15.05.2015
Gunnar Lange
Gunnar Langner

Nach meinem Maschinenbau-Studium an der TU Dresden bin ich 2004 über ein Traineeprogramm bei Vattenfall eingestiegen. Schon nach kurzer Zeit konnte ich Standorte im Ausland kennen lernen und habe an verschiedenen Innovationsprojekten mitgewirkt, darunter an der weltweit ersten CCS-Pilotanlage nach dem Oxyfuelverfahren in Schwarze Pumpe sowie der Ertüchtigung des Steinkohlekraftwerks Hamburg Wedel. Seit 2012 bin ich als Leiter des TBK-Projektes in Jänschwalde für Vattenfall tätig. 

Im Kraftwerk Jänschwalde wird ein Kessel ausschließlich mit Trockenbraunkohlenstaub-Brennern gezündet. Das spart Zeit beim Hochfahren, aber auch Ressourcen und Emissionen.

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„Achtung! Brennerlanzen fahren selbsttätig ein und aus“ steht auf dem Messingschild, das an einer Absperrung hängt. Gemeint sind neuartige Brenner auf Basis von Trockenbraunkohlenstaub, jeder mit einer  stattlichen Wärmeleistung von 30 Megawatt. Und die fahren halt bisweilen ihre Lanzen ein und aus, ganz automatisch je nach Bedarf. Auf zwei Ebenen sind insgesamt acht dieser Brenner angeordnet. Man kann sich das vorstellen wie die Zündkerzen im Auto. Nur eben alles etwas größer.

Heißer Arbeitsplatz

Wir befinden uns im Kesselhaus des Blocks F im Braunkohlenkraftwerk Jänschwalde. Es ist warm und laut, es riecht eher nach Metall als nach Kohle. Hier fühlt sich Gunnar Langner wohl. Der Maschinenbauingenieur ist Projektleiter dieser Anlage, bei der im November 2014 erstmals die Zünd- und Stützfeuerung von Öl auf Trockenbraunkohle umgestellt wurde. „Im Gegensatz zu einem Ölbrenner sind diese Brenner regelbar, wir können die Mindestlast deutlich absenken und den Block viel schneller wieder hochfahren“, sagt Langner. Der Ingenieur bringt die Sache gern auf den Punkt. Er ist stolz auf dieses Projekt. Deshalb zeigt er es auch gern Besuchern. Demnächst auch seinem 9-jährigen Sohn. „Man muss die Kinder schon frühzeitig mit Technik und Naturwissenschaft vertraut machen“, so der Vater von drei Kindern, der mit seiner Familie in Schwarzheide wohnt – und immerhin noch 30 Jahre zu arbeiten hat.  

40 Meter-Silo für den Edel-Brennstoff

Silo der TBK-Anlage in Jänschwalde, Foto: Ralf Krüger

Schon von außen ist der Unterschied nicht zu übersehen. Denn neben dem Kesselhaus steht ein glänzendes und eingehaustes Silo. Es ist 40 Meter hoch und hat ein Fassungsvermögen von 650 Tonnen. Der Braunkohlenstaub, der hier zwischengelagert wird, stammt aus Lausitzer Tagebauen. Dort hatte die Kohle freilich noch einen Wassergehalt von teilweise mehr als 50 Prozent. Die im Veredlungsbetrieb in Schwarze Pumpe aufbereitete Trockenbraunkohlenstaub hat nur noch 10 Prozent Wassergehalt und wird zu besonders feinem Staub gemahlen. „Durch diese spezielle Aufbereitung zündet er hervorragend“, so Langner. 

Stationen des Staubs

Angeliefert wird der wertvolle Staub in speziellen LKWs. Über eine Rohrleitung wird das Material ins Innere des Silos gepumpt. Die feste Ummantelung verhindert, dass der Staub Wind und Sonne ausgesetzt ist. Vom Silo geht es wieder über Rohre in zwei Zwischenbehälter. Dort wird die Staubmenge für jeden einzelnen der acht Brenner mittels Dosierrotorwagen dosiert und per Förderluftgebläse zu den Brennern gebracht. Der Besucher kann den Weg des Staubs verfolgen, es geht vorbei an stählernen Trägern und Elektroleitungen, über Gitterrost-Stege zu den Plattformen im unteren Bereich, wo die Brenner wie riesige Zündkerzen um den Kessel gruppiert sind. 

Der Windpark gibt die Richtung vor

Der Blick vom Dach symbolisiert die Verbindung konventioneller mit erneuerbaren Energien, die Gunnar Langner erklärt, Foto: Ralf Krüger

Die Perspektiven für das Projekt erklärt Gunnar Langner gern auf dem Dach des Silos. Von hier überblickt man das gigantische Kraftwerksgelände mit benachbartem Industriepark. Die Zusammenhänge werden schnell klar, denn nicht weit vom Kraftwerk steht ein nicht minder eindrucksvoller Windpark. Durch die steigende, aber eben stark schwankende Einspeisung aus erneuerbaren Energiequellen müssen die Braunkohlenkraftwerke noch flexibler werden.

„Mit der neuen Technologie  wollen wir erreichen, die Mindestlast des Blocks auf 100 Megawatt abzusenken. Das sind 20 Prozent der eigentlichen Leistung. Damit können wir sozusagen den Block im Standgas laufen lassen. Das spart Energie, Ressourcen und letztlich auch Emissionen“, so Langner. Vorher, also mit Ölbrennern, lag die Mindestlast noch bei 33 Prozent. Im härter werdenden Wettbewerb der Kraftwerke untereinander wird es neben den Kosten für die Stromerzeugung auch um die Fähigkeit gehen, Schwankungen auszugleichen. 

13,5 Millionen Euro für weniger Emissionen

Dosierstation der Trockenbraunkohlenanlage, Foto: Ralf Krüger

Die Investition von 13,5 Millionen Euro lohnt sich also. Nicht nur, weil das importierte Öl durch heimischen Braunkohlenstaub ersetzt wird. Sondern auch, weil damit die Kraftwerke flexibler einsetzbar werden – ein entscheidender Punkt im Kampf um Anteile im Energie-Erzeugungsmix. Ob noch weitere Brenner auf Basis von Trockenbraunkohle (TBK) in Jänschwalde oder in anderen Kraftwerken eingebaut werden, ist derzeit offen. Vattenfall ist zwar der Betreiber der Anlage, doch an dem High-Tech-Projekt haben weitere Firmen mitgearbeitet. So kommen die Brenner vom Kraftwerkstechnikspezialisten Babcock Borsig Steinmüller, Technologiepartner für die neuartige Plasmazündung ist die Firma Hegwein aus Stuttgart.

 

Mit Teamwork zum Erfolg

Nach nur einem Jahr Bauzeit wurde die TBK-Anlage Jänschwalde im November 2014 in Betrieb gesetzt. Das Interesse an dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekt war und ist groß. „Die Erwartungen an das Projekt waren von Anfang an hoch aber alle haben an einem Strang gezogen. Wir hatten eine gute Mischung im Team mit jungen und erfahrenen Kollegen. Das Gefühl nach so kurzer Vorbereitungs- und Umsetzungsphase erfolgreich in Betrieb zu sein, ist großartig“, sagt Gunnar Langner über die zurückliegenden Monate.

 

 

Einige technische Details

Zeigt auch ein wichtiges Detail: Die Füllstandsanzeige des Silos, Foto: Ralf Krüger

Die Firma Hegwein entwickelte die elektrische Direktzündung mittels Plasmazündanlage. Das innovative Zündsystem besteht aus einer Lanze, die im Kernluftrohr des Brenners angeordnet ist. Der Kohlemassestrom (und damit die Leistung des Brenners) wird durch ein gravimetrisches Dosiersystem gesteuert, die Leistung des Brenners kann mit einer Genauigkeit von einem Prozent justiert werden. Die Staubleitungen sind mit einem System zur Verschleißüberwachung ausgestattet. 

Kraftwerk Jänschwalde

Das Braunkohlenkraftwerk Jänschwalde befindet sich nördlich von Cottbus und verfügt über insgesamt sechs 500-MW-Blöcke. Sie waren in den Jahren zwischen 1976 und 1988 gebaut und von 1991 bis 1996 mit Umweltschutz-Technik nachgerüstet worden, vor allem mit Rauchgas-Entschwefelungsanlagen. Insgesamt sind hier seit 1990 bis heute 1,9 Mrd. Euro in Umbau- und Modernisierungsarbeiten geflossen. Weitere Informationen zum Kraftwerk Jänschwalde als auch allen weiteren Erzeugungsanlagen Vattenfalls finden Sie auf unserer Kraftwerkskarte.

 

Der Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog

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