Täglich tonnenschwere Last: Auf Tour mit der TSS

19.09.2017
Jens Golombeck

Jens Golombeck ist 55 Jahre alt. Bei der TSS arbeitet er seit 3 Jahren als  Berufskraftfahrer. Er fährt meist Bauteile für den Bergbaubereich der LEAG aus den Tagebauen zur Hauptwerkstatt und wieder zurück. Er beherrscht aber auch alle anderen Fahrzeuge, die es bei der TSS gibt. Man kann ihn also, wenn es mal nicht genug für den Tagebau zu tun gibt, auch in einem Silofahrzeug mit Kohlestaub oder einem Benetzungsfahrzeug hinterm Steuer sehen.  

100 Fahrer und 70 verschiedene Fahrzeuge vom Silofahrzeug bis zum E-Car sind für die Transport- und Speditionsgesellschaft Schwarze Pumpe (TSS) in ganz Deutschland unterwegs. Sie transportieren Braunkohlenstaub, Kalk oder Asche und sorgen mit dafür, dass in den LEAG-Tagebauen und Kraftwerken die Arbeit reibungslos laufen kann. Ich saß für einen Tag mit auf dem Bock von Jens Golombeck.

5:55 Uhr  steht auf meiner Einfahrtgenehmigung in den Industriepark Schwarze Pumpe. Die Nacht war kurz und unruhig: „Nur nicht zu spät kommen und die Gilde der Schreiber in Verruf bringen“, war es mir unaufhörlich durch den Kopf gegangen.

Auto parken, Helm und Arbeitsschuhe aus dem Kofferraum nehmen, die Stahltreppe nach oben und  klingeln. Der diensthabende Vorarbeiter macht die Tür auf. Gleich nach der Begrüßung eröffnet er mir, der Fahrer sei schon losgefahren, um zu laden. Wie das denn? Genau das wollte ich doch sehen.  Der Vorarbeiter beruhigt mich. „Da haben Sie noch nichts verpasst. So schnell geht das alles nicht. Ich bringe Sie hin.“

Los geht’s zum großen Lagerplatz der Lausitz Energie Bergbau AG auf dem Industrieparkgelände. Hunderte Ersatzteile für Tagebaugroßgeräte von der Baggerschaufel bis zur Fördergurtrolle liegen hier und warten auf ihren Einsatz in den Tagebauen.

Und da steht mein „Arbeitsplatz“ für heute auch schon: Auflieger und Zugmaschine für Schwerlasten SPN-TS 353. Ein Guten Morgen für Jens Golombeck, den Fahrer des Kranautos und den Chef der Lagerwirtschaft Ralf Triebel und dann die Kamera gezückt. Golombeck – ein kräftiger, Ruhe ausstrahlender Mann Mitte 50, bittet mich, erst einmal einzusteigen. Wir fahren ohne unsere erste Fracht - ein riesiges Fahrwerksteil für einen Bagger- zurück zur TSS. Das Teil kann nicht einfach so auf den Auflieger geladen werden. Das könnte zu Beschädigungen für beide – Teil und Fahrzeug – führen, erklärt mir Golombeck. Auf dem TSS-Gelände liegen für solche Zwecke Eisenbahnschwellen bereit. „Man muss auf alles vorbereitet sein“, erklärt mir Golombeck. Diesen Satz werde ich heute noch öfter hören. Der Vorarbeiter hilft beim Aufladen. Doch nicht immer ist jemand da, der mit zupackt, erfahre ich. 

Das Laden ist Milimeterarbeit

Mit dieser dreiachsigen MAN-Allradsattelzugmaschine mit 480 PS plus Langendorf Tieflader sind wir unterwegs. Das Tiefbett lässt sich bis auf 7,4 Meter ausziehe, Foto: LEAG

Zurück zum Lagerplatz. Das Aufladen des Bagger-Fahrwerkteils erfolgt routiniert, Stück für Stück. Es ist Millimeterarbeit. Der Fahrer weist ein – „noch ein Stück nach rechts, stopp, ein Stück zurück“ – geschafft. Dann verzurrt er seine Fracht fest mit Gurten und Ketten. Ralf Triebel wünscht uns freundlich „Gute Fahrt“. Es ist 7:15 Uhr. Ich beginne das „So schnell geht das alles nicht“ zu verstehen. Wir fahren etwa 300 Meter durch das Industrieparkgelände bis zur Kranbahn vor der Hauptwerkstatt des LEAG-Bergbaubereichs. So viel Aufwand für eine so kurze Tour, könnte man meinen. Aber Bergbau ist nicht Mikroelektronik. Die Geräte und ihre Einzelteile sind meist riesig und müssen dennoch oder gerade deshalb umsichtig von hier nach da gebracht werden. Jens Golombeck nimmt den Warenbegleitschein: „Ich muss meine Fracht beim Vorarbeiter der Kranbahn jetzt anmelden“, erklärt er mir.

Nachdem er zurück ist, geht alles zügig weiter: rückwärts an den zugewiesenen Platz fahren, gemeinsam mit TSS-Mitarbeiter Manfred Gramsch den vorübergehenden Lagerort für das Fahrwerksteil vorbereiten, abladen, alle Gurte und Ketten wieder ordentlich verstauen.

Vorsichtig lässt der Kranfahrer seine Last nach unten.  Jens Golombeck dirigiert per Hand, Foto: LEAG

Viel mehr als fahren

Auch beim Abladen vor der Hauptwerkstatt muss alles genau sitzen, Foto: LEAG

7.50 Uhr bringen wir die Eisenbahnschwellen zurück zum TSS-Firmengelände. Das Abladen muss Golombeck alleine machen. Langsam habe ich eine Ahnung davon, dass die Berufsbezeichnung „Berufskraftfahrer“  das Aufgabenspektrum nicht wirklich abdeckt. Es ist eine körperlich schwere Arbeit, die so ein Fahrer verrichtet.  

Aber jetzt geht es wirklich gleich auf Tour, verspricht mir Golombeck. Wir fahren wieder zum Lagerplatz. Der Mitarbeiter dort, wartet schon auf uns. Wir wollen eine Rolle Stahlfördergurt für den Tagebau Jänschwalde abholen. Die 17 Tonnen schwere Rolle mit einem Durchmesser von etwa 2,40 Meter hängt bereits am Haken der Kranbahn. Das Laden geht schnell und nach den gleichen Ritualen wie zuvor: gut fixieren, Haken lösen, alles festzurren.

Fracht auf Tour

Eine Rolle Stahlfördergurt wird in Jänschwalde gebraucht, Foto: LEAG

8:40 Uhr verlassen wir das Industrieparkgelände. Jens Golombeck fährt mit mir einen kleinen Umweg  entlang des Veredlungsbetriebes und zeigt mir, wo überall TSS-Fahrer im Einsatz sind. Sie laden lose Briketts, gebündelte Briketts und Kohlenstaub. „Der Veredlungsbetrieb hat gut zu tun“, weiß er und Kohlestaub würde viel gebraucht – hier auf dem Gelände in den Papierfabriken und bei der Firma Knauf ebenso wie in Rüdersdorf in der Zementfabrik. Kopfschüttelnd sagt er dann: „Und angeblich will und braucht keiner die Braunkohle mehr“. Über das Thema werden wir im Laufe des Tages noch öfter sprechen.

Mit unserer neuen Fracht geht es über Land zu den Tagesanlagen nach Jänschwalde. Ich staune, wie gut der TSS-Mitarbeiter informiert ist. Offensichtlich fährt er nicht einfach nur von A nach B und wieder zurück. Er interessiert sich für  das Unternehmen, in dem er angestellt ist und für die, für die er Dinge transportiert.

Er zeigt mir den Rohbau für die künftigen Tagesanlagen des Tagebaus Welzow Süd, weist mich auf das neue Haidemühl hin und freut sich an rekultivierten Gebieten. „Schauen Sie nur die schöne Landschaft. Vieles ist schöner als vor dem Tagebau. Es gibt hier jetzt zum Beispiel Vögel, die früher nicht hier gelebt haben.“ Begeistert berichtet er auch vom Tag der offenen Tür im künftigen Cottbuser Ostsee, der in den nächsten Jahren aus dem ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord entstehen wird.

Geduld gefragt beim Ankommen

Ein Kollege von Jens Golombeck hat Kleinteile zu den Tagesanlagen gebracht, Foto: LEAG 

Außerdem erfahre ich, dass die TSS auch Kalk für die LMBV transportiert für die neuen Seen, die im Revier entstehen. Dass Leerfahrten verpönt sind und von einer Brikett-Tour zum Beispiel Altpapier zurückgebracht wird, sei selbstverständlich.

Um 9:40 Uhr kommen wir in den Tagesanlagen in Jänschwalde an. Auch hier muss die Fracht angemeldet und das Fahrzeug zur Kranbahn gefahren werden. Dort warten wir und warten… Zum ersten Mal denke ich: „Was soll denn jetzt noch Neues, Spannendes passieren?“ Jens Golombeck sieht es mir an der Nasenspitze an. „Da drüben lädt ein Kollege Kleinteile ab. Das könnten Sie auch fotografieren“, schlägt er mir vor.  Ich kann ja mal schauen…

Vorortbesichtigung im Tagebau

Inzwischen fährt ein Jeep vor. Uwe Roßdeutscher und Kurt Rostalski steigen aus. Sie sind im Tagebau Jänschwalde aktuell u.a. dafür verantwortlich, dass ein Schaufelradgetriebe eines Baggers SRS 1300 zur Reparatur in die Hauptwerkstatt kommt. Donnerstagabend 21 Uhr Abtransport. Montag ab 9 Uhr wieder zurück. Jens Golombeck wird die beiden Touren mit seinem Tieflader absolvieren. Damit das alles reibungslos klappt, fahren wir mit dem Jeep in den Tagebau. Golombeck soll vor Ort die Bodenverhältnisse sehen und beurteilen, ob der Platz hinter dem Kopfband der Bandanlage für sein Fahrzeug ausreicht. Die Bandanlage inklusive Kopfband wird gerade umgerückt, so dass die Platzverhältnisse für alle neu sind. Während Roßdeutscher unterwegs die neue Hauptabfahrt zu allen Arbeitsebenen zeigt und verschiedene Details erklärt, schaut Golombeck wortlos nach draußen und nickt nur hin und wieder. Er prägt sich die Tour samt eventueller Klippen bereits ein. In 106 Meter Tiefe erwartet uns Frank Haluscheck. Er hat hier vor Ort den Hut auf und versichert Golombeck nach dessen kritischem Blick auf den aufgeweichten Boden: „Das wird hier alles entwässert, befestigt und geschottert bis zum Donnerstag.“ Golombeck nickt wieder.

Dieses Getriebe muss zur Reparatur. Jens Golombeck wird es transportieren, Foto: LEAG

Wir fahren in der Grube noch einige hundert Meter weiter bis zu dem Schaufelradbagger dessen Getriebe streikt. Ich sehe das riesige Teil und will wissen, ob man so etwas nicht vor Ort reparieren kann.  Kurt Rostalski erklärt mir, dass auch so ein riesiges Teil eine sensible Angelegenheit ist und deshalb nicht in dieser Umgebung repariert werden kann. „Damit kein Sand ins Getriebe kommt“, rutscht mir raus. „Genau“, entgegnet Rostalski lachend.

Eher ein ruhiger Tag

Während wir vor Ort sind, kommt der Baucontainer an, der Feuerwehrcontainer ist schon da. Auf dem Rückweg wird uns noch der Kran begegnen, der das Getriebe auf Golombecks Tieflader hieven wird. Die Vorbereitungen laufen nach Plan. 30 Kilometer sind wir gefahren von den Tagesanlagen in die Grube und zurück. War das jetzt gut und nützlich für den Fahrer? Natürlich, erklärt mir Golombeck: „Obwohl, Tagebau ist jeden Tag anders. Er schreitet voran. Heute ist alles trocken, morgen und übermorgen regnet es vielleicht.“ Aber er lobt die Verantwortlichen aus dem Tagebau Jänschwalde: „Die machen sich hier auch Gedanken über unsere Arbeit als Transporteure, wertschätzen uns. Das ist nicht überall so.“

Der Ausbau eines Schaufelradgetriebes verlangt umfangreiche Vorbereitungen. Ein Baucontainer vor Ort gehört dazu, Foto: LEAG

Jens Golombeck muss seine Lenkzeiten einhalten. Das ist heute unproblematisch – er wurde in der vergangenen Stunde gefahren. Zeit für ein Essen in der Kantine haben wir noch. Das ist nicht immer so. Dafür habe er immer ein Stullenpaket dabei. Und überhaupt hätte ich heute einen ruhigen Tag erwischt. Normalerweise müsse er sich morgens immer mächtig beeilen, weil nie vorhersehbar sei, welche Aufträge noch kommen.

Wir fahren zurück zum Industriepark. Dort bedanke ich mich für den interessanten Tag und Jens Golombeck prophezeit mir Muskelkater wegen des häufigen Ein- und Aussteigens, das für mich mit nur 1,60 Meter Körpergröße eher ein Hochhieven und Runterklettern war.

Ich habe allen Respekt vor der körperlich schweren Arbeit eines Fahrers (mir fällt leider auch keine treffendere Berufsbezeichnung ein) und der großen Verantwortung für die Sicherheit seiner oftmals riesigen Ladung, die in den Tagebauen und Kraftwerken für die reibungslose Arbeit gebraucht wird.      

Mehr über die TSS erfahren Sie unter www.tss-logistik.de

1/10 Trio vor dem Einsatz: Kranauto, Tieflader und der Jeep vom Vorarbeiter, Foto: LEAG
2/10 Eisenbahnschwellen sollen der wertvollen Fracht Halt und Schutz geben, Foto: LEAG
3/10 Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Das Beladen kann beginnen, Foto: LEAG
4/10 Das Kranauto schwenkt das Fahrwerksteil hinüber zum Tieflader, Foto: LEAG
5/10 Jens Golombeck verzurrt seine Fracht gewissenhaft, Foto: LEAG
6/10 Der Tieflader parkt rückwärts unter die Kranbahn an der Hauptwerkstatt ein, Foto: LEAG
7/10 TSS-Mitarbeiter Manfred Gramsch unterstützt beim Abladen, Foto: LEAG
8/10 17 Tonnen wiegt die Rolle, die hier aufgeladen wird, Foto: LEAG
9/10 Auch in den Tagesanlagen Jänschwalde gibt es einen Lagerplatz für Ersatzteile, Foto: LEAG
10/10 Für Kleinteile genügt ein Gabelstapler zum Abladen und –transportieren, Foto: LEAG

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Autor

Elvira Minack

Nachdem ich über 30 Jahre als Pressesprecherin und verantwortliche Redakteurin in Ostbrandenburg und in Franken gearbeitet habe, kam ich 2009 ins Unternehmen. Seit dem Herbst 2017 arbeite ich in der externen Kommunikation. 

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