Marc Blaha ist Unternehmensentwickler bei LEAG und beschäftigt sich mit den unternehmenseigenen Photovoltaikanlagen. Auf neue Ideen von jungen Gründern stößt die LEAG als Partner des Leipziger SpinLabs, Foto: Andreas Franke
Innovative Technologien, die in der Energielandschaft von morgen Anwendung finden, sollen LEAG einen Weg in die Zukunft weisen. Um diese zu finden, schaut LEAG über den eigenen Tellerrand. Vor allem aus der Gründerszene verspricht sich das Unternehmen neue Impulse. Dabei profitieren auch die Gründer von der Erfahrung und dem Knowhow eines großen Energieunternehmens. Über ein Jahr lang begleitete LEAG das Startup DENKweit, deren Technik nun bei LEAG zum Einsatz gekommen ist.
Die Sonne sorgt an diesem Juni-Vormittag für reichlich Strom auf dem Welzower Flugplatz. Darüber freut sich vor allem Marc Blaha. Er arbeitet als Projektleiter im Bereich Unternehmensentwicklung bei LEAG und hat maßgeblich an der Planung und Realisierung des Solarparks Welzow III der LEAG mitgewirkt. Der Solarpark ging im vergangenen Jahr in Kooperation mit dem Projektplaner und Entwickler juwi AG an den Start und ist die dritte und neueste Photovoltaikanlage von juwi am Standort Welzow. Mit seinen mehr als 14.000 Modulen kann der 10-MW-Solarpark rein rechnerisch etwa 3.000 Haushalte jährlich mit Strom versorgen.
Lagebesprechung am Solarpark Welzow III: Marc Blaha (L.) trifft Absprachen zur Prüfung mit Dr. Dominik Lausch und Dr. Kai Kaufmann vom Gründerteam des Startup-Unternehmens DENKweit, Foto: Andreas Franke
Komplexe Technologie versteckt in einem Scheibenabzieher
Mittels dieses Schiebers lässt sich der Zustand des Solarpaneels genau berechnen, Foto: Andreas Franke
Dr. Dominik Lausch und Dr. Kai Kaufmann vom Gründerteam des Startup-Unternehmens DENKweit führen an diesem Tag Messungen an den Solarpaneelen durch. Ihre Firma hat sich auf die Qualitäts- und Funktionsüberprüfung von Photovoltaikanlagen und deren Solarmodulen spezialisiert.
Das junge Unternehmen entwickelte eine Technologie zum Messen und Abbilden von Stromflüssen in Solarmodulen. Richtung und Stärke der Ströme werden mit Hilfe eines Zeilensensors ermittelt, wobei die gewonnenen Daten Auskunft über Defekte in den Modulen geben. Ein geschickt programmierter Algorithmus lässt Rückschlüsse auf die Qualität der Module zu. Eher unscheinbar wirkt das kleine orangefarbene Gerät, das Ähnlichkeit hat mit einem Scheibenabzieher, wie man ihn in einer Dusche benutzen würde. Dahinter steckt aber hochkomplexe Technologie. Dominik Lausch, CEO der 2018 gegründeten DENKweit GmbH, versucht die Methode möglichst einfach zu erklären. „Die Bedienung ist simpel, man muss lediglich über das Modul streichen. Ein Aufschrauben der Anlage ist nicht notwendig“, sagt er. „Dann entsteht eine Art Röntgenbild für Stromflüsse. Physikalisch machen wir uns einen quantenmechanischen Effekt zunutze. Wo Strom fließt, entsteht ein Magnetfeld und dieses lässt sich erfassen“, erläutert Dominik Lausch das Funktionsprinzip.
Hier in Leipzig in den Räumen vom SpinLab treffen Unternehmen und Startups zusammen, Foto: SpinLab Leipzig
LEAG unterstützt Startups auf weiterem Weg
Zusätzlich zu ihrem Kerngeschäft sucht LEAG neue Ansätze und Innovationen für bestehende und mögliche weitere Geschäftsfelder. Dafür kooperiere das Unternehmen mit dem SpinLab und erhalte Zugang zu mehr als 300 Startups pro Jahr, welche schon über eine konkrete Vorstellung, das passende Team und eventuell einen Prototyp verfügen, erzählt Marc Blaha. Als Unternehmensentwickler nehmen er und sein Team Gründer mit ihren Konzepten genau unter die Lupe.
Beim sogenannten SpinLab in Leipzig, einer ausgelagerten Innovationsabteilung der Leipziger Handelshochschule, erhalten Startups Förderungen und professionelle Beratung am eigenen Geschäftsmodell. LEAG unterstützt hier als Partner im Themenfeld Energie weitere Zusammenarbeiten und künftige Pilotprojekte. Über das SpinLab entstand auch der Kontakt zu DENKweit mit Sitz in Halle an der Saale.
„Wir waren von den Möglichkeiten der DENKweit-Erfindung schnell überzeugt und wollten sehen, über welche Qualität unser Solarpark verfügt“, begründet Marc Blaha die Kooperation. So erhielt das Startup den Auftrag, stichprobenartige Qualitätskontrollen im Photovoltaikpark in Welzow durchzuführen.
Der 10-MW-Solarpark Welzow III ist der dritte und neuste Solarpark am Standort des Flugplatzes Welzow. Er ist über zwei Wechselrichterstationen über das Umspannwerk Bahnsdorf an das Netz der Mitnetz angeschlossen und speist mit seinen fast 14.000 Modulen der Firma AstroEnergy jährlich etwa 10,5 Millionen Kilowattstunden ein, Foto: Andreas Franke
Konkurrenzlose Technik in der Photovoltaik-Branche
Für DENKweit bedeuten die Messungen einen Praxistest, um an seiner Technologie weitere Verbesserungspotenziale zu erkennen. Momentan befinde sich die Technik noch in der Pilotphase, erläutert Geschäftsführer Dominik Lausch den aktuellen Stand.
Für die LEAG als auch für DENKweit sind die Messungen im Solarpark Welzow III ein Praxistest. Hier zeigen sich weitere Verbesserungspotenziale, sowohl für die Messtechnik als auch für den Einsatz der Solarpaneele, Foto: Andreas Franke
Auf die Nische und damit auf die Gründung eines Startups sei er eher spontan aufmerksam geworden. „In der Branche sind vor allem die Lötverbindungen in den Photovoltaikmodulen ein bekanntes Problem. Häufig stellen sie einen Schwachpunkt dar. Wir haben nach einer Lösung dafür gesucht, dabei die Magnetfelder als Teil der Lösung erkannt und im Ergebnis den Zeilensensor entwickelt“, sagt er.
Das Fraunhofer Institut ist Technologiehalter dieser Entwicklung. In einem Schnellprogramm erfolgte die Vorbereitung der angehenden Gründer auf den Markt. Ihre Ideen wurden auf Herz und Nieren geprüft, um festzustellen, wie vielversprechend und ausbaufähig die Technologie ist. Derzeit gilt DENKweit mit seiner Technik als konkurrenzlos. Ein großer Vorteil gegenüber anderen Verfahren besteht in der Vor-Ort-Messung. Es bedarf außerdem keiner Öffnung von Anlagenteilen.
„Bisher waren Qualitätskontrollen an Solarmodulen aufwendig, weshalb viele Betreiber nur unregelmäßig Überprüfungen durchführen oder erst reagieren, wenn bereits ein Leistungsverlust bemerkt wird. Dann ist es eigentlich zu spät“, erklärt der CEO des Startups.
Die Gründer des Jungunternehmens DENKweit, Dr. Dominik Lausch und Dr. Kai Kaufmann, demonstrieren, wie mit Hilfe des von ihnen entwickelten Zeilensensors Stromflüsse bildlich dargestellt werden, Foto: Andreas Franke
Zweites Geschäftsfeld sind Batterieprüfungen
Die DENKweit GmbH ist ein vor zwei Jahren gegründetes Unternehmen. Neben Dr. Dominik Lausch gehören Dr. Kai Kaufmann und Markus Patzold zum Gründertrio des jungen Startups. Nach dem Studium der Physik promovierte Dominik Lausch und leitete ein Team am Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle. Am Fraunhofer Institut entstand auch sein Gedanke, etwas Eigenes zu machen. „Ich wollte selbst etwas vorantreiben und gestalten“, sagt er über seine Intention, eine eigene Firma zu gründen. Derzeit umfasst das DENKweit-Team 15 Mitarbeiter. „Und alles Technologen. Das zeigt den hohen wissenschaftlichen Ansatz“, sagt Lausch. Zum zweiten Geschäftsfeld der Fraunhofer-Ausgründung gehören Batterien, denn auch sie können auf ihre Leistungsfähigkeit untersucht werden, beispielsweise während des Ladevorganges. Interessant ist der Ansatz insbesondere für den Automotive-Bereich. Zunehmende E-Mobilität bedeutet auch mehr Module, die auf Defekte hin kontrolliert werden können. Auch hier leistet die Entwicklung von DENKweit Hilfestellung, denn normalerweise braucht es den Ausbau des kompletten Moduls und die Analyse im Labor, um den Verdacht auf eine Fehlfunktion in den Batteriezellen abzuklären.
Die Qualität der Solarmodule ist ausschlaggebend für den Gewinn. Weil das auch für Batteriezellen gilt, kann die Technologie von DENKweit auch im Automotivebereich zum Einsatz kommen.
Robuste Module von hoher Qualität
Das Fazit der Messungen im LEAG-Solarfeld von Dominik Lausch und seinem Geschäftspartner lautet: „Die Module hier sind sehr robust und arbeiten wirklich gut“. Trotz vereinzelter Schleierwolken am Himmel erbringt die Anlage am Tag der Überprüfung nahezu volle Leistung.
Obwohl große Flächen oder gar ganze Parks mit Hilfe des Verfahrens noch nicht überprüft werden können, ist die Technologie revolutionär. Der Praxisdurchlauf hat aber auch gezeigt: Es müssten zusätzliche Algorithmen generiert werden, um Störfaktoren, wie etwa den Schattenwurf des Messgeräts, aus dem Messergebnis herauszurechnen, meint Dominik Lausch. „Maschinenlernende Algorithmen spielen eine wichtige Rolle bei bildgebenden Verfahren“, erklärt der 37-jährige Physiker. „Für die Auswertung ist künstliche Intelligenz gut geeignet, da Bilder durch ihre Komplexität und Dynamik eine hohe Rechenleistung erfordern.“ DENKweit-Mitbegründer Kai Kaufmann weiß: „So etwas ist vor den 2000er-Jahren noch gar nicht möglich gewesen, weil die entsprechende Reichenleistung nirgendwo zur Verfügung stand.“
Die Entwicklung geht weiter
Für die Zukunft nimmt sich das Team von DENKweit die Etablierung im gehobenen Mittelstand vor. Ziele seien eine nachhaltige Firmenführung und weiteres Wachstum, berichtet Dominik Lausch. „Tatsächlich gibt es schon Ideen für weitere Entwicklungen, etwa im Bereich der Leistungselektronik“, verrät er. Was die Zukunft für Technologie und Gesellschaft angeht, gibt sich der Geschäftsführer ebenfalls optimistisch. „Als Menschheit geht es uns heute so gut wie nie zuvor“, sagt er. „Warum sollte sich das ändern? Wir entwickeln uns schließlich immer weiter.“