Mitte November 2017 war der Regisseur Andreas Dresen mit seiner Crew für eine Woche im LEAG-Tagebau Nochten für einen neuen Spielfilm über den Baggerfahrer, Sänger und Poeten Gerhard Gundermann. Seitenblick hat ihn dort nach seinen Vorstellungen und Eindrücken gefragt.
In dem Lied „Auf der Straße nach Norden“ formuliert Gundermann „und ich frag mich, was ich bin, was ich war, in der Suppe das Salz oder das Haar“. Was war Gerhard Gundermann für Sie?
Gundi war, denke ich, beides. Vor allem aber war er für manchen ein Störfaktor. Er war sehr unbequem, hatte viele Fragen und wenn ihm etwas nicht gepasst hat, hat er das gesagt. Aber wenn es solche Leute nicht gibt, die Sand im Getriebe sind, kommt nichts voran.
Sie haben vor Jahren einmal gesagt, dass es Filme mit Ostthemen sehr schwer haben im gesamten Deutschland Zuschauer zu finden. Jetzt machen Sie doch wieder einen. Warum?
Die 90er Jahre waren für diese Filme schwierig. Das Publikum tat sich offensichtlich schwer, wenn nicht das einfache Klischee Opfer-Täter, Schwarz-Weiß bedient wurde. Ich habe dann aufgehört. Heute denke ich, es braucht eine eigene Haltung gegen den Westblick. Und wenn wir, die wir dabei waren, die Geschichten nicht erzählen, wer macht es dann? Es ist noch nicht alles auserzählt. Und falls es nicht funktionieren sollte, so haben wir es doch wenigstens gemacht.
Aber unabhängig davon – es ist auch ein Musikfilm und ein Liebesfilm.
Die Macher von Gundermann: In der Bildmitte Andreas Dresen und Hauptdarsteller Alexander Scheer, Foto: Pandora Film
Sie sind nicht zum ersten Mal ein einem Lausitzer Tagebau. Was war jetzt anders, da Sie wussten „hier hat Gundi auf seinem Bagger gesessen“?
Das macht schon etwas mit einem. Ich stand in diesem Tagebau vor den Riesengeräten und dachte, ‚was für eine große Herausforderung muss das gewesen sein, morgens nach einem Konzert zur Frühschicht zu fahren oder nach der Nachtschicht auf Tour zu gehen‘. Das lehrt einem eine gewisse Demut.
Unabhängig davon beeindruckt mich das Archaische. Die Erde wird praktisch aufgegraben. Wenn man zu Hause den Stecker in die Steckdose steckt, sieht man das alles nicht – die vielen Menschen, die hier jeden Tag hart arbeiten.
Dreharbeiten in einem aktiven Tagebau, das ist eine Woche Ausnahmezustand. Wie sind Sie aufgenommen worden bei uns?
Ich finde es sensationell, was hier alles für uns möglich gemacht wurde. Alle Kollegen waren nett und aufgeschlossen und mit Freude dabei. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Schon in den ersten vorbereitenden Gesprächen habe ich gemerkt, die kennen Gundermann hier, die haben Lust, dabei zu sein, wenn wir über einen von ihnen drehen.
Was genau haben Sie in Nochten gedreht?
Es ging hier um die 70er Jahre, als er angefangen hat, als Baggerfahrer im Tagebau zu arbeiten. Wir haben unter anderem hier die Liebeszene gedreht – Gundi hat ja fast sieben Jahre um seine Conny gekämpft – und den harten, schneereichen Winter 1978/79.
Andreas Dresen während der Dreharbeiten mit Anna Unterberger und Alexander Scheer im Schnee, Foto: Peter Hartwig, Pandora Film
Sie haben die Idee für diesen Film schon fast neun Jahre mit sich herumgetragen. Was war das Schwierigste auf dem Weg zum Start?
Am längsten hat es gedauert, gemeinsam mit meiner Drehbauchautorin Laila Stieler eine adäquate Erzählweise zu finden. Es sind unzählige Fassungen entstanden. Der Film sollte eine Modernität haben. Er sollte nicht nur eine eingeschworene Gundermann-Gemeinde ansprechen. Auch junge Leute sollen Gundermann für sich entdecken können.
Und ist Ihnen das gelungen?
Ich hoffe es, aber das müssen vor allem die Zuschauer beurteilen. Nach dem Kinostart werden wir es wissen.
Am 23. August ist deutschlandweiter Kinostart. Sind Sie aufgeregt?
Na klar! Darauf haben wir über so viele Jahr hingearbeitet und ich bin wahnsinnig gespannt, wie der Film den Menschen gefällt und ob sie ihn sehen wollen.
Wir drücken Ihnen und Ihrem Team die Daumen.
P.S. Am 13. August hatte Gundermann eine erfolgreiche Deutschlandpremiere in Essen. Zudem gab es Vorpremieren, teilweise mit Konzerten deutschlandweit. Meist waren die Veranstaltungen im Handumdrehen ausverkauft - so wie in Hoyerswerda, Jena, Leipzig, Potsdam und Berlin. Und die, die den Film gesehen haben, waren begeistert, wie hier in Senftenberg.
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