09.04.2020

Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Mittel und Wege. In einem großen Industrieunternehmen wie der LEAG mit 7.700 Mitarbeitern können sie sehr unterschiedlich sein. Aber egal, ob unter besonderen Bedingungen im Tagebau oder Kraftwerk oder mobil von zu Hause aus – jeder hält auf seine Weise Stellung gegen Corona. Das gemeinsame Ziel, mit dafür zu sorgen, dass Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland stabil und sicher bleiben, schweißt die Kollegen zusammen. 

Daniel Bartig ist einer von rund 7700 Mitarbeitern bei der LEAG, die im Einsatz sind. Foto: LEAG

Nachtschicht im Kraftwerk Schwarze Pumpe. Daniel Bartig, Maschinist in der Ver- und Entsorgung, macht seine erste Kontrollrunde in dieser Nacht. Heute ist er eingeteilt für die Überprüfung des Kohlebunkers, der Kohleaufbereitung und der Kohlebandanlage, die das Kraftwerk kontinuierlich mit Brennstoff versorgt. Seine Aufgabe: Mögliche Risikoquellen durch Überladung, Reibung oder Erhitzung rechtzeitig zu erkennen und nötigenfalls einzugreifen. Deswegen gehört ein Laser-Temperaturmessgerät zu seiner Ausrüstung standardmäßig dazu.

Flexibilität gefragt

Daniel Bartig gehört mit seinen 25 Jahren zu den Jungfacharbeitern im Unternehmen. Er hat 2017 bei der LEAG als Industriemechaniker ausgelernt, war dann als Maschinist im KraftwerkJänschwalde und ist nun in Schwarze Pumpe eingesetzt. Das Kraftwerk ist anders, deshalb muss Daniel Bartig die Anlagenprüfung noch einmal ablegen. Die Bekohlung, die Kalksteinversorgung und die Gipsentsorgung hat er schon absolviert, die Qualifizierung für die Entaschung läuft gerade, danach ist er in allen Bereichen flexibel einsetzbar.

Mit Abstand sicherer

Daniel Bartigs Tätigkeit gehört zu den systemrelevanten Berufen. Darum darf er täglich von Döbbrick nach Schwarze Pumpe zur Arbeit fahren. Bergbau und Stromerzeugung lassen sich schließlich nicht von zu Hause aus absichern. Allzu große Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie gebe es bislang nicht, erzählt er: „Klar, wir geben uns jetzt nicht mehr die Hand, wir bekommen Desinfektionstücher und Desinfektionsmittel und eine ganze Reihe Verhaltensregeln. Aber es ist nicht so, dass wir uns jetzt gar nicht mehr sehen dürfen. Wir halten eben Abstand.

Das Kraftwerk Schwarze Pumpe nachts, Foto: LEAG

Abschotten gegen das Corona-Virus

Die Desinfektion der Hände gehört nicht nur im Kraftwerk Schwarze Pumpe inzwischen zum Alltag, Foto: LEAG

Noch gilt das Kraftwerk Schwarze Pumpe als von Corona frei, und das soll möglichst so bleiben. Deswegen darf derzeit niemand ins Kraftwerk, der dort nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Drei Schichten mit etwa 20 Kollegen am Tag. Alle acht Stunden wechselt man sich ab, außer am Wochenende, da sind die Kraftwerker auch Zwölfstundenschichten gewohnt. Wenn der Ernstfall eintritt, wenn also in einer Schichtbesatzung eine Corona-Infektion auftreten sollte und die Kollegen dann mit in die Quarantäne müssen, wird die Zwölfstundenschicht zur Regel. Dann könnte auch Daniel Bartig zu den zwei verbleibenden Schichtbesatzungen gehören, die für unbestimmte Zeit im Kraftwerk bleiben müssen. Komplette Abschottung gegen das Eindringen des Virus von außen, damit die Produktion von Strom und Wärme für die Menschen draußen aufrechterhalten werden kann.

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Auf gepackten Koffern #wirsindfüreuchda

Carepakete sind mit dem notwendigsten für das Schichtpersonal gepackt worden, Foto: LEAG

Weil er sich darauf einrichten muss, sitzt er seit einiger Zeit auf gepackten Koffern. Zumindest auf einer Tasche mit dem Nötigsten: „Für sieben Tage Unterwäsche, Socken, Arbeitskleidung, Waschzeug, persönlicher Bedarf, was man so braucht“, zählt er auf. „Es soll zwar auch Notpakete vom Unternehmen geben für diesen Fall, aber uns wurde trotzdem empfohlen, einen Notfallkoffer zu packen. Das ist vielleicht für manchen auch angenehmer, die eigene Zahnbürste und den eigenen Rasierapparat zu haben.“

Der Gedanke, im Notfall für eine Zeit im Kraftwerk bleiben und sich eine Notunterkunft mit mehreren Kollegen teilen zu müssen, ist für Daniel Bartig nicht problematisch. „Das macht mir nichts aus. Ich denke, ich komme gut damit klar.“ Und er wisse ja auch, wofür er das dann mache: Weil es wichtig ist, dass hier Strom produziert wird. Gerade, wenn sie zu Hause sind, lernen die Leute den Strom auch wieder zu schätzen. Wenn da jetzt kein Fernseher und keine Mikrowelle gehen würden, da würde wahrscheinlich das Chaos ausbrechen…“

Der Laptop ist für viele bei der LEAG die Voraussetzung für das mobile Arbeiten von Zuhause, Foto: LEAG

LEAG-IT-Netz hält Homeoffice aus

Vom Strom für die Telekommunikation ganz zu schweigen. Gerade in diesen Tagen arbeiten viele Menschen und auch LEAG-Mitarbeiter mobil von zu Hause aus. Sie tragen ihren Teil dazu bei, dass die Energieproduktion stabil und sicher bleibt, und dass auch über Corona hinaus. Bis zu 900 Kollegen gleichzeitig greifen in Spitzenzeiten von außen mit mobilen Endgeräten auf das interne Unternehmensnetz zu, bestätigt Jens Bartholomäus, Leiter des LEAG-IT-Bereiches. „Unser Netz hält das noch aus“, sagt er. „Aber dafür mussten wir auch etwas tun. Die Netzwerkkapazitäten waren zu erweitern. Und wir haben Mitarbeiter noch zusätzlich mit Notebooks ausgestattet.“ In einigen Fällen, wo sehr große Datenmengen zu verarbeiten sind, hat es die IT außerdem möglich gemacht, dass Mitarbeiter mit ihrem PC samt Bildschirm an den Arbeitsplatz zu Hause umgezogen sind.

Zeit für besondere Aufgaben: Wahrend der Revision eines Kraftwerk wie hier in Boxberg gilt es, die Abläufe genau zu planen. Foto: LEAG

Wegen Corona viele Revisionen verschoben

Zu denen, die jetzt mobil von daheim arbeiten, gehört auch Gerd Hoffmann. Der 48-jährige Kraftwerksingenieur und Anlagentechniker arbeitet im Bereich Technischer Service Kraftwerke. Dort wird alles von der kurzfristigen Reparatur bis zur großen Revision geplant, für welche die LEAG wiederum mit zahlreichen externen Servicefirmen zusammenarbeitet. Wegen der Corona-Krise sind zwar die meisten von den für das 1. Halbjahr 2020 geplanten Revisionen ins 2. Halbjahr geschoben worden, Vorbereitungen, Planungen und Absprachen laufen aber trotzdem. Und natürlich muss man auch auf ungeplant notwendige Reparaturen vorbereitet sein.

Homeoffice und Kinderbetreuung koordinieren

Gerd Hoffmann beim mobilen Arbeiten zu Hause, Foto: LEAG

Damit sind Gerd Hoffmann und seine Kollegen gut beschäftigt, auch wenn die Arbeit unter Corona-Vorsorge-Bedingungen ungewöhnliche Umstände mit sich bringt. Gerd Hoffmann wechselt sich mit seinem Kollegen ab, mit dem er sonst das Büro teilt. An zwei oder drei Tagen in der Woche arbeitet er von zu Hause, an den anderen ist er im Büro. Auch mit seiner Frau, die ebenfalls in einem systemwichtigen Job arbeitet, wechselt er sich ab – in der Kinderbetreuung. Denn der Nachwuchs – 6, 12 und 14 Jahre alt – darf derzeit nicht in Kita oder Schule. „Es ist gar nicht so leicht, zu Hause zu arbeiten, wenn drei Kinder neben einem stehen“, sagt Gerd Hoffmann. „Und irgendwann muss man sie ja auch mal mit rausnehmen, damit sie sich austoben können. Sonst kriegen wir hier alle noch einen Koller.“ Aber wenn die Kinder erst einmal beschäftigt sind, dann kann es sogar ganz produktiv sein, zu Hause zu arbeiten, hat er festgestellt: „Manche Sachen, wo man ein bisschen Grips und Ruhe braucht, die laufen hier besser.“

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In der Corona-Pandemie Grenzen überwinden

LEAG Braunkohleveredelung

Hier in Schwarze Pumpe produziert die Veredlung der LEAG ihre Produkte. Während in Polen das Geschäft weiter gut läuft, ist in Deutschland ein Rücklauf zu verzeichnen, Foto: LEAG

Auch Piotr Chrzesciewski vom Vertrieb des LEAG-Veredlungsbetriebs teilt sich sonst mit einem Kollegen ein Büro am Standort Industriepark Schwarze Pumpe. Seit mehr als zwei Wochen haben die beiden sich nicht mehr gesehen. Piotr Chrzeciewski arbeitet zu Hause, und zu Hause, das ist in seinem Fall Nowa Sol in Polen. „Ich habe eine Wohnung in Deutschland, wo ich sonst wochentags bin. Nur an den Wochenenden komme ich nach Hause zu meiner Familie. Und da war ich gerade, als Polen die verschärften Grenzkontrollen wegen Corona einführte“, berichtet er. Damit gehörte er zu den 26 LEAG-Mitarbeitern mit polnischer Nationalität und Wohnort in Polen, die sich entscheiden mussten, ob sie das Risiko einer Rückkehr nach Deutschland und einer 14-tägigen Quarantäne bei Wiedereinreise nach Polen in Kauf nehmen wollten oder nicht.

Sicherheitsunterweisung am Telefon

Piotr Chrzeciewski hat in Abstimmung mit dem Unternehmen entschieden, zu Hause zu bleiben und dort seine Arbeit fortzusetzen. „Das funktioniert auch ganz gut“, schätzt er ein. „Bis jetzt ist bei unseren polnischen Industrie-Kunden noch kein Abnahmerückgang zu merken. Im Gegenteil. Es gibt sogar einen Kunden, der jetzt ganz schnell eine neue Anlage eröffnen möchte und Braunkohlenstaub braucht.“ Kundenbetreuung und auch die notwendige Sicherheitsunterweisung im Umgang mit Veredlungsprodukten aus Schwarze Pumpe erfolgen derzeit allerdings per Laptop und Telefon, denn Dienstreisen und persönliche Kontakte sind nicht möglich.

Versorgungssicherheit trotz Corona

Die Einschränkungen, die mit den Corona-Vorsorgemaßnahmen und vor allem der Kontaktsperre verbunden sind, werden voraussichtlich noch Wochen anhalten. Ihre Arbeit leisten viele LEAG-Mitarbeiter trotzdem ohne Einschränkungen – egal an welchem Arbeitsort. Damit Licht und Computer anbleiben in Deutschland, sich jeder zu Hause auf warmes Wasser verlassen kann und die Wirtschaftsbetriebe, die noch produzieren, das auch mit zuverlässiger Energieversorgung können. 

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Autor

Thoralf Schirmer

Nachdem ich 20 Jahre als Lokaljournalist in der Lausitz gearbeitet habe, kam ich 2011 als Pressesprecher ins Unternehmen. Seitdem begleite ich alle Themen aus der Region zusammen mit meinem Team.

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