18.09.2020

Sommer 2020: Zu geringe Niederschläge und wochenlanges Niedrigwasser der Spree lenken den Blick vieler auf den Cottbuser Ostsee. Für ihn gibt es bereits im zweiten Sommer in Folge kein Flutungswasser aus der Spree. Doch der See füllt sich nach Plan, denn der Plan sieht viele Szenarien vor. Auch Trockenzeiten sind einkalkuliert. Verantwortlich für die Flutung des Cottbuser Ostsees ist bei LEAG die Leiterin Geotechnik, Franziska Uhlig-May. Mit ihr sprechen wir über die Frage, ob dem Cottbuser Ostsee das Wasser ausgeht.

Franziska Uhlig-May steht Rede und Antwort zu den Planungen rund um den Cottbuser Ostsee, Foto: LEAG

Frau Uhlig-May, schon heute ist der Ostsee ein beliebtes Ausflugsziel von Einheimischen und Touristen in der Lausitz. Zuschauen, wie der See sich füllt – darauf beschränken sich bislang die Möglichkeiten. Viele haben aber mittlerweile auch Bedenken, ab wann und ob der See überhaupt voll touristisch genutzt werden kann. Liegt die Flutung noch im Plan?

Die Flutung des Cottbuser Ostsees liegt weiterhin im Plan. Natürlich wirkt sich der aktuell niedrige Wasserstand in der Spree auf das Flutungsmanagement für den Ostsee aus. Das länderübergreifende Bewirtschaftungskonzept für die Spree legt ja eine Rangfolge der Wassernutzung fest. Dabei stehen die Trinkwasserversorgung, der Spreewald, die Binnenfischerei, die erforderlichen Füllstände der Talsperren und vieles andere grundsätzlich vor der Flutung von Tagebauseen. Deshalb können wir seit Ende März nicht mehr fluten. Erst wenn es in der Region um Bautzen, also im Einzugsgebiet der Spree, viel regnet und der Wasserbedarf der eben genannten höherrangigen Nutzer gedeckt werden kann, wird die Flutung wieder möglich sein. Aber mit dem Eintreten solcher Trockenzeiten haben wir gerechnet. Dem Flutungsplan liegen verschiedene Wettersituationen mit unterschiedlichen Niederschlagsmengen für einen Vorhersagezeitraum von 2003 bis 2102 zugrunde. Diese basieren auf langfristigen Wasserbewirtschaftungsmodellen, die die komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen innerhalb des Einzugsgebietes der Spree abbilden können. Mit diesen Werkzeugen betreiben übrigens auch die Wasserbehörden ihre Bewirtschaftungsplanungen.

Der Cottbuser Ostsee soll einmal der größte künstlich angelegte See Deutschlands werden, Foto: LEAG

Wurde bei den Berechnungen bereits der Klimawandel mit höheren Durchschnittstemperaturen und längeren Trockenzeiten einkalkuliert?

In unseren Szenarien und Bewirtschaftungskonzepten haben wir Temperaturerhöhungen als Folge des Klimawandels mitbetrachtet. Daraus resultierten dann optimistische und pessimistische Szenarien – also Flutungszeiträume zwischen vier Jahren im optimistischen und sechs Jahren im pessimistischen Fall. Aktuell bewegen wir uns im mittleren bis trockenen Szenario. Das heißt also, der See wäre bis in die Mitte der 2020er Jahre geflutet.

Jede Woche wird der Füllstand des Cottbuser Ostsees auf der Website kommuniziert, Grafik: LEAG

Mit höheren Temperaturen steigt auch die Verdunstungsrate. Könnte es passieren, dass der Wasserspiegel in Zukunft stark sinkt, wenn kein Wasser eingeleitet werden kann?

In diesem Jahr ist trotz Flutungsstopp bislang kein Rückgang des Wasserspiegels eingetreten. Das hat mehrere Gründe: Zum einen füllen wir den See eben nicht ausschließlich mit Spreewasser, sondern nur zu ca. 80 Prozent. Das heißt die restlichen 20 Prozent sind Grundwasser. Das ist zum einen Grundwasser mit guter Qualität, was wir in den zukünftigen Uferbereichen des Sees über Filterbrunnen fördern, um nach wie vor die Standsicherheit der Böschungen des ehemaligen Tagebaus aufrechtzuerhalten. Nur so verhindern wir ein zu schnelles Ansteigen des Grundwassers an den Seerändern, was zur Instabilität der Böschungen führen würde. Dieses Wasser nutzen wir zur Flutung des Sees. Es wird also wieder eingeleitet. Zudem steigt Grundwasser nach dem Ende der Kohleförderung mit dem Abschalten der Pumpen automatisch wieder an und füllt ebenfalls den See.

Dennoch wäre auch ein Rückgang des Wasserspiegels während einer Flutungsunterbrechung nicht ausgeschlossen. Ein Teil des Seewassers versickert während der Flutung in der Innenkippe des ehemaligen Tagebaus, dem Seeboden, und füllt dort die trockenen Porenräume wieder auf. Das ist Bestandteil der Flutung genauso wie Rutschungsereignisse auf der Kippenseite des Sees deren Wasserverdrängung in der Folge zu einem Wasseranstieg im See beiträgt.

+ 62,5 Meter NHN plus/minus 0,5 Meter soll der Wasserstand des künftigen Sees betragen, Foto: LEAG

Aber was ist nach dem Ende der Flutung, wenn der See gefüllt ist und die Sommer weiterhin heiß und trocken sind? Könnte der Wasserspiegel dann stark zurückgehen?

Der Seewasserstand wird selbstverständlich wie bei allen natürlichen Gewässern witterungsbedingt schwanken. Hier ist wichtig zu wissen, dass der Cottbuser Ostsee geografisch im Baruther Urstromtal unterhalb des Lausitzer Grenzwalls liegt. Somit fließt dem Gefälle entsprechend das Grundwasser vom Grenzwall auf seinem Weg Richtung Spreewald auch dem Cottbuser Ostsee zu. Ist der See geflutet, reicht der Zufluss aus seinem eigenen Einzugsgebiet also aus, um einen Wasserstand um + 62,5 Meter NHN plus/minus 0,5 Meter ohne zusätzliche Wasserein­leitungen zu halten. Dieser Grundwasser-Zufluss genauso wie Niederschläge werden nach unseren Berechnungen dazu beitragen, die Verdunstung im jährlichen Mittel auszugleichen.

In den Planungen wurden auch Szenarien untersucht, die u.a. erhöhte Verdunstungsverluste und zusätzlich Perioden ausbleibender Niederschläge berücksichtigen. Ein Absinken des Wasserspiegels um mehrere Meter ist auch dann nicht zu erwarten.

Was lässt sich zur Wasserqualität sagen? Leidet diese bereits unter dem ausbleibenden Spreezufluss?

Wir überprüfen die Wasserbeschaffenheit mit regelmäßigen Messungen, die uns zeigen, dass die mit Spreewasser gefluteten Seebereiche aktuell mit pH-Werten zwischen 7 und 7,3 und sehr geringen Eisengehalten von kleiner 2 Milligramm pro Liter voll in der Beschaffenheitsprognose liegen. Aus Süden und Südwesten strömt dem See Grundwasser mit guter Beschaffenheit zu. Zudem begünstigen im Vergleich zu anderen Tagebauseen kalkreichere Abraumsubstrate im Tagebau Cottbus-Nord die Wasserbeschaffenheit im künftigen See. Auch Fische, Wasservögel und an­dere Tiere werden sich somit im und am Wasser wohl fühlen.

Besteht für die Spree durch das Ostsee-Projekt die Gefahr einer erhöhten Sulfatbelastung?

Detaillierte Gutachten belegen, dass sowohl die Flutung des Cottbuser Ostsees als auch die spätere Ausleitung von Seewasser nicht zu einer Erhöhung des Sulfatgehaltes der Spree führen. Die in die Spree eingeleiteten Sulfatfrachten werden sogar rückläufig sein. Mit der schrittweisen Einstellung der Grundwasserhebung wird der Anteil der Sulfatfracht aus dem ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord zurückgehen und erst mit dem Beginn der Wasserausleitung aus dem Cottbuser See wieder geringfügig ansteigen. Im Planfeststellungsbeschluss für die Flutung des Cottbuser Ostsees ist festgelegt, wieviel Sulfat aus dem See ausgeleitet werden darf.

Cottbuser Ostsee: Karte mit Eckdaten und Parkmöglichkeiten

Der Cottbuser Ostsee im Überblick, Grafik: LEAG

Aber führt das aktuelle Niedrigwasser in der Spree zu höheren Sulfatwerten? Es fließt ja derzeit zum überwiegenden Teil Bergbauwasser darin.  

Die Bewirtschaftung des Spreegebietes hinsichtlich des Richtwertes für Sulfat ist am Pegel Spremberg-Wilhelmsthal aufgrund der aktuellen Niedrigwassersituation der Spree durch die AG Flussgebietsbewirtschaftung der Wasserbehörden der Länder Brandenburg und Sachsen bis zum Jahresende erst einmal ausgesetzt worden, um das Wasser vorrangig zur Sicherung der notwendigen Mengenabflüsse verwenden zu können.

Am Spree-Pegel Neubrück darf nach dem im April letzten Jahres durch das Land Brandenburg erlassenen Bewirtschaftungserlass für Sulfat der Richtwertwert von 280 Milligramm pro Liter an 328 Tagen im Jahr nicht überschritten werden. Das konnte in den Sommermonaten eingehalten werden, obwohl der Anteil von Tagebauwasser in der Spree vor allem in dieser trockenen Zeit höher war als in den Wintermonaten. Somit lässt sich keine direkte Schlussfolgerung ziehen, wonach das durch den aktiven Bergbau und den Altbergbau der LMBV in die Spree eingeleitete Tagebauwasser ursächlich für erhöhte Sulfatkonzentrationen unterhalb des Spreewalds ist. 

In manchen Mineralwassern ist der Anteil an Sulfat um einiges höher als der für Trinkwasser angesetzte Grenzwert von 250 Milligramm pro Liter, Foto: LEAG

Ist das Sulfat in der Spree eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung in Berlin und Frankfurt an der Oder?

Um die Funktion der Spree als Trinkwasserressource zu erhalten, betreiben wir als LEAG gemeinsam mit der LMBV ein aufwändiges Wassermanagement nach Wassermenge und -güte. Mit den betreffenden Wasserversorgern und den Wasserbehörden arbeiten wir eng zusammen.

Man muss aber wissen, dass Sulfat weder giftig ist, noch zählt es zu den wassergefährdenden Stoffen. Deshalb gibt es auch für Oberflächen- und Grundwasser gemäß der EU- Wasserrahmenrichtlinie keinen Grenzwert. Für das Trinkwasser hingegen existiert ein Grenzwert von 250 Milligramm pro Liter, während in Mineralwässern und Heilwässern Sulfatkonzentratio­nen von 1.000 Milligramm pro Liter und mehr anzutreffen sind. Letztlich bleibt auch festzustellen, dass trotz des Sulfateintrags auf die Wassereinleitung des Bergbaus für die nahe Zukunft nicht verzichtet werden kann. Nur mit dem eingeleiteten Bergbauwasser kann überhaupt derzeit eine aus­reichende Wasserführung und damit eine ökologische und nutzenorientierte Bewirtschaftung der Spree bis nach Berlin gewährleistet werden.

Mehr zum Projekt Cottbuser Ostsee

Alle Informationen zum Cottbuser Ostsee finden Sie bei uns unter www.leag.de

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Autor

Kathi Gerstner

Direkt nach meinem Studium der Kulturwissenschaften hatte ich die Möglichkeit, in vielen Bereichen der Kommunikation unseres Energieunternehmens tätig zu sein. Seit mehr als zehn Jahren gehöre ich zum Team der Pressesprecher. Dort bin ich Ansprechpartnerin für die Medien zu allen Themen der LEAG-Geschäftswelt.