Andor Nürnberg

Fische haben mich schon als Kind fasziniert und ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Deshalb wurde ich Fischwirtschaftsmeister und gründete 1995 meine kleine Firma, die Fischzucht Jänschwalde GmbH. Wir haben uns auf die Zucht von Peitzer Spiegelkarpfen spezialisiert. 

Die Karpfenzucht hat im brandenburgischen Peitz eine jahrhundertelange Tradition. Die rund 1.000 Hektar Wasserfläche südlich von Peitz wurden bereits Mitte des 16. Jahrhunderts angelegt und sind noch heute das größte zusammenhängende Teichgebiet Deutschlands. Seit 20 Jahren wird die Saison mit den Peitzer Karpfenwochen zelebriert. Höhepunkt ist das Tradtionelle Abfischen am diesem Wochenende. 

Doch bis die Karpfen eine angemessene Größe erreicht haben und  „geerntet“ werden, wie es im Fachjargon heißt, dauert es im Teichgebiet in der Regel bis zu drei Jahr. Als Warmblütler brauchen sie mindestens 20 Grad Celsius warmes Wasser um wachsen zu können. Ab dem Herbst ist es in Teichen in der freien Natur nicht mehr warm genug und die Fische fallen in eine Ruhephase, die sogenannte Winterstarre.

Anders bei den Karpfen unter den Kühltürmen des Kraftwerks Jänschwalde: Hier ticken die Uhren schneller. „Grund dafür sind die warmen Temperaturen in den Zuchtbecken, die in den Kühlwasserkreislauf des Kraftwerks eingebunden sind. Bei ganzjährig warmen 20 Grad Celsius und mehr ist eine Winterstarre nicht mehr notwendig“ erklärt Andor Nürnberg, Geschäftsführer der Fischzucht Jänschwalde GmbH. So kommt es, dass die hier in 40 Zuchtbecken aufwachsenden Karpfen bereits nach eineinhalb bis zwei Jahren groß genug sind und „geerntet“ werden.

Sicher unter den Kühltürmen

Abfischen in Jänschwalde, Foto: LEAG

Die Zucht unter den Kühltürmen hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen schützen sie die Karpfen vor ihren natürlichen Feinden, den Reihern und Kormoranen. Die Fischfresser sind eher scheu und fühlen sich auf dem Kraftwerksgelände nicht wohl. So können die Karpfen ungestört wachsen, bis sie für die Vögel als Beute zu groß sind und nach einem Jahr in die Peitzer Teiche ausgesetzt werden. Hier verleben sie den Sommer bis sie im Herbst die richtige Größe zum Abfischen erreicht haben. Zum anderen wird im Kraftwerk ganz besonders reines Kühlwasser benötigt. „Das kommt auch den Karpfen zugute. Während Fische aus Naturteichen schnell mal einen Beigeschmack haben, zeichnen sich die hier aufgewachsenen Karpfen durch ihren besonders reinen Fischgeschmack aus“, freut sich Andor Nürnberg über die Qualität seiner Fische.

Kulinarische Spezialität 

Wer die Peitzer Spezialität probieren möchte, hat aktuell eine gute Gelegenheit. Im Rahmen der Karpfen Wochen bieten viele Restaurants der Region Karpfengerichte auf ihren Karten an. Highlight ist am Wochenende des 26. Oktobers das tradtitionelle Abfischen. Alles Infos finden sie auf der Website des Amts Peitz

Von Anfang an dabei

Die Fischzucht am Kraftwerk Jänschwalde gibt es seit Inbetriebnahme der Anlage Anfang der 1980er Jahre. Zunächst wurden im staatlichen Forschungsauftrag Zierfische wie Skalare und Sumatra-Barsche gezüchtet und hauptsächlich an Kunden in West-Berlin geliefert. Das brachte damals Devisen ein. Mitte der 1990er Jahre wurde mit der Gründung der Fischzucht Jänschwalde GmbH auf die kommerzielle Karpfenzucht umgestellt. Weiterhin werden kleine Mengen Forellen, Aale, Welse und Störe gezüchtet – insgesamt jährlich rund 100 Tonnen Fisch.

Karpfen und Co.: Die Teichwirtschaft in der Lausitz: Wenn Sie mehr erfahren wollen, legen wir Ihnen das gleichnamige Buch unseres Wasserexperten Ingolf Arnold und seiner Mitautoren Ute Baumgarten und Dietrich Kunkel ans Herz. 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog am 29.06.2016 und wurde anlässlich des Abfischens zum 26. und 27.10.2019 aktualisiert.
 

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Einige unserer Beiträge sind von Autoren verfasst worden, die nicht zu unseren Stammteam gehören. Danke für diese tolle Zusammenarbeit.

Im Einzelnen sind dies:

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Bianca Aurich: Filmkulisse Tagebau; Findlingspark Nochten - Besuchermagnet zu Ostern
Monika Krüger: Peitzer Karpen: Ein Leben lang Sommer
Ralf Krüger: Ein Leben zwischen Bergbau und Kulturbetrieb; Lausitzer Kirchentag: Weg in die Zukunft
Alisa Dorin Schmidt: Architekturpreis für eine bewegte Landschaftsarchitektin
Silvia Teich: Artenvielfalt auf der Tagebau-Kippe

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