Um kurz nach zwölf war es so weit: Der Tross aus Berlin rauschte nach einem Besuch in der Grubenwasser-Reinigungsanlage in Schwarze Pumpe ein. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) setzt ihren angekündigten Besuch bei den Betriebsräten Vattenfalls in der Lausitz um. Ihre Intention ist es, Ideen aus der Lausitz in ihren angedachten Klimaschutzplan einzubinden. „Ich komme bewusst jetzt in die Lausitz, bevor der politische Prozess zum Klimaschutzplan beginnt“, sagte Hendricks der Deutschen Presse-Agentur vor einem Treffen am Montag.
Auf der Pressekonferenz in Schwarze Pumpe betont Hendricks: „Wer glaubt, dass der Klimaschutz ein vorübergehendes Phänomen ist, liegt falsch, und das wissen die Kollegen hier auch.“ Einig waren sich die Gesprächspartner darüber, dass die Region bereits den Wandel kennt. „Was wir hier nach 1990 erlebt haben, war ein Strukturbruch wie man ihn kaum tiefer erfahren kann. Das darf sich auf keinen Fall wiederholen“, so Hendricks.
Es brauche neue, alternative Arbeitsplätze. Es müsse um ein Strukturentwicklungskonzept gehen, das gemeinsam erarbeitet werden muss. „Die Menschen in der Region haben ein Anrecht auf Verlässlichkeit, Perspektiven und eine Zukunft.“ Als Möglichkeiten für die industrielle Ansiedlung sieht Hendricks Speichertechnologien wie Power-to-Heat oder Power-to-Gas; aber auch die CCS-Technologie ist aus ihrer Sicht noch nicht begraben.
Hendricks will bis zum Sommer einen langfristigen Klimaschutzplan vorlegen. Er soll zeigen, wie ein klimafreundliches Deutschland bis 2050 aussehen kann.
Stellvertretend für die Belegschaft des Unternehmens in der Lausitz sprachen Rüdiger Siebers und Toralf Smith mit der Umweltministerin. Wir haben beide befragt, wie und warum es dazu kam und wie ihr Feedback ausfällt.
Wie kam es zu dem Gespräch?
Siebers: „Frau Hendricks äußerte sich nach dem Kompromiss zur Sicherheitsbereitschaft in zwei Interviews so, dass man das Gefühl hatte, sie würde den gerade mühsam erarbeiteten Kompromiss in Frage stellen.“
Smith: „Und da haben wir sie angeschrieben und eingeladen.
Siebers: Das hat dann von Juli bis jetzt gedauert.“
Welchen Eindruck haben Sie von Barbara Hendricks bekommen?
Im Wechsel tragen die Betriebsräte ihre Statements vor; hier Toralf Smith, Foto: LEAG
Smith: „Wir hatten den Eindruck, dass ein Teil der Botschaften angekommen ist. Wir haben drei Etappen festgelegt. Zum einen ging es uns um die Vermeidung von Strukturumbrüchen, zum anderen darum, dass aus heutiger Sicht noch kein Termin für den Kohleausstieg genannt werden kann, da wichtige Rahmenbedingungen wie Netzausbau und Speicher noch nicht vorhanden sind. Und der dritte Punkt ist, dass wir uns gegen die Bezeichnung Strukturwandel verwehren. Wir würden es sehr begrüßen, wenn es eine Strukturentwicklung gäbe. Wir wollen ein Energiestandort bleiben.“
Wie war die Atmosphäre?
Siebers: „Angenehm. Es waren sachliche Gespräche. Frau Hendricks kam sehr ehrlich rüber. Wir waren nicht immer einer Meinung. Sicherlich wird es sich in der Zukunft zeigen, wo die Fallstricke sind, wir haben ja weitere Gespräche vereinbart. Zunächst tauschen wir uns auf Arbeitsebene über Berthold Goeke, dem Ministerialdirigenten und Leiter der Unterabteilung KI I Klimaschutzpolitik aus. Und wir werden auch Frau Hendricks wieder treffen.“
Wo waren die Knackpunkte des Gespräches?
Smith: „Einer der Punkte an dem die Meinungen auseinandergingen war der, dass es derzeit absehbar ist, dass die Kohle vom Netz geht. Hendricks sagt es sei sicher; wir haben da noch ein Fragezeichen. Interessanterweise waren wir einer Meinung, was die CCS-Technologie betrifft. Allerdings hält Frau Hendricks die Technologie für die Energiepolitik in Deutschland nicht für unbedingt notwendig. Aber andere Industriezweige, wie die Stahl- oder Betonindustrie, könnten davon profitieren.“
Rüdiger Siebers im Interview mit dem TV-Sender rbb, Foto: LEAG
Siebers: „Die wichtigste Aussage für uns war, dass sie nicht mehr auf einem Kohleausstiegsgesetz beharrt. Sie unterstrich, dass sie dies auch nicht so gesagt habe. Hendricks sicherte uns zu, dass sie auch seitens des Bundes die Strukturentwicklung in der Lausitz unterstützen wird.“
Smith: „Zudem hat sie uns zugesichert, dass sie uns dahingehend unterstützen wird, dass diese Schwarz-Weiß-Haltung bezüglich der Kohleverstromung aufhört. Jede vierte Kilowattstunde in Deutschland kommt heute aus der Braunkohle. Es ist ganz offensichtlich in Vergessenheit geraten, welche Bedeutung der Energieträger Kohle bis heute für die Entwicklung unseres Landes und unseres Wohlstandes hat.
Unsere Leute sorgen dafür Tag und Nacht. Und viele von ihnen sitzen nicht in warmen Büros sondern stehen knietief in der Pampe; wie heute zum Beispiel. Und als Dank hören sie, dass sie die Klimakiller sind. Das geht so nicht. So geht man nicht mit Menschen um, die einen guten Job machen.“
Siebers: „Vielmehr war in einer Stunde nicht zu erreichen. Wir finden jetzt statt.“
Dieser Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog.