Was passiert beim WAAM?
Ronny Sembol ist für das Baugruppenengineering der Tagebaugeräte und Schienenfahrzeuge zuständig und gleichzeitig Projektleiter, Foto: LEAG
„Die Additive Fertigung nutzt das Prinzip des Lichtbogenschweißens, um schichtweise komplexe Bauteile aufzubauen. Im Prinzip funktioniert das wie bei einem 3D-Drucker. Entlang einer beliebigen Kontur schmilzt der Schweißroboter einen Metalldraht.
Durch Bewegung wird so schichtenweise in langen Raupen bis auf einen Millimeter genau Material aufgetragen. Um die Qualität im Bauteil sicherzustellen, wird nach jeder Schicht die Temperatur überwacht und das Werkstück kann bei Bedarf abkühlen, bevor der nächste Materialauftrag erfolgt. So entsteht dann Schicht für Schicht ein endkonturnahes Werkstück“, erklärt Sembol.
„Ist das Bauteil fertig, muss es noch in die Zerspanung zur Endbearbeitung. Das passiert auch hier vor Ort. Je nach Größe dauert es insgesamt etwa drei Tage, bis wir das fertige Produkt in der Hand halten.“
Hier ist deutlich der Schichtenaufbau des aufgetragenen Metalls zu erkennen, Foto: LEAG
Welche Vorteile hat dieses Verfahren?
„Schnelligkeit ist in der heutigen Marktsituation ein entscheidender Vorteil. Es gibt Bauteile, die eine sehr lange Lieferzeit haben, weil sie eben hochwertig oder sogar Einzelanfertigungen sind. Stehen die Maschinen zum Beispiel aufgrund eines Lieferengpasses still, zählt jeder Tag!
Oftmals geringe Lagerkapazitäten und hohe Lagerhaltungs- sowie Kapitalbindungskosten halten die Betriebe davon ab, sich Ersatzteile einfach auf Vorrat hinzulegen.
Marko Matschke arbeitet sich in die Bedienung des Schweißroboters bei dem neuen Verfahren ein, Foto: LEAG
Hier setzen wir an. Einzelfertigungen, Kleinserien, Reparaturteile – alles kein Problem und kurzfristig verfügbar. Bei komplexen Teilen und kleinen Stückzahlen ist das Verfahren wirtschaftlich vergleichbar mit den konservativen Fertigungsverfahren im Maschinenbau – nur eben viel schneller in der Bereitstellung der Ersatzteile.
Und auch bei den Dimensionen sind uns kaum Grenzen gesetzt. Im Gegensatz zu anderen Verfahren haben wir nämlich den Vorteil, dass wir beim WAAM keine Umhausungen oder Pulverbettdimensionen benötigen, die die Bauteilgröße beschränken“, sagt Sembol. „Machbar ist eigentlich jede Bauteilgeometrie, solange sie aus einem schweißbaren Metall bestehen soll. Auch unterschiedliche Materialkombinationen mit verschleißfesten Materialien sind innerhalb eines Bauteils machbar. Die Werkstücke erfüllen alle Qualitätsanforderungen vergleichbarer Stahl- und Maschinenbauteile und ebenfalls für statisch-relevante Belastungen geeignet. Außerdem verziehen sie sich nicht und haben kaum Eigenspannungen, was sie qualitativ nachweislich sehr hochwertig macht und ihre Praxistauglichkeit zeigt.“
Die Prozessüberwachung erfolgt digital, Foto: LEAG
Welche Rolle hat hierbei die BTU Cottbus-Senftenberg?
„Die BTU hat in unserem Auftrag zu Beginn der Pilotphase erst einmal Tests zur technischen Machbarkeit durchgeführt.
Da wir hohe Qualitätsansprüche haben, war auch die Qualität der entstehenden Werkstücke für uns sehr wichtig. Probestücke wurden hergestellt und untersucht, bis schließlich klar war, dass es funktioniert“, schildert Sembol den Werdegang.
„Dann haben wir den Schritt übernommen, unseren Schweißroboter auf das neue Verfahren umzurüsten. Mit einer neuen Schweißstromquelle und der Software der BTU konnten wir dann an den Start gehen. Die Kooperation läuft weiter.
Auch nach der Testphase studieren die Spezialisten des Lehrstuhls Schweiß- und Fügetechnik die Parameter vor Ort weiter, wie etwa die Zusammensetzung und entstehenden Temperaturen, um abschließend den Erfolg des Projekts zu gewährleisten.“
Das Lausitzer Kompetenzzentrum für Instandhaltung, ein wichtiger Entwicklungsfaktor für den Industriestandort Schwarze Pumpe, Foto: LEAG
Wie könnte es einmal weitergehen?
„Wir wollen ein Full-Service-Angebot im Instandhaltungsbereich schaffen, das unseren Kunden komplett zur Verfügung steht. Ausbau, Diagnose, Reparaturdruck und Einbau. Von A – Z und die Additive Fertigung wird ein entscheidender Teil davon sein.
Zum Beispiel konnten wir unsere Leistung schon bei einem beauftragten Fertigungsteil einer Kegelbrechanlage für einen Steinbruch unter Beweis stellen. Die Aussichten für weitere Partnerschaften und Kooperationen sind ausgezeichnet“, ist sich Sembol sicher.