13.05.2016

Während viele freudig in das verlängerte Pfingstwochenende starten, blickt man bei den Lausitzer Bergleuten dieser Tage in besorgte Gesichter. Der Grund dafür nennt sich selbst „Ende Gelände“.

Das Protestbündnis, das bereits im vergangenen Jahr eine großangelegte Besetzungsaktion im rheinländischen Tagebau Garzweiler durchführte, hat sich unter dem Motto „Kohle stoppen. Klima schützen.“ über Pfingsten im Lausitzer Braunkohlerevier angekündigt. Das Ziel formulieren die Organisatoren so: „Mit vielen hundert Menschen werden wir in einer Massenaktion zivilen Ungehorsams den Braunkohle-Abbau in der Lausitz lahmlegen. […] Auch wenn unsere Aktionen nicht legal sein mögen – legitim sind sie allemal.“

Schilder kennzeichnen das Unternehmensgelände, Foto: LEAG

Sätze wie dieser erklären die angespannte Stimmung unter den Bergleuten und Kraftwerkern. Im Aufruf zur Protestaktion ist von Besetzungen und Blockaden im Zusammenhang mit Tagebauen und Großgeräten, Kohlebahngleisen und anderen technischen Infrastrukturen die Rede. Doch die Kollegen vor Ort wissen, wie gefährlich solche Aktionen sind.

Nicht umsonst warnen an den Grenzen zum Betriebsgelände entsprechende Schilder vor dem Betreten. Wer diese Grenzen unbefugt übertritt, bringt nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch andere – Mitprotestierende, Unternehmensmitarbeiter und ihre Kollegen aus den hiesigen Servicefirmen.  

Werden die Gefahren von „Ende Gelände“ ignoriert?

Dem Anschein nach ist es so. Zumindest werden die Gefahren massiv unterschätzt, wenn hunderten, potenziellen Teilnehmern der Eindruck vermittelt wird, widerrechtliche Aktionen auf dem Betriebsgelände wären nicht nur legitim, sondern könnten kontrolliert und ohne Gefährdung für sie selbst und andere ablaufen.

In einer von „Ende Gelände“ bereitgestellten „Rechtshilfebroschüre“ zur Aktion heißt es beispielsweise: „Schilder, die das Betreten verbieten, oder Zäune können auch einfach weg sein wenn die Polizei kommt – und wer das war, lässt sich dann (hoffentlich) nicht mehr klären.“ Aussagen wie diese verstärken den Eindruck, dass Übertretungen von Regeln, Gesetzen und Sicherheitsvorschriften heruntergespielt, von Beginn an einkalkuliert und bewusst in Kauf genommen werden.

Das Unternehmen hat die Organisatoren von „Ende Gelände“ und des parallel vom 9. bis 16. Mai 2016 stattfindenden Lausitzer Klimacamps vorab noch einmal eindeutig darauf hingewiesen, dass das Betreten des Betriebsgeländes durch Betriebsfremde aus Sicherheitsgründen untersagt ist und rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Zudem wurde ein Infoblatt übergeben, das auf die Risiken und Gefahren durch das unbefugte Betreten von Tagebauen, Förder- und Bahnanlagen sowie dem Kraftwerksgelände hinweist.

Das Unternehmen hat dringend an die Teilnehmer von „Ende Gelände“ und Lausitzer Klimacamp appelliert, dass bei allem Widerstreit der Meinungen zur Braunkohle die Sicherheit aller Beteiligten höchste Priorität haben muss.  

Wird die Polizei eingeschaltet?

Lausitzrunde ruft gegen Gewalt auf, Foto: LEAG

Vattenfall wird bei Verletzung seiner Rechte und bei Begehung von Straftaten die Polizei darüber in Kenntnis setzen. Die Polizei wird dann nach eigenem Ermessen im Rahmen der rechtlich vorhandenen Möglichkeiten handeln. Sollte die Polizei das Unternehmenl auffordern, geländegängige Fahrzeuge zum Einfahren in den Tagebau zur Verfügung zu stellen, wird dieser Aufforderung nachgekommen. In der Vergangenheit hat die Nutzung von Unternehmensfahrzeugen durch die Polizei gelegentlich zu der Fehlinterpretation geführt, die Polizisten würden „im Auftrag“ des Unternehmens handeln. Vielmehr entscheidet die Polizei, welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Doch ist nachvollziehbar, dass sie erforderliche Spezialfahrzeuge nicht in Größenordnungen vorhalten kann, sondern bei Bedarf die des Unternehmens anfordert. Im Übrigen wird die Polizei vor dem Hintergrund der erwähnten Sicherheitsbestimmungen auf dem Betriebsgelände dieses auch nur in Begleitung von Mitarbeitern betreten, um sich selbst und andere nicht zu gefährden.  

Wie sieht es mit juristischen Konsequenzen aus?

Da bereits ausdrücklich auf die Gefahren widerrechtlicher Protestaktionen hingewiesen wurde, wird Vattenfall auch die rechtsstaatlichen Mittel nutzen, um solche Situationen künftig zu vermeiden. Kommt es im Fall einer Besetzung beispielsweise zu strafrechtlichen Delikten wie Hausfriedensbruch, Nötigung und Eingriff in die Infrastruktur wird das Unternehmen diese Fälle konsequent anzeigen und die Strafverfolgung einleiten. Sollten Schäden entstehen, die eindeutig durch die Besetzung hervorgerufen worden sind, wird es Schadensersatzklagen geben. Auch Unterlassungsklagen mit Ordnungsgeldern von bis zu 250.000 Euro bei Nichteinhaltung sind möglich.

Verweigert sich das Unternehmen dem kritischen Diskurs?

Die Region ruft zu friedlicher Demonstration auf, Foto: LEAG

Vattenfall hat bei vielen Gelegenheiten gezeigt, dass es auch für einen kontroversen Dialog zur Verfügung steht, solange dieser konstruktiv geführt wird. Diese Offenheit muss aber dort enden, wo gegen geltendes Recht verstoßen, der zuverlässige Betrieb mutwillig gestört und Menschen in gefährliche Situationen gebracht werden. Das deutsche Gesetz bietet vielfältige Möglichkeiten, seinen Protest auch auf legalem Wege zum Ausdruck zu bringen.

Dass es über die Braunkohlenutzung und ihre Dauer widerstreitende Meinungen gibt, ist nicht neu. Dass mitunter intensiv darüber diskutiert wird, ebenfalls nicht – und schon gar nicht in der Lausitz, die seit über 100 Jahren mit der Braunkohle lebt.

Auch die Region hat im Vorfeld von „Ende Gelände“ ein klares Signal gesetzt, dass sie die Debatte um die Braunkohle nicht scheut, dass sie aber selbst darüber entscheiden möchte, wie diese vor der eigenen Haustür geführt wird – nämlich friedlich, demokratisch und frei von Gewalt. Dafür haben Ende April diesen Jahres 20 Landräte und Bürgermeister einen Aufruf „Für Recht und Respekt in der Lausitz“ unterzeichnet.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog

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Autor

Ariane Geisler

Ich bin ein Lausitzer Gewächs: hier geboren, gehegt und gepflegt. Dann fürs Studium der Fachrichtung Medien vorübergehend "umgetopft". Beruflich habe ich in der Unternehmenskommunikation Wurzeln geschlagen. Mein Habitat bei der LEAG: Die externe Kommunikation im Print- und Digitalbereich. Was mir dabei am besten gefällt: Die Vielfalt der Menschen, Themen und Geschichten. Reichlich Nährboden für Einblicke, Schulterblicke, Seitenblicke.

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