Dritter Schritt: Gären

Der Weißburgunder von heute wird etwa bis Mitte Oktober gären. Dann erfolgt der Abstich, bei dem die Hefe, die sich unten abgesetzt hat, vom Jungwein getrennt wird. Er bekommt dann zwischen vier und zehn Monaten Zeit zum reifen. Hier im Tankraum steht unter anderem der Grauburgunder, der Anfang September auf dem Wolkenberg gelesen wurde. Schwarz zieht ein Glas des Jungweins ab und hält es gegens Licht. Er ist zufrieden mit dem, was er sieht.

Drei bis vier Wochen lang muss der Jungwein gären. Zwischendurch prüft Martin Schwarz seinen Zustand, Foto: Andreas Franke

Auf dem sechs Hektar großen Wolkenberg wachsen auf vier Hektar weiße und auf zwei Hektar rote Trauben. Rote Trauben wurden an meinem Besuchstag nicht in Meißen angeliefert. Schwarz erklärt mir, ihre Verarbeitung sei aufwändiger und dauere länger. „Klassische Maischegärung“ nennt sich der erste wichtige Prozessschritt. Dreimal am Tag für ein bis zwei Wochen wird die Maische gestampft. Später wird der Jungwein abgepumpt, gesiebt, die Schalen werden ausgepresst und der Presswein wieder zugeführt. Die Reifezeit inklusive der zweiten, der malolaktischen Gärung, erfolgt für den Kernling und den Cabernet Dorsa vom Wolkenberg in Eichenfässern für mindestens zwölf und bis zu 20 Monate. Zur Arbeit in der Kellerei gehört zurzeit die Vorbereitung dieser Fässer. Schwarz nutzt immer alte und neue. Sie müssen gesäubert, gewässert und zu guter Letzt beschriftet werden. „Wolkenberg Kernling“ schreibt Schwarz fürs Foto schon einmal auf eines der Fässer.

Wiederkehrender Schritt: Prüfen

Die Röhrchen auf dem Tank zeigen an, dass der Gärprozess läuft, Foto: LEAG

Um zu sehen, wie der Weißburgunder nach dem Filtern in Flaschen abgefüllt wird, müsste ich so ab Februar wieder nach Meißen fahren. Dieses Abfüllen macht ein Lohnunternehmen für den Winzer. Drei bis vier Fülltermine gibt es im Jahr. 

Schwarz konzentriert sich auf die Arbeit im Weinberg und in der Kellerei. Dass er vor allem in der Kellerei voll selbst mitarbeitet, ist für ihn selbstverständlich. „Die Produktion von Wein ist eine so verantwortungsvolle und volle Konzentration verlangende Tätigkeit, da möchte ich unbedingt selber dabei sein“, erklärt er mir. Ein fest angestellter Kellermeister unterstützt ihn an drei Tagen in der Woche. Dazu kommen ein Auszubildender zum Winzer und zwei Helfer im Herbst. Gute Mitarbeiter seien teuer, aber es sei wichtig, Leute zu haben, die „wissen, was sie tun“.

Nach ein bis zwei Jahren: Genießen

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Schwarz produziert attraktive Weine, die ein Mostgewicht wie Auslese- und Spätleseweine erreichen und gute Preise erzielen.

Den Wein, dessen erste Bearbeitungsschritte ich in Meißen mitverfolgen konnte, könnte ich frühestens im Jahr 2019 (Weißwein) bzw. 2020 kaufen und genießen. Macht gar nichts – ich weiß, wo ich den 2017er bekommen kann: in Cottbus in der Vinothek „Weinfreundin“ in der Karl-Liebknecht-Straße 12 bzw. im Online-Shop der Wolkenberg GmbH und in ausgesuchten Geschäften im Land Brandenburg, wie zum Beispiel in Potsdam in der Lindenstraße 19 im Brandenburger Kultur- und Weinkontor.  

So sehen sie aus, die Wolkenberg-Weine, wenn man sie im Handel oder im Internet kaufen kann, Foto: Andreas Franke

Sind Sie neugierig geworden auf Wein vom Wolkenberg? Dann können Sie ihn nicht nur probieren, sondern auch einen Ausflug zum Wolkenberg unternehmen. Nach Voranmeldung bei Tina Muthmann, Telefon: 0172 2 70 94 73, können Sie für Gruppen ab sieben Personen Weinverkostungen buchen.

Mehr zum Thema Wein vom Wolkenberg erfahren Sie hier:

Edle Tropfen vom Tagebaurand – Weinlese am Tagebaurand

Weinlese
1/9 Die Weinlese auf dem Wolkenberg begann in diesem Jahr bereits Ende August, Foto: Andreas Franke
Stiele
2/9 Bleiben nach dem Entrappen übrig – die Stiele, Foto: LEAG
Trauben im Bottich
3/9 Fruchtfleisch, Traubenkerne, Schalen und Saft kommen nach dem Entrappen in die Presse, Foto: LEAG
Maische in der Hand
4/9 So sieht die Maische vor dem Pressen aus, Foto: Andreas Franke
Schwarz stampft Rotwein
5/9 Die Maische für den Rotwein wird nicht gepresst. Stattdessen wird sie dreimal täglich gestampft – für ein bis zwei Wochen, Foto: Andreas Franke
Fass wird beschriftet
6/9 Die Fässer – ob neu oder alt – müssen vorbereitet werden für den jungen Wein. Dazu gehört auch deren Beschriftung, Foto: LEAG
Holzfässer für den Rotwein
7/9 Der 2017er Cabernet Dorsa reift noch im Holzfass, Foto: Andreas Franke
Schwarz entnimmt Probe
8/9 Fast ein Jahr reift der Rote jetzt schon im Fass. Schwarz entnimmt eine Probe und prüft Farbe, Duft und Geschmack, Foto: Andreas Franke
Schwarz hört am Fass
9/9 Martin Schwarz kann am Fass hören, wie die Gärung abläuft, Foto: Andreas Franke

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Autor

Elvira Minack

Nachdem ich über 30 Jahre als Pressesprecherin und verantwortliche Redakteurin in Ostbrandenburg und in Franken gearbeitet habe, kam ich 2009 ins Unternehmen. Seit dem Herbst 2017 arbeite ich in der externen Kommunikation. 

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