Familie Gabel unterhält in Lohsa einen Familienbetrieb der besonderen Art. Wo man bei Landwirtschaft vielleicht klassisch an Schafe oder Rinder denkt, finden sich hier echte Exoten. Denn die Gabels betreiben in der Lausitz eine Straußenfarm mit angeschlossenem Hofladen. Ein großes Gemeinschaftsprojekt wie uns Phillipp Gabel berichtet. Er unterstützt seine Eltern im Alltagsbetrieb – in seiner Freizeit, denn eigentlich ist Gabel Fahrzeugdisponent bei der TSS GmbH. Wie es ist, mit den größten Laufvögeln der Welt zu arbeiten, erfahren wir von ihm aus erster Hand.
Reichlich Platz und Auslauf für den einzelnen Strauß, so sehen artgerechte Stallungen für das Tierwohl aus, Foto: Andreas Franke für LEAG
An einem der Naturzäune aus Holz steht Philipp Gabel. Der Zaun reicht ihm bis zur Schulter, aber die Strauße auf der anderen Seite sind noch ein ganzes Stück größer. „Bis zu 2,8 Meter kann so ein Afrikanischer Strauß groß werden“, erklärt er. „Aber die Weibchen bleiben kleiner.“
Auf der Straußenfarm „An der Spree“ in Lohsa gehören Bilder wie diese zum Alltag. Als Enrico und Manuela Gabel – Philipps Eltern – 2005 beschlossen, ein Grundstück zu pachten und einen Hof zu errichten, konnte sich das noch niemand vorstellen. Jetzt nach 15 Jahren ist das Zusammenleben mit den Laufvögeln zur Normalität geworden. Auch wenn faszinierte Besucher der Farm Gabels immer wieder daran erinnern, dass diese Tiere etwas Besonderes sind.
Strauße sind die größten und schwersten Vögel der Welt.
Sie können zwar nicht fliegen, erreichen aber im Lauf Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 70 Kilometern pro Stunde, Foto: Andreas Franke für LEAG
Farm verbindet Landwirtschaft, Tourismus und Hofladen
Im Hofladen findet sich alles rund um den Strauß. Inklusive Osterdekoration der besonderen Art. Ein kunstvoll bearbeitetes Straußenei macht nicht nur was her, sondern füllt auch gleich das ganze Osternest aus, Foto: Familie Gabel (privat)
Etwa vier Hektar umfasst die Straußenfarm auf der augenblicklich rund 50 Tiere leben. Je nach Saison und Bruterfolg kann die Zahl variieren. Ein besonderer Publikumsmagnet sind die Küken aus eigener Zucht, die auf noch etwas wackligen Beinen handlicher daherkommen als ihre Eltern. „Angefangen hat alles mit zwei Hennen und einem Hahn“, erzählt Enrico Gabel.
„Keiner von uns stammte aus der Landwirtschaft, aber wir wollten etwas mit Tieren machen. Warum also nichts Exotisches? Unsere ersten Strauße kauften wir von einem Züchter in Polen.“ Dann sei alles schnell immer umfangreicher geworden. „Anfangs war es eher ein Hobby. Aber als der Tourismus in der Region zunahm, kamen immer mehr Anfragen. Die Nachfrage war groß und die Besuchertendenz bis heute steigend, auch für Produkte rund um den Strauß. Darauf haben wir uns eingestellt.“
Da braucht der Osterhase keine Angst vor zerbrochenen Ostereiern zu haben. Ein Straußenei lässt sich ohne Bohrer oder anderes Werkzeug nicht öffnen, Foto: Andreas Franke für LEAG
Neben Fleisch- und Wurstwaren können im Hofladen auch Federn und Produkte aus Straußenleder erworben werden. „Alles aus eigener Produktion und Verarbeitung. Unsere Tiere wachsen stressfrei auf und erhalten ganz natürliches Futter: ohne Hormone, Leistungssteigerer, Tiermehl oder Antibiotika.“ So kurz vor Ostern hätten Straußeneier natürlich gerade Hochsaison.
„Es sind die größten Eier weltweit und entsprechen ungefähr 20 Hühnereiern. Dekoriert oder als Lampen sind sie ein besonderes optisches Highlight. Wir gehen auch auf Kundenwünsche ein, wenn es machbar ist.
In einem kleinen Familienbetrieb kann man da zum Glück flexibel und individuell auf Ideen reagieren.“
"Strauße sind anpassungsfähige Vögel. Ihnen macht das europäische Klima nichts aus - nicht einmal im Winter", verrät Enrico Gabel, Foto: Andreas Franke für LEAG
Auch nachdem die Familie gemeinsam die Farm errichtet hat, geht die Arbeit nie aus. Philipp Gabel hilft wo er kann, Foto: Andreas Franke für LEAG
Ohne die Familie geht nichts
Um diesen Traum leben zu können, packt Familie Gabel zusammen an. Philipp Gabels Schwester Kim-Laura und auch Opa Wilfried sind mit von der Partie. Alle helfen, wo sie können. Als Fahrzeugdisponent bei der TSS koordiniert Philipp Gabel Silo LKWs. Nach seiner Ausbildung zum Berufskraftfahrer sattelte er 2015 zum Disponenten um.
„Ich fange früh an und bin spät zuhause. Trotzdem stecke ich jede freie Minute in die Hofarbeit. Schließlich ist das eine Herzensangelegenheit und man verbringt viel Zeit mit der Familie. Das gefällt mir daran.“
Ohne helfende Hände wäre diese Aufgabe auch gar nicht zu bewältigen. Philipp Gabel übernimmt dabei breit gefächert so gut wie jede Arbeit. „Die Ställe ausmisten, den Rasen mähen, die Tiere füttern. Das sind alles Dinge, die regelmäßig gemacht werden müssen. Außerdem fallen Bauarbeiten und Instandhaltungsmaßnahmen an den Gehegen an. Unsere Zäune sind aus Holz, die muss man ordentlich pflegen. Unsere Strauße sollen sich ja wohl fühlen. Und den Leuten wollen wir ein schönes Ambiente bieten, wenn sie uns besuchen kommen“, sagt er.
Situation wegen Corona schwierig aber nicht aussichtslos
Der Hofladen ist von April bis Oktober, Montag - Freitag 15.00 - 18.00 Uhr sowie Samstag und Sonntag 10.00 - 18.00 Uhr geöffnet, Foto: Familie Gabel (privat)
„Die Corona-Krise hat auch uns leider nicht verschont“, so Gabel. „Der Absatz ist eingebrochen, weil wir normaler Weise drei Gaststätten fest mit unseren Lebensmitteln beliefern. Die nehmen jetzt natürlich nichts mehr ab. Auch den Besucherverkehr auf der Farm mussten wir einstellen. Sonst kommen gerade um Ostern gerne Leute vorbei und nutzen unser kostenloses Besuchsangebot, um sich die Strauße anzusehen“, meint Gabel.
Aber ganz aussichtslos sei es nicht. „Wenigstens bleibt unser Hofladen weiter geöffnet, da wir ja Lebensmittel verkaufen. Zwar ist es gerade schwer zu planen, weil wir mit der Zucht eigentlich einen konstanten Vorlauf von anderthalb Jahren haben und man jetzt nicht weiß, wie man es richtigmacht, aber ich hoffe, dass wir das auch noch meistern.“
Aber Familie Gabel sieht auch diese neue Herausforderung so, wie es schon immer getan hat mit der Straußenfarm in Lohsa: als ein großes Abenteuer, das man gemeinsam besteht.
Foto: Andreas Franke für LEAG