24.01.2019

VEB (Volkseigener Betrieb) Schwarze Pumpe 1990: Das staatliche Energiezentrum der ehemaligen DDR wird privatisiert.  Betriebe werden geschlossen, Tausende müssen gehen oder sich beruflich völlig neu orientieren. Wie fühlt es sich an, wenn der Arbeitsplatz von heute auf morgen nicht mehr sicher ist?

Schwarze Pumpe 2018: Der Blick auf den Industriepark Schwarze Pumpe ist heute beinahe ein bisschen unspektakulär – mehr als 25 Jahre waren die hohen, qualmenden Schlote der Altkraftwerke ein Symbol dafür, dass die Energieversorgung und die Konsumgüterproduktion im Arbeiter- und Bauernstaat auf Hochtouren lief. Eine Armada an Ikarus-Bussen entließ Tag für Tag tausende Menschen aus Hoyerswerda, Spremberg und Cottbus auf Schicht in die Fabriken.

Roland Urban am Industriestandort Schwarze Pumpe, Foto: Andreas Franke für LEAG

In dieser Hinsicht hatte Roland Urban ein Privileg: 1986 hatte der heute 61-Jährige seinen Dienst als Kraftfahrer bei der Werkbahn des damaligen Bergbaubetreibers begonnen. Dort steuerte er aber keine der zahlreichen Betriebsloks, sondern chauffierte die Lokführer zu den zumeist dezentral gelegenen Standorten im Revier. Dafür lenkte er beinahe alles, was der sozialistische Betrieb mit vier Rädern anzubieten hatte - B1000, Wolga, W50 – Aufsetzer.

Wer fliegt, wer nicht?

Der Fuhrpark heute besteht aus 61 E- und 14 Diesellokomotiven, Foto: Andreas Franke für LEAG

Als die Wende kam war er 33. Die volkswirtschaftliche Neuordnung folgte der betriebswirtschaftlichen Logik der neuen, privaten Eigentümerumstrukturierung: Auslagerung, Personalabbau. Weil bei Kündigung soziale Kriterien wie Alter und Betriebszugehörigkeit berücksichtigt wurden, traf es meist den Nachwuchs: „Da ich bereits seit 17 Jahren im Betrieb war, durfte ich bleiben - als einer von zehn. Neben mir gingen hoffnungsvolle Jungfacharbeiter und frische Familienväter, die mitten im Hausbau steckten,“ beschreibt er die schwierige Situation.

Vom Chauffeur zum Lokführer

Roland Urban blieb, doch seinen Job als Lokführer-Chauffeur gab es plötzlich nicht mehr. Seine Flexibilität kam dem beruflichen Tausendsassa, der nach seiner Schlosserlehre in Werkstätten bereits in verschiedenen Bereichen und Standorten gearbeitet hatte, zugute: 2000 bekam er das Angebot zur Umschulung zum Lokführer. Bereits ein halbes Jahr später saß Urban das erste Mal im Führerhaus einer Lok.

Erst chauffierte er die Lokführer, seit 18 Jahen fährt Roland Urban selbst, Foto: Andreas Franke für LEAG

Von den rund 15.000 Arbeitsplätzen im ehemaligen Gaskombinat Schwarze Pumpe sind heute noch 3.500 übrig. Von den einst 4.300 Jobs bei den Werkbahnen sind nur noch rund ein Zehntel da. Roland Urban verlässt seinen Fahrersitz auf der Lok planmäßig im Jahr 2020 in die Rente. „Die Lausitz nach der Braunkohle wird immer noch die Lausitz sein“, aber ohne Industriejobs werden die Lausitzer nicht mehr dieselben Perspektiven in ihrer Heimat haben“, sagt er und blickt in den klaren Himmel über dem Industriepark.

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Autor

Mareike Huster

Seit mehr als 15 Jahren ist das Lausitzer Revier meine Heimat – Privat und im Dienst. Themen, die bewegen - Geschichten, die erzählt und Menschen, die einfach vorgestellt werden müssen – das ist mein Job. Seit 2017 bin ich verantwortlich für die Kommunikation mit den rund 8000 Mitarbeitern der LEAG.

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