17.06.2015
Experte Thomas Neumann
Thomas Neumann

Dass ich heute die Arbeitsgruppe Landschaftsplanung der Vattenfall Europe Mining AG leite und somit für dieses Projekt in Welzow-Süd mitverantwortlich bin, war vor 25 Jahren noch nicht abzusehen – aber so ändern sich die Zeiten. Ich habe an der TU Bergakademie Freiberg Bergbau-Tagebau studiert und im Wendejahr 1989 meine berufliche Laufbahn im Abraumförderbrückenbetrieb und in der technologischen Planung des Tagebaus Jänschwalde begonnen. 1991 wechselte ich in die Abteilung Unternehmensentwicklung der damaligen Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG). Seit 1993 bin ich in der Abteilung Rekultivierung. Hier spezialisierte ich mich auf die Bewertung, Verbesserung und Entwicklung von Kippenböden in den Bergbaufolgelandschaften. Ich bin von diesem Thema begeistert, weil unser Unternehmen schon mit der Tagebaugroßtechnik Einfluss auf die bodenphysikalischen und bodenchemischen Parameter der Substrate in der Bergbaufolgelandschaft nehmen kann. Aus vorerst „leblosem“ Substrat wird Boden mit einer guten Fruchtbarkeit bzw. guten Standorteigenschaften entwickelt – das ist großartig. 

Der Boden nach dem Bergbau ist karg. Aber man kann etwas daraus machen. Lausitzer Landwirte zeigen beim Feldtag im Tagebau Welzow-Süd wie es geht.

 

Martin Schultze steht in einem wogenden Roggenfeld. Vor ihm die Gäste des „Feldtages“ im Tagebau Welzow-Süd, hinter ihm – einige Kilometer entfernt das Kraftwerk Schwarze Pumpe. Der promovierte Landwirt deutet auf den Boden: „Wir haben hier vor einem Jahr auf dem Bauch gelegen und uns gefreut wie die Kinder. Über Regenwürmer! Sie sind ein Zeichen dafür, dass der Boden lebt, dass er sich erholt, wenn er entsprechend bearbeitet wird.“ Schultze ist Geschäftsführer des Landwirtschaftsbetriebes Ressen-Lindchen. Er bewirtschaftet mit der „Arge Drebkau-Ressen“ unter anderem große Flächen im bereits rekultivierten Bereich des Tagebaus Welzow-Süd.

Landwirt, Martin Schultze, erzählt, wie mühsam die Arbeit in den letzten Jahren war und freut sich über die guten Erträge. Foto: LEAG

Beim „Feldtag“ am 27. Mai erklärt er den fachkundigen Besuchern, wie mühsam die Arbeit in den letzten Jahren war. Und wie erfolgreich. „Wir hätten nie erwartet, dass wir schon in den ersten Jahren richtig gute Erträge erwirtschaften.“
Nach sieben Jahren Bodenbearbeitung bei ausgeklügelter Fruchtfolge konnten jetzt knapp 100 Hektar Ackerfläche an regionale Landwirte übergeben werden. Unter den Gästen, die anlässlich des „Feldtages“ den rekultivierten Bereich des Tagebaus mit Kennerblick inspizieren, sind neben Bauern auch Naturschützer und Politiker. Sie schauen kritisch, aber auch anerkennend. 

Bergbaufolgelandschaften - eine Wissenschaft für sich

Michael Haubold-Rosar in seinem Element: Der Experte für Bergbaufolgelandschaften erläutert, wie die Bodenfruchtbarkeit verbessert werden kann. Foto: LEAG

Einer der großen Experten auf diesem Gebiet ist Michael Haubold-Rosar, wissenschaftlicher Direktor des Forschungsinstituts für Bergbaufolgelandschaften e. V. Finsterwalde (FIB).

Mit Gummistiefeln und Spaten ausgerüstet erläutert er vor Ort die Aktivitäten, mit denen die Bodenfruchtbarkeit verbessert werden kann. Seit vielen Jahren arbeitet er mit Bergleuten, Land- und Forstwirten daran, die Bodenqualität zu optimieren.

Er kennt nicht nur die unbestrittenen Schwierigkeiten bei der Nutzung von Kippenböden, er weiß auch damit umzugehen. „Die Böden sind anfangs durch Humusarmut, geringe bodenbiologische Aktivitäten, unzureichende Durchlüftung und Wasserleitfähigkeit gekennzeichnet.“

Viele Feldversuche hat das FIB in den Lausitzer Tagebauen durchgeführt und dabei dazugelernt: „Der mehrjährige Anbau von Luzernegras ist ebenso förderlich wie die Phosphatdüngung. Die Humusanreicherung kann durch organische Düngemittel beschleunigt werden.“

Karge Böden werden durchlüftet und gedüngt

Dass Bergbau-Böden einer besonderen Bearbeitung bedürfen, steht außer Frage: „Natürlich ist es ein Unterschied, ob man auf gewachsenem oder rekultiviertem Boden anbaut. Da muss man ganz schön nachhelfen um Ertrag zu erwirtschaften“, sagt Dieter Wilk, Vorsitzender des Drebkauer Winzervereins. Nur einen Steinwurf entfernt wird im Tagebau Welzow-Süd Weinbau betrieben – am Wolkenberg, ebenfalls ein Rekultivierungsprojekt.

 

 

Dass der Bauernbund Brandenburg – er vertritt neben dem Landesbauernverband einen eher kleinen Teil der brandenburgischen Landwirte – die Bergbau-Böden als „unfruchtbares Unland“ bezeichnet, hält Wissenschaftler Haubold-Rosar für überzogen: „Das Monitoring für die Boden- und Ertragsentwicklung auf den Kippenflächen belegt, dass sich die Wachstumsbedingungen für Kulturpflanzen in den ersten Rekultivierungsjahren verbessert haben. So sind auf wertvollen Kipp-Substraten zum Teil bereits beachtliche Erntemengen festzustellen.“

Politiker wollen Ergebnisse, Forstwirte auch

Rekultivierte Flächen auf ehemaliger Tagebaukippe, Foto: LEAG

Auch die Politik schaut genau hin, wenn es um die Wiedernutzbarmachung von Bergbauflächen geht. Wolfgang Roick, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Landtag Brandenburg war beim „Feldtag“ dabei: „Die Bewirtschaftungsziele wurden ja schon im Braunkohlenplan für den Tagebau Welzow-Süd festgelegt. Was die forstwirtschaftlichen Flächen betrifft, die ich hier gesehen habe, kann man nicht klagen.“ Roick weiß, wovon er spricht. Er ist studierter Forstwirt, hat viele Jahre in der Forstverwaltung gearbeitet. Und er weiß auch: „Das ist eine Mammutaufgabe. Die Erfolge einer klugen Bewirtschaftung sieht man erst nach Jahren. Das gilt für den Forst ebenso wie für die Landwirtschaft.“

Rekultivierung beginnt mit dem Bagger

Beim Feldtag kommen Experten ins Gespräch, Foto: LEAG 

„Schon während der Braunkohlenförderung wird darauf geachtet, die Kippenböden entsprechend der geplanten Nutzung zu schütten“, erklärt Thomas Neumann, Leiter der Arbeitsgruppe Landwirtschaft bei der LEAG. „Wir haben in der Rekultivierung fachkundige Partner aus der Landwirtschaft an unserer Seite und werden von erfahrenen Wissenschaftlern und Planungsbüros unterstützt. Das ist – neben vorausschauenden Maßnahmen bereits im laufenden Tagebaubetrieb – die beste Voraussetzung für die Entwicklung und spätere Nutzung landwirtschaftlicher Böden auf den Kippen. Und all das ist harte Arbeit.“

Landwirt Schultze weiß genau, was harte Arbeit ist. Gerade deshalb strahlt er, wenn er mit der Hand über den Roggen streicht: „Eine solche Fläche auf ihrem Weg vom Kippenboden zum Ackerland zu begleiten, das ist für einen Landwirt ähnlich, wie ein Kind aufzuziehen. Es verlangt am Anfang sehr viel Zuwendung und Mühe, ohne bereits einen Ernteertrag zu erzielen. Umso mehr freut man sich über jeden Entwicklungsschritt.“

Einst Tagebaukippe, heute imposantes Roggenfeld, Foto: LEAG

Landwirte und Rekultivierung

Durch die Lausitz Energie Bergbau AG und ihr Vorgängerunternehmen Vattenfall Europe Mining AG wurden bisher in den Tagebauen 19.626,6 Hektar Land in Anspruch genommen. Davon wurden 6.622,8 Hektar bereits wieder rekultiviert. Darunter befinden sich 1.780,2 Hektar Ackerflächen.

In die Rekultivierung sind regionale Landwirte wie die Agrargenossenschaft Drebkau und die Landwirtschaftsbetrieb Ressen-Lindchen GmbH einbezogen. Auch weitere Projekte auf dem ehemaligen Bergbau-Areal wie die Bewirtschaftung und Ernte von Energiewaldplantagen werden von regionalen Landwirten in Terpe/Proschim betreut.

 

Der Beitrag erschien zuerst im Vattenfall Blog

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