Wir bilden aus! Das ist der Slogan, der in großen Buchstaben auf dem Lastkraftwagen steht, den hier alle nur als Azubi-Truck kennen. Das Gefährt gehört zu dem Ausbildungsprogramm der TSS, einer Tochtergesellschaft der LEAG, die ihren Sitz im Industriepark Schwarze Pumpe hat. Jedes Jahr lernen auf dem 460 PS starken Silofahrzeug angehende Berufskraftfahrer den Praxisalltag kennen, denn ob Wartung, Reinigung oder Fahraufträge: Die Auszubildenden kümmern sich von Beginn an selbst um alles.
Das bedeutet einen großen Vertrauensvorschuss, den die Azubis mit Beginn ihrer Ausbildung von Kfz-Handwerksmeister Heiko Meyer bekommen. Seit 20 Jahren ist er Ausbilder – elf davon hat er bei der TSS verbracht. Den Wechsel von seinem alten Arbeitgeber zu dem Full-Service-Logistikdienstleister nennt er einen Glücksfall. „Als Meister wollte ich mir etwas Eigenes aufbauen. Als ich im März 2008 von meinem Vorgänger die Berufsausbildung übernahm, ließ mir die Geschäftsleitung freie Hand beim Aufbau der Lehrausbildung“, erinnert sich Meyer, der die Ausbildung neben seinem eigentlichen Job als Leiter der Werkstatt händelt. Den Spagat, den er dabei zeitlich vollführen müsse, nehme er dafür aber gerne in Kauf.
Ausbilder Heiko Meyer (li.) nimmt sich täglich Zeit für die Auszubildenden, wie Lionel Schulze (hier rechts), Foto: Andreas Franke für LEAG
Mit viel Engagement dabei
Mit dem Azubi-Truck lernen die Berufskraftfahrer der nächsten Generation Selbstständigkeit und Verantwortung zu übernehmen, Foto: Andreas Franke für LEAG
Die Ausbildung junger Fachkräfte sei für Meyer ein persönliches Anliegen. „Als ich meine Meisterurkunde bekommen habe, sagten sie damals jedem von uns: Ihr seid die Zukunft - bitte bildet andere aus und gebt euer Wissen an die nächste Generation weiter. Diese Worte klingen mir noch heute in den Ohren. Ich habe das beherzigt.“ Meyer ist stolz Lehrausbilder zu sein, ob nun für die Kfz-Mechatroniker-Lehrlinge, die er seit 2018 wieder ausbildet oder alteingesessenen Berufe wie den Berufskraftfahrer. Sein Engagement geht über den Berufsalltag hinaus, wie er mir dann berichtet. „Neben der Arbeit bin ich Vorsitzender des IHK-Prüfungsausschusses für die Berufskraftfahrer. Alles ehrenamtlich“, setzt er nach. „Drei volle Tage beanspruchen die Prüfungen. Zum Glück hält mir der Betrieb da den Rücken frei. Gäbe es die Ehrenamtlichen nicht, könnten in unserem Kammerbezirk gar keine Prüfungen abgenommen werden!“
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Die Zusammenarbeit zwischen der Berufsschule, der IHK und der TSS sei hervorragend. Projekte wie das Video zur Ausbildungsinitiative „Steig ein!“ seien dadurch möglich geworden. „Die Berufskraftfahrer Lehrlinge haben diesen Film selbst auf die Beine gestellt: Kamera, Drehbuch und Besetzung. In drei Workshops wurden sie darauf vorbereitet und arbeiteten schließlich mit einem Babelsberger Filmunternehmen zwei Tage lang an der Umsetzung ihrer Idee.“ Beeindruckend!
Eigeninitiative gefragt
Allzeit gute Fahrt. Immer zu zweit geht es für die TSS-Auszubildenden auf Tour, Foto: Andreas Franke für LEAG
Meyer setzt auf Eigeninitiative. So auch bei der Idee einen LKW als reinen Azubi-Truck herzurichten. Mit Werbung und allem, was dazu gehört. Der Volvo habe seinen markanten Schriftzug erhalten und sei dann komplett der Ausbildung zur Verfügung gestellt worden. „Diesen Truck fahren nur Azubis“, sagt Meyer. „Sie sind für alles verantwortlich. Die Lehrlinge warten das Fahrzeug selbst, halten es in Schuss und reinigen es auch. Die meisten Azubis sind da wirklich akribisch!“ Außerdem sammelten die angehenden Berufskraftfahrer dadurch eine Menge praktische Erfahrung. „Mit dem Silofahrzeug fahren sie Braunkohlenstaub, Kalk, Asche – was eben so anfällt. Unsere Geschäftsfelder sind so vielseitig, dass die angehenden Berufskraftfahrer bestens auf alle Fahraufträge und Gerätetypen vorbereitet werden. Das Vertrauen, das wir ihnen dabei entgegenbringen, zahlt sich aus.“ Die Azubis durchlaufen verschiedene Bereiche, absolvieren Zusatzqualifikationen wie den Gefahrgutschein, den Ladekran- oder Gabelstaplerschein, bekommen sogar Unterstützung beim Führerschein der Klasse B, wenn sie diesen bei Antritt der Ausbildung noch nicht besitzen. „So schaffen wir Chancengleichheit“, sagt Meyer. „Wir fördern auch das vorzeitige Auslernen aktiv. Das ist gut für uns und für die jungen Leute. Wir brauchen die Fachkräfte nämlich dringend! Die Azubis, die bei uns erfolgreich auslernen, werden zu 100 Prozent übernommen. Die TSS bildet ausschließlich für den Eigenbedarf aus“, versichert mir der Ausbilder.
Erfahrung sammeln ist das A und O
In der Praxis Erfahrungen sammeln, das lernen Auszubildende wie Raffael Drusch bei der Arbeit mit dem Azubi-Truck, Foto: Andreas Franke für LEAG
„Die Lehrlinge sind unsere Aushängeschilder“, so Meyer. Wenn er an die Zukunft denkt, könnte er sich noch ein oder zwei Azubi-Trucks mehr vorstellen. „Der Nachwuchs ist da. Das Projekt wäre ausbaufähig. Immerhin können maximal zwei Azubis gleichzeitig den Truck nutzen. In jedem Lehrjahr haben wir durchschnittlich vier angehende Berufskraftfahrer, die sich zurzeit noch abwechseln müssen. Erfahrung ist das A und O: Learning by doing! Deshalb wäre es mein Traum, dass neben neuen Gedanken und Ideen, die die Zukunft bereithält, vielleicht auch der Azubi-Truck noch größer aufgezogen wird. Damit wir unsere Ausbildungsstandards noch weiter verbessern und noch attraktiver für potenzielle Lehrlinge werden können.“ Wie hoch die Standards bereits sind, zeigt sich in den kommenden Monaten, denn die TSS erhält dann das IHK-Siegel für exzellente Ausbildungsqualität. Ein Verdienst auf den sowohl Heiko Meyer als auch die Auszubildenden des Logistikdienstleisters zu Recht stolz sein dürfen.