15.11.2018

Die Beschäftigten der Braunkohleindustrie rücken zusammen. Gestern gab es den ersten revierübergreifenden Aktionstag. Auf 20 parallel stattfindenden Betriebs- und Abteilungsversammlungen in der Lausitz, in Mitteldeutschland und im Rheinland informierten sich rund 20.000 Mitarbeiter über den Stand der Verhandlungen in der Kommission für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, die einen Pfad für das Auslaufen der Kohleverstromung beschreiben und Konzepte für einen nachhaltigen Strukturwandel der Reviere vorlegen soll.

In der Schienenfahrzeuginstandhaltungshalle im Industriepark Schwarze Pumpe ist an diesem Tag nichts wie gewohnt. Die Züge und Waggons stehen am Rand und bilden die Kulisse für ein Meer an Stühlen. Auf ihnen nehmen ab 10 Uhr die Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereich der LEAG bei der ersten Gesamtbetriebsversammlung des Unternehmens Platz. Und nicht nur hier versammeln sich die Beschäftigten aus dem Revier: Auch im mitteldeutschen und rheinischen finden parallel Versammlungen statt. Die Ansprache vom IG BCE Vorsitzenden Michael Vassiliadis wird live dorthin übertragen. Die Veranstaltungen läuten den ersten bundesweiten Aktionstag der Braunkohlebeschäftigten ein. Es geht um die Perspektive der Reviere.

Ein ganz anderes Bild als im Alltag: Die Schienenfahrzeuginstandhaltungshalle am 14. November, Foto: LEAG

Uwe Teubner begrüßte die Kolleginnen und Kollegen, Foto: LEAG

Der Konzernbetriebsrat führt mit seinem Vorsitzenden Uwe Teubner und Stellvertreter Toralf Smith durch die Veranstaltung. Beide machen klar, dass hier in der Lausitz das Revierkonzept den äußersten Kompromiss darstellt. Der LEAG-Vorstandsvorsitzende Dr. Helmar Rendez sieht das genauso und unterstreicht: „Die allermeisten Menschen - gerade hier in der Lausitz - wollen Anerkennung und ordentliche Bezahlung für ihre Arbeit und keine Abfindungen für politisch verantwortete Arbeitslosigkeit.“ Es sei Zeit für eine Vernunft-Politik, die nicht auf das Schüren von Untergangsängsten, sondern auf Zuversicht und Zukunftsmut setze, ohne wohlfeile öffentliche Spekulationen und weitere Verunsicherungen. Eine Politik mit Augenmaß, Klarheit und Verlässlichkeit. Gerade mit Blick auf die heute und morgen in Berlin tagende Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, die aus gutem Grunde ihren Namen trüge.

Es ist Zeit aufzustehen

„Es ist Zeit aufzustehen“, so lautet das Motto dieser Veranstaltung. und nicht nur dieser. Bereits seit Monaten – so Rendez – haben die Reviere mit unterschiedlichen Aktionen den politischen Prozess begleitet. „Danke, dass Sie durch Ihren großen persönlichen Einsatz und Ihre Präsenz bei diesen und anderen Kundgebungen aufgestanden sind und Gesicht gezeigt haben. Das gilt auch ganz besonders für die eindrucksvolle Aktion zum Beginn der Sicherheitsbereitschaft am 30. September in Cottbus.“

Am 30. September symbolisierten 600 leer Stühle auf dem Stadthallenvorplatz in Cottbus die Arbeitsplätze, die durch die Überführung der Kraftwerksblöcke in Jänschwalde in die Sicherheitsbereitsschaft entfallen, Foto: LEAG

Vorstandsvorsitzernder Helmar Rendez bei seiner Ansprache, Foto: LEAG

Rendez betont, dass es über alle Reviere hinweg in erster Linie um die Menschen und um deren zehntausende qualifizierte und mit ordentlichen Tarifen entlohnten Arbeitsplätze gehe. Dazu kämen die regionale Wertschöpfung in Milliardenhöhe und die 100-prozentige Versorgungssicherheit. Schließlich sichere die Braunkohle ein Viertel des deutschen Stromverbrauchs zu international konkurrenzfähigen Kosten. „Mit einer aktiven Bergbauindustrie als Partner und Ankerunternehmen für die Entwicklung neuer und zukunftsfähiger Arbeitsplätze kann uns in allen Revieren eine Erfolgsgeschichte gelingen.“ Den Besuch Michael Vassiliadis wertet Rendez als starkes Signal dafür, dass bei der Kommission in Berlin nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg beraten und entschieden wird.

Schulterschluß der Braunkohleregionen

IG BCE-Vorsitzender Michael Vassiliadis gab sich kämpferisch bei der revierweit übertragenen Rede in Schwarze Pumpe, Foto: LEAG

 

Wir sind hier: Dieses Buch voller Gesichter derjenigen, die in der Braunkohle arbeiten, nimmt Michael Vassiliadis mit in die Kommissionstagung, Foto: LEAG

„Die Reviere stehen zusammen“, unterstrich Vassiliadis dann auch und betonte: „Wir sind geeint in der Entschlossenheit, uns nicht abspeisen zu lassen von einer selbstgefälligen Politik. Der IG-BCE-Vorsitzende, selbst Mitglied der Kommission für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, macht deutlich, dass eine Energiewende nur sozialverträglich für Beschäftigte und Regionen möglich sein wird. „Es ist uns gelungen, unsere zentralen Forderungen durchzusetzen“, sagt Vassiliadis in Bezug auf den Zwischenbericht der Kommission.
Er macht zudem deutlich, dass es aus seiner Sicht mit Blick auf die Einhaltung der deutschen Klimaziele in der Energiewirtschaft keinen akuten Handlungsbedarf gebe. Die Vorgabe der Politik von einer Einsparung von 40 Prozent CO2 für den Zeitraum von 1990 bis 2020 werde die Branche einhalten. Hinsichtlich der Ziele für 2030 und 2050 sei zunächst abzuwarten, wie stark der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Leitungen und Speicher sowie der Strukturwandel in den Regionen vorangekommen sei. Fest stehe allerdings jetzt schon: „Der Strukturwandel braucht deutlich mehr Geld als bisher angenommen. Je schneller der Kohleausstieg vollzogen werden soll, desto teurer wird es.“ Er hebt hervor: „Kein einziger Beschäftigter darf Nachteile erleiden. Diejenigen, die heute anständige Arbeit für die Gesellschaft leisten, dürfen nicht die Leidtragenden sein.“

Am 15. November demonstrierten Kolleginnen und Kollegen während der Tagung der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung in Berlin am Bundesministerium für Wirtschaft, Foto: LEAG

Aktion für die Zukunft der Reviere

Für ihre realistische Perspektive gehen im Anschluss an die Versammlung tausende Kolleginnen und Kollegen im rheinischen Revier auf die Straße. Mahnwachen an verschiedenen Standorten begleiten zudem die Sitzungen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung in den nächsten Tagen. Sie sollen zeigen: Es geht um die Zukunft der Revier. Es ist Zeit aufzustehen!

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Autor

Daniela Hertzer

Meine berufliche Wiege stand in Brunsbüttel, genauer im dortigen Kernkraftwerk. Von da ging es stromaufwärts über Hamburg und Berlin in die Lausitz. Seit Beginn dieses Jahrtausends arbeite ich in der Unternehmenskommunikation: erst analog, jetzt digital. Mein Antrieb ist die Neugierde und der Spaß am Ausprobieren. Und ich bin ein großer Fan der Sesamstraße. In diesem Sinne: ... 1000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen, manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen....

 

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