Familienbegleiterin in schweren Zeiten

08.02.2019

Doreen Krüger, Controllerin im Tagebau Welzow-Süd, hat vor etwa einem Jahr den Entschluss gefasst, sich für Kinder einzusetzen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. „Mir geht es gut. Aber es gibt viele Menschen, denen es nicht so gut geht“, erklärt sie mir ihren Schritt kurz und knapp. In ihrer Freizeit engagiert sie sich schon seit Längerem, arbeitet zum Beispiel als ehrenamtliche Richterin am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und war Betriebsrätin bei der LEAG.

Es war Zufall, dass ihr genau zu dieser Zeit eine Anzeige des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.  Südbrandenburg auffiel, in der ehrenamtliche Familienbegleiter für den ambulanten Kinderhospizdienst gesucht wurden. Die Cottbuserin ging zum Infoabend des Vereins. Danach war sie sicher, dass sie sich dieser Aufgabe stellen und helfen will. Dass sie sich dafür ein halbes Jahr lang in ihrer Freizeit schulen lassen müsste, schreckte sie nicht ab.

Zuhören, reden, schweigen, anpacken

Die Aufgaben von Familienbegleiterinnen sind vielfältig. Sie betreuen das erkrankte Kind, wenn die Eltern mal Zeit für sich brauchen, um Kraft zu tanken. Sie unternehmen etwas mit den Geschwisterkindern, haben ein offenes Ohr für die Eltern und übernehmen auch Behördengänge für sie. Zuhören, reden, schweigen, anpacken und da sein.

Manja Bieder, die Johanniter-Koordinatorin (rechts im Bild), bespricht mit Doreen Krüger das nächste Gruppentreffen, Foto: LEAG 

Am kommenden Samstag wird Doreen Krüger ihr Befähigungs-Zertifikat als ehrenamtliche Familienbegleiterin für den Kinderhospizdienst erhalten. Die intensive Ausbildung in Cottbus sei sehr wichtig für sie gewesen. Sie habe gelernt, wie man mit Sterbenden kommuniziert, welche Sterbephasen es gibt und wie sich zuvor intakte Familiensysteme durch die Diagnose verändern. Zur Ausbildung gehörte auch, sich abgrenzen und für das eigene Wohl sorgen zu können. Dazu hätte sie reichlich Rüstzeug und eine gewisse Sicherheit mit auf den Weg bekommen. All das hilft ihr heute auch in der Arbeit mit denjenigen, die bei einem Todesfall zurückbleiben.

Trauernde Kinder und Jugendliche begleiten

Der Gruppenraum ist liebevoll eingerichtet. Auch ein Engel passt auf die Kinder auf, Foto: LEAG

Neben der großen Aufgabe der Kinderhospizarbeit haben die Cottbuser Johanniter weitere Hilfsangebote initiiert. Eines davon ist Lacrima – die Träne – die Begleitung von trauernden Kindern und Jugendlichen, die Geschwister oder einen Elternteil verloren haben. Zweimal im Monat bietet Lacrima unter anderem Gruppentreffen für diese Kinder an. Elf sind es im Moment, die dann von 16:30 bis 18 Uhr in die Geschäftsstelle in den Cottbuser Werner-Seelenbinder-Ring kommen. Die Trauerbegleiterinnen reden, basteln, malen, singen und spielen mit ihnen. Möchte ein Kind alleine sein oder alleine mit einem Erwachsenen reden, ist auch das möglich. Einmal im Jahr steht ein Ausflug auf dem Programm.

Gegenwärtig konzentriert Doreen Krüger ihre Zeit ganz und gar auf die Arbeit für Lacrima. Das Projekt ist für sie zu einer Herzensangelegenheit geworden: „Als ich zehn Jahre alt war, habe ich meinen Vater verloren. Ich hätte mir gewünscht, dass es damals solche Hilfsangebote gegeben hätte.“ Aufgrund ihres eigenen Erlebens könne sie gut nachempfinden, wie die Kinder sich fühlen. Sie würden die Welt ganz anders sehen als Erwachsene und seien ungeheuer dankbar. Oft könne man schon mit kleinen Dingen ein Lächeln auf ihr Gesicht zurückzaubern. Kleine Schritte, die auch Doreen Krüger bei ihrer Arbeit stärken und ermutigen.

Kinder, die mal allein sein möchten,können sich in den Ruheraum zurückziehen, Foto:LEAG

Weniger den Kopf, mehr den Bauch einschalten

Diese Behälter haben die Kinder gebastelt. Sie können darin zum Beispiel kleine Schätze aufbewahren, Foto: LEAG

Selbstverständlich hat sie sich auch für die Lacrima-Arbeit weitergebildet und ein Zertifikat erworben. Dennoch habe sie, bevor sie zum ersten Mal in der Gruppe war, gedacht: „Ich kann das nicht.“ Als Controller habe sie eben mehr mit Zahlen, Daten und Fakten zu tun. Da sei eher der Kopf gefragt, versucht sie sich diesen Zweifel zu erklären. Sie gibt zu, dass sie vor dem ersten Gruppentreffen aufgeregt und unsicher war, was sie erwarten würde.

Unbegründet übrigens, denn die Kinder sind ohne Berührungsängste auf sie zugegangen. Johanniter-Koordinatorin Manja Bieder bescheinigt ihr, einen guten Draht zu den Kindern zu haben. „Sie kann sich gut hineinfühlen in Kinder. Und dass ihr der Kopf manchmal noch im Weg ist, ist normal“, ergänzt die Koordinatorin.      

Die Arbeit mit den Kindern bereichere ihr Leben, sagt Doreen Krüger. „Es ist ein Geben und Nehmen und ich lerne auch von den Kindern. Dafür bin ich dankbar.“

 

Wenn Sie mehr über die Arbeit des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes wissen möchten, schauen Sie bitte hier:

www.johanniter.de/einrichtungen/hospize/ambulanter-kinderhospizdienst

www.johanniter.de/dienstleistungen/betreuung/trauerbegleitung-von-kindern-und-jugendlichen-lacrima/lacrima-in-suedbrandenburg/

 

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Autor

Elvira Minack

Nachdem ich über 30 Jahre als Pressesprecherin und verantwortliche Redakteurin in Ostbrandenburg und in Franken gearbeitet habe, kam ich 2009 ins Unternehmen. Seit dem Herbst 2017 arbeite ich in der externen Kommunikation. 

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